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Kraftpaket. Audi setzt beim S4 - erkennbar am Wabengrill - ausschließlich auf einen V6-Diesel mit 347 PS.

© Audi

Audi A4: Ingolstädter Feinschneiderei

Der als Facelift angekündigte Audi A4 präsentiert sich im Fahrtest als weitgehend neu konzipiertes Fahrzeug und setzt Maßstäbe in der Mittelklasse.

Von wegen Facelift. Das ist klar untertrieben. Man könnte es auch Neuerfindung nennen, was die Audi-Ingenieure und Designer da mit dem A4 angestellt haben. Außen wie auch im Innenraum wurde bei dem seit 2015 produzierten Modell nahezu jedes Einzelteil überarbeitet. Das wurde nun beim Fahrtest des neuen Modells, das ab sofort im Handel ist, besonders deutlich. Dabei hat man sich der besten Technologie-Gene bedient, die Audi im reichhaltigen Oberklassen-Portfolio zu bieten hat und dem neuen A4 mitgegeben. Bemerkenswert ist, dass trotz der sofort sichtbaren Veränderung gegenüber dem Vorgänger bei der Runderneuerung trotzdem eine Kontinuität erhalten blieb. Bei der Karosserie liegt das vor allem daran, dass nicht mit der groben Blechschere vorgegangen wurde, sondern mit kleinen, zuweilen fast unmerklichen Veränderungen dem A4 eine zeitgemäß elegante Note mitgegeben wurde. Auch im Innenraum ist die behutsame Design-Überarbeitung gelungen. Die Kunden jedenfalls dürfen sich freuen. Was jetzt in den Handel kommt, ist feinste Auto-Technologie: Die Alternative zum 3er BMW oder der C-Klasse von Mercedes präsentiert sich sportlich und komfortabel, effizient und sicher.

Platz da. Beim Avant wächst der Kofferraum auf 1495 Liter - genug für den Familienurlaub.
Platz da. Beim Avant wächst der Kofferraum auf 1495 Liter - genug für den Familienurlaub.

© Audi

Gelungene Seitenlinie

Von außen beeindruckt die gelungene Seitenlinie. Die scharfkantige Sicke über den Vorder- und Hinterrädern, die den Wagen dynamisch macht, ist an den Türen unterbrochen und eine feine Schulterlinie ein wenig tiefer gesetzt. Vorne ist der noch breiter gewordene Kühlergrill ein Stück nach unten gerutscht. Das gibt der Front zusammen mit den flachen Scheinwerfern und den vergrößerten Lufteinlässen ein sehr sportliches Gesicht. Auch das Heck mit der etwas schräger gesetzten hinteren Fenstersäule und den betonten Endrohren und breiten Heckleuchten unterstreichen den kraftvollen Look. Der noch sportlichere S4, der sowohl als Limousine als auch als Kombi mit permanentem Allradantrieb ausgerüstet ist, hat zwischen Grill und Motorhaube zusätzlich nun einen offenen Spalt - so wie einst der Ur-Quattro. Ein weiteres Erkennungsmerkmal des S4 ist das Wabengitter, das den Singleframe-Grill ziert. Scheinwerfer in LED-Technologie sind im Audi A4 nunmehr Serie, die Top-Scheinwerfer präsentieren die Matrix LED-Technologie mit vollautomatischem Fernlicht.

Dennoch, ungeachtet der Feinarbeit der Ingenieure ist dem neuen A4 ganz schön viel Gepäck mitgegeben worden. Am schwersten wiegen dabei wohl die Erwartungen, die Audi dem neuen A4 mit auf den Weg gibt. Schließlich erleben die Ingolstädter Autobauer nicht gerade unbeschwerte Zeiten. Da kommt vieles zusammen, was den Ruf der erfolgsverwöhnten Audianer etwas ramponiert. 800 Millionen Euro haben die Diesel-Manipulationen schon gekostet und aktuell gibt es erneut Schummel-Vorwürfe. Dem abgelösten Vorstandschef steht ein Prozess bevor, und zwischen dem neuen Vorstandschef Bram Schot und dem Audi-Betriebsrat fliegen die Fetzen über den künftigen Kurs angesichts unbefriedigender Verkaufszahlen. Deswegen muss der neue A4 ein Erfolg werden, hoffen die Audi-Manager. Schließlich ist der Mittelklassewagen der Geldbringer des Unternehmens. Über 7,5 Millionen A4 wurden bislang weltweit verkauft, jeder fünfte Audi ist ein A4 - das Erfolgsmodell schlechthin. Allein in Deutschland wurden seit 2015 über 345 000 Fahrzeuge verkauft. Da ist der Ruf eine Verpflichtung.

Macht sich breit. Mit Spiegeln sind der A4 und S4 jeweils 2,02 Meter breit.
Macht sich breit. Mit Spiegeln sind der A4 und S4 jeweils 2,02 Meter breit.

© Audi

Diesel in Bestform

Und diesem Ruf wird der A4 überzeugend gerecht. Das fängt schon mit der Motorisierung an. Insgesamt wird die A4-Reihe mit acht Turbomotoren ausgestattet - von 136 bis 347 PS. Bis auf den A4 mit dem kleinsten Aggregat, ein Benziner mit 136 PS, der als Einsteigermodell mit Handschaltung ausgerüstet ist, haben alle Modelle ein Automatik-Getriebe. Übrigens: Von wegen Abschied vom Diesel, den einige Konkurrenten wie etwa Volvo ankündigen - Audi kommt beim A4 mit fünf Diesel-Aggregaten. Auch der stärkste Motor, der 45 TDI mit 347 PS im S4 ist ein Diesel. Wer meint, der Diesel ist eine elende Dreckschleuder ohne technologische Zukunft, soll etwa den kleinen 35 TDI fahren. Der Vierzylinder mit zwei Liter Hubraum überzeugt nach der Überarbeitung durch die Ingenieure. Unter der Haube sitzt ein kultivierter, sparsamer und laufruhiger Motor, der 120 KW /163 PS auf die Straße bringt. In Verbindung mit der Akustikverglasung an den Vordertüren und der Frontscheibe ist kaum zu hören, dass dort ein Selbstzünder unter der Haube werkelt. Bei aller Notwendigkeit, das Zeitalter der fossilen Verbrennung schnell zu beenden - in dieser Form wird der Diesel als Übergangstechnologie noch lange seine Rolle haben. Zumal alle Motoren nach Audi-Angaben die verschärfte Abgasnorm Euro 6d-temp unterschreiten.

Überhaupt reicht die Motorisierung des 35 TDI allemal aus, um den Wagen komfortabel und allen Situationen gerecht durch Stadt und Land zu bewegen. Vom Turboloch ist beim Fahrtest selbst bei ruppiger Kurvenfahrt durch die Südtiroler Alpen - wohin Audi zum Test geladen hatte -, fast nichts mehr zu spüren und laut wird der Motor eigentlich nie. Wer einen sparsamen und langstreckentauglichen Wagen fahren möchte, ist mit dem 120 KW leistenden Motor gut bedient, der im kombinierten Stadt-Land-Modus 4,2 Liter verbrauchen soll.

Alle Funktionen können jetzt direkt über den Touchscreen angewählt werden. Der Drehknopf auf der Mittelkonsole entfällt.
Alle Funktionen können jetzt direkt über den Touchscreen angewählt werden. Der Drehknopf auf der Mittelkonsole entfällt.

© Audi

Mild-Hybrid hilft Kraftstoff sparen

Mehr Power unter der Haube gibt es natürlich auch: Der Audi S4 TDI 4 ist mit einem turbo-unterstützten V6-Motor ausgerüstet. Der Selbstzünder bringt 347 PS auf die Straße - und soll mit etwas über sechs Liter Diesel pro 100 Kilometer auskommen. Beim Fahrtest in den Bergen waren es aber deutlich mehr. Natürlich ist dieser Kraftprotz mit der Höchstgeschwindigkeit von 250 Km/h noch präsenter und in Verbindung mit dem kurvenstabilen Fahrwerk extrem agil. Für Audi ist selbstverständlich, dass die Straßenlage des A4 höchsten Ansprüchen genügt, egal ob im Basismodell oder in der sportiven S-Version mit permanentem Allradantrieb.

Der Unterschied zum kleinen A4 ist nicht nur die enorme Beschleunigung: Der S4 TDI braucht nur 4,9 Sekunden, um auf Tempo 100 zu kommen; der 35 TDI doppelt so lange. Als Manko aber werden das all jene Käufer wohl kaum ansehen, die vor allem einen komfortablen und familiengerechten Wagen suchen. Dafür nämlich bekommt er einen deutlich größeren Kofferraum. Wird die Rückbank umgelegt, wächst der Platz beim Avant von 495 auf 1495 Liter. Beim S4 TDI sind es 60 Liter weniger. Den Platz beansprucht im S4 die zusätzliche Lithium-Ionen-Batterie, die für das Mild-Hybrid-Konzept mit 48 Volt-Bordnetz nötig ist. Die Batterie liefert unter anderem die Kraft für einen Riemenstarter und einen elektrisch angetriebenen Verdichter. Das System kann bis zu acht Kilowatt Energie rückgewinnen, etwa beim sogenannten segeln, wenn der Motor bei gleichmäßiger höherer Geschwindigkeit ausgeschaltet wird, oder auch bei allen Bremsvorgängen. Weil die Armada von elektrischen Geräten im Wagen aus der rückgewonnenen Energie gespeist wird, und nicht der Motor noch mehr Power liefern muss, wird ein wenig Treibstoff gespart.

Nicht nur der S4, auch die meisten anderen Motorisierungen haben ein Mild-Hybrid-System - allerdings nur auf 12-Volt-Basis -, das den Verbrauch um etwa 0,3 Liter pro hundert Kilometer senken soll und gleichzeitig den Komfort erhöht. Beste Ingenieurskunst ist die Kombination von Riemenstarter und dem serienmäßigen kamera-basierten Starter-System. Wenn die Kamera etwa an einer Kreuzung beobachtet, dass der Vordermann losfährt, startet nahezu unhörbar schon der Riemenstarter - das eigene Anfahren geschieht dadurch zügiger und schneller, als wenn herkömmlicherweise der Motor erst beim Tritt auf das Gaspedal gestartet wird. Außerdem schaltet die neue Start-Stopp-Funktion den Motor schon bei der Annäherung an eine Ampel aus, wenn die Geschwindigkeit unter 22 Stundenkilometer sinkt, und nicht erst, wenn der Wagen steht. All das hilft Treibstoff sparen.

Die stärker geneigte hintere Säule und die unterbrochene Seitenlinie tragen zur eleganten Silhouette des neuen A4 bei.
Die stärker geneigte hintere Säule und die unterbrochene Seitenlinie tragen zur eleganten Silhouette des neuen A4 bei.

© Audi

Generation Smartphone übernimmt

Im Innenraum präsentiert man sich den Kunden mit einem blitzsauber gelungenen Aufenthaltsraum und einem neuen Bedienkonzept, das sich schon in der konzerneigenen Oberklasse bewährt hat. Das große hochauflösende MMI Touch-Display mit akustischer Rückmeldung, das über der Mittelkonsole montiert und leicht zum Fahrer geneigt ist, vermittelt dem Fahrzeuglenker bei der Bedienung das gewohnte Smartphone-Gefühl. Dafür ist der Drehschalter auf der Mittelkonsole verschwunden. Touch-Befehle werden beim A4 aber nicht durch eine haptische Rückmeldung des Bildschirms wie etwa beim A8 quittiert, sondern mit einem akustischen Signal. Wer will, darf sich bei seinen Wünschen auch der trefflichen Sprachsteuerung überlassen. Als Kombiinstrument stehen sowohl teil-analoge Fahrerinfo-Systeme oder das volldigitale "Audi virtual cockpit plus" zur Wahl. Der Fahrer bedient das 12,3 Zoll große Display mit Full-HD-Auflösung am Multifunktions-Lenkrad und kann zwischen drei Ansichten wählen. Ein optionales Head-up-Display projiziert wichtige Informationen in das direkte Sichtfeld des Fahrers.

Trapez am Heck. Charakteristisch für den A4 sind die in einer durchgehenden Spange eingelassenen viereckigen Endrohre.
Trapez am Heck. Charakteristisch für den A4 sind die in einer durchgehenden Spange eingelassenen viereckigen Endrohre.

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Grünphase aus dem Navi

Die vielen Fahrerassistenzsysteme können in drei Paketen gebündelt werden. Ein wichtiges System im Paket "Tour" ist der adaptive Geschwindigkeitsassistent inklusive Stopp & Go-Funktion für eine automatische Distanzregelung. Neu ist, dass die Nutzer viele Online-Dienste nachträglich buchen können. Dazu gehören auch Car-to-X-Dienste, die auf die Schwarmintelligenz der Audi-Flotte aufbauen. Neben Online-Verkehrszeichen- und Gefahreninformationen sowie dem Street-Parking-Dienst gibt es als absolute Neuerung spezielle Ampel-Informationen. Entspannt ankommen, leicht gemacht, ist die Devise. Durch die Vernetzung empfängt der Wagen über einen Server Informationen vom Ampel-Zentralrechner, so dass der Fahrer sein Tempo passend zu nächsten Grünphase wählen kann. Im Kombi-Instrument erscheint dann etwa eine persönliche Geschwindigkeitsempfehlung.

Der A4 35 TFSI mit Handschaltung kostet als Limousine 33 600 Euro, mit automatischem Getriebe ist er für 35 900 Euro zu haben. Für die Kombiausführung Avant sind jeweils 1650 Euro Aufschlag fällig. Und für den S4 TDI Avant muss man immerhin stolze 64 250 Euro zahlen. 

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