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Auf dem Berg Le Morne versteckten sich früher Sklaven.

© iStock

Aktivurlaub auf Mauritius: Das bewegte Land

Canyoning, Fly'n'Dive, Unterwasserspazieren: Mauritius erlebt man am besten als Aktivurlauber.

Der Tag beginnt mit einer Täuschung. Allein der Name: „Unterwasser-Wasserfall“! Wasserfälle stürzen Berge hinunter und tun sich nicht mitten im Meer auf. Der Pilot dreht nach links ab, deutet auf eine Stelle Hunderte Meter vor der Küste. Weiße Gischt. Es dauert eine Weile, bis man erkennt, was er meint. Die Wellen brechen am Korallenriff, es sieht aus wie ein Wasserfall mitten im Indischen Ozean. Wie bei einer optischen Täuschung üblich, ist sie nicht mehr wegzudenken, sobald man sie einmal erkannt hat.

Mauritius ist keine große Insel. 1,2 Millionen Einwohner, 45 Kilometer breit, 65 lang. Auf die horizontale Ausdehnung kommt es jedoch gar nicht so sehr an, denn die Insel erkundet man am besten vertikal: von oben nach unten.

Dem Sitznachbarn im Hubschrauber wird übel

Ein Helikopterflug ist ein guter Einstieg, um das Eiland fast 2000 Kilometer östlich von Afrikas Festland kennenzulernen. Umgeben von einem beinahe vollständig geschlossenen Ring aus Korallen, der dafür sorgt, dass die Küste fast nie schroff ist, das Wasser immer mild und - gut zu wissen - Haie sich nur selten in die Buchten verirren, weil sie lieber tiefe Meere mögen. Weiter draußen, wo das Wasser schlagartig von Türkis in Tiefblau umschlägt, ziehen Delfine ihre Bahnen. Auf der anderen Seite, im Inland, erstreckt sich das Hochplateau, wo die meisten Mauritier leben, und das aussieht wie ein großer braungrüner Teppich aus Zuckerrohrfeldern - neben dem Tourismus die wirtschaftliche Grundlage des Landes.

Das alles wäre vom Hubschrauber aus noch besser zu erkennen, säße man nicht eingepfercht zwischen zwei kräftigen Touristen. Deren zierliche Begleitung sitzt vorn neben dem Piloten und nutzt den vielen Raum, um ihre Kamera ausgeschaltet vor ihren Füßen abzulegen. Dem Sitznachbarn rechts wird übel, weshalb er sich hochkonzentriert an der Tür festkrallt. Der Mitreisende auf der linken Seite bietet immer wieder an, Platz für ein Foto zu machen. Allerdings dann, wenn auf seiner Seite gerade nichts zu sehen ist. Beim Aussteigen sind sich alle drei einig: super Trip!

Im Rücken das Hochland, zu drei Seiten der Ozean

Aussichten sind bekanntlich viel schöner, wenn man sie sich selbst verdient hat. Statt sich rumfliegen zu lassen, folgt der zweite Versuch auf dem Fuße. Im Südwesten der Insel ragt der Le Morne Brabant empor, ein 556 Meter hoher Berg. Auf- und Abstieg sind in drei bis vier Stunden gut zu schaffen, langweilig wird es für erfahrene Wanderer nicht. Vor allem das letzte Drittel ist anspruchsvoll, steil, staubig und auf Geröll. Um nicht umzuknicken, brauchen Wanderer ihre Hände zum Balancieren.

Im Hochland kommen Wanderer ins Schwitzen.
Im Hochland kommen Wanderer ins Schwitzen.

© Christian Vooren

Die Aussicht ist fast so gut wie vom Hubschrauber: im Rücken das Hochland, zu drei Seiten der Ozean. Guide Rafiki - er heißt wirklich so, hält aber auf dem Gipfel kein Raubtierbaby in die Luft wie die gleichnamige Figur aus „Der König der Löwen“ - hat unter seinen langen Dreadlocks die Antwort auf so ziemlich jede Frage gespeichert, die man zu dem Berg hat. Kennt jede Pflanze und jeden Stein. Weiß, dass hier der Pfeffer wächst. Dahin wurden die meisten ja schon oft verwünscht, wenn man sich hier umschaut, klingt das nicht nach Bestrafung.

Rafiki kennt auch Le Mornes traurige Geschichte: Im 19. Jahrhundert flohen erst unter französischer und später unter britischer Kolonialherrschaft zahlreiche Sklaven auf den Berg, um sich in den Höhlen und im Unterholz zu verstecken. Als 1835 die Sklaverei abgeschafft wurde, wollte das britische Militär den Menschen auf dem Le Morne, den sogenannten Maroons, die Nachricht ihrer Freiheit überbringen. Viele von ihnen fürchteten dahinter jedoch einen Angriff und stürzten sich aus Angst von den Klippen in den Tod. Auf dem Gipfel erinnert ein Kreuz daran.

Beim Canyoning wird es kühler

Auf der Insel existieren viele Religionen nebeneinander.
Auf der Insel existieren viele Religionen nebeneinander.

© Christian Vooren

Am nächsten Morgen wird es laut und schmutzig. Buggyfahren steht auf dem Programm. Übers Hochplateau, vorbei an abgemähtem und mannshoch stehendem Zuckerrohr. Der Start ist rumpelig, das erste Stück windet sich kurvenreich über Wurzelwerk. Dann geht es mit Vollgas geradeaus. Dem Vordermann kommt man am besten nicht zu nahe, sonst sieht man nichts mehr, muss dafür aber anschließend garantiert Staubwischen im Gesicht.

Was man während der Tour auch lernt: Die Insel hat ein Problem, und das heißt Umweltverschmutzung. Zum Beispiel wegen der Touristen, die mit sehr lauten, sehr spritfressenden Buggys durch die Landschaft fräsen. Wieso hat man da vorher nicht drüber nachgedacht? Motor aus!

Zeit, sich das schlechte Gewissen abzuwaschen. Das Meer ist mit seinen konstanten 22 bis 27 Grad zu warm für eine richtige Erfrischung, beim Canyoning wird es ein paar Stufen kühler. Das ist eine Mischung aus Wandern entlang eines Flusses, Abseilen und Schwimmen. Die Tamarin Falls liegen im westlichen Hochplateau. Der Fluss Tamarin stürzt kaskadenartig durch grüne Landschaften ins Tal und ist garantiert keine optische Täuschung.

Rein in den Neoprenanzug, der in der Sonne den Wunsch nach Abkühlung rasant hochkochen lässt. Der Guide erklärt ein paar Knoten und kontrolliert den Harnisch. Als Aufwärmübung geht es 20 Meter an einem Seil nach unten. Der Wasserfall prasselt einem ins Gesicht wie fieser Starkregen, kaltes Wasser läuft unters Neopren. Unten angekommen ein paar Meter schwimmen, wieder wandern, dann wieder abseilen. Die Geschwindigkeit bestimmt jeder selbst, für den Ernstfall hält ein Guide die Sicherung fest. Diesmal 45 Meter abwärts. Das Finale ist eine Seilrutsche, die im Wasser endet. Erfrischt und nass ist man nun. Blöd nur, dass man am Ende über einen steilen und sonnigen Pfad wieder bergauf muss, um zum Ausgangspunkt zurückzukehren.

Drei Meter hoch über dem Wasser schweben

Wassersportler lieben Mauritius. Die Grand Baie im Norden ist überfüllt mit Anbietern von Tauch- und Surfschulen, die sich mit ungewöhnlichen Angeboten auszustechen versuchen. Eins davon heißt Fly'n'Dive. Zunächst geht es mit dem Motorboot raus in die Bucht, dort schwimmt ein weißer Kasten, der aussieht wie ein zu großer Gepäckträger, der vom Dach eines Familienautos direkt in die Bucht gefallen ist. Daran befestigt ist ein etwa 20 Meter langer, oberschenkeldicker Schlauch, an dessen Ende eine Art Skateboard hängt.

Erfrischung ist nicht weit. Beim Fly'n'Dive taucht man ins Meer.
Erfrischung ist nicht weit. Beim Fly'n'Dive taucht man ins Meer.

© Christian Vooren

Der Assistent hilft einem in die Schuhe, die fest am Brett montiert sind. Via Fernsteuerung startet der Guide die Düse, die einen per Wasserdruck nach oben katapultiert. Oder nach vorn. Oder nach hinten. Profis haben vorher ihre Badehose fest zugeknotet. Es dauert eine Weile, bis man die Kontrolle gewinnt. Die Zehen durchdrücken: vorwärts, Ferse durchdrücken: rückwärts. Linkes Knie anwinkeln, nach rechts. Die ersten zehn Minuten sind etwas schmerzhaft, da man zwar mit Schwung aus dem Wasser raus, aber auch genauso schnell wieder runterkommt - auf Gesicht, Bauch oder Hintern.

Nach etwa 15 Versuchen und zweieinhalb Litern Salzwasser, die in den folgenden 30 Minuten aus der Nase wieder rauskommen werden, klappt es ganz gut. Und dann schwebt man bis zu drei Meter hoch über dem Wasser, kann nach Haien Ausschau halten - zum Glück erfolglos - oder Köpper versuchen und dann behaupten, die Bauchlandung sei gewollt.

Über den Meeresgrund spazieren

Nach etwa einer Stunde war man zwar ziemlich oft unter Wasser, aber mit Tauchen hat das nichts zu tun. Und man hat Mauritius nicht richtig gesehen, solange man nicht tauchen war. Oder wenigstens am Meeresgrund spazieren.

Möglich macht das Kapitän Jean-Luc Lazer. Der 62-Jährige hat früher Segelschiffe gesteuert, war mit Zweimastern aus dem vorletzten Jahrhundert unterwegs, jetzt manövriert er eine kleine Yacht vorbei an den vielen Fischerbooten, die in der Grand Baie ankern. „Ich brauche immer ein Seil in den Händen“, sagt er und hebt seine rauen Pranken. Er könnte damit prima Möbel schleifen oder Tapeten von der Wand kratzen.

Ankunft am Riff. Eine Leiter führt ins Wasser, Lazer schiebt einem den 40 Kilo schweren Stahlhelm auf die Schultern. Dann geht es vier Meter in die Tiefe, der Helm drückt nach unten, wirkt im Wasser jedoch nicht mit dem vollen Gewicht. Ein eigenartiges Gefühl, normal atmen und sich am Bart kratzen zu können. Der Helm ist unten offen, durch ein Kabel am oberen Ende wird Sauerstoff hineingepresst, der das Wasser verdrängt. So spaziert man schließlich über den Meeresgrund. Nur auf den sandigen Teil treten, bloß nicht auf die empfindlichen Korallen!

Das kann nicht funktionieren, war sich vorher das Flitterwochenpaar aus England einig, das zum Tauchgang bereits die britische Urlaubsröte mitgebracht hat. Doch, sehr gut sogar. Das war die letzte Täuschung der Reise.

Reisetipps für Mauritius

Hinkommen

Mit Turkish Airlines, etwa 15 Stunden Reisezeit, ab 850 Euro.

Unterkommen

Otentic Eco Tents, pro Nacht und Zelt ab 150 Euro, otentic.mu.

Rumkommen

Fly'n'Dive: Flyndive.mu
Canyoning: Verticalworldltd.com
Trekking: yanature.com

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