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Jetsetkulisse. Kleine Segelboote und mondäne Jachten liegen im Hafen des Küstenstädtchens.

© Fabienne Hurst

48 Stunden an der ligurischen Küste: Dolce Vita in Portofino

Wie dieser Name schon klingt! Nach Apéro mit Blick, getupften Seidenschals und Vespafahren im Küstenwind.

10:00

Schon am Bahnhof Santa Margherita begrüßt einen die üppige ligurische Farbenpracht: bunt bemalte Häuser in Feuerrot, Ockergelb, Rosa, dazu strahlend blauer Himmel über dem Meer und violette Oleanderblüten in der Morgensonne. Mit knapp 10 000 Einwohnern und dem einzigen Bahnhof rundherum ist das idyllische Hafenstädtchen quasi die große Schwester des kleinen, aber bekannteren Portofino. Von Liza Minnelli über Frank Sinatra bis Charles Aznavour, seit den 1950er Jahren kamen Weltstars an den Golf von Tigullio, um zu entspannen und zu feiern. Sie machten Portofino so berühmt, dass die Universal Studios in Florida das Fischerdorf Ende der 90er Jahre sogar nachbauten.

11:00

Angeblich handelt es sich um den längsten roten Teppich der Welt. 8300 Meter Stoffbahnen überziehen den Fußgängerweg an der ligurischen Küste; ausgerollt im April, bleibt er bis zum Saisonende im September. Selbst wenn man spöttisch lächeln will über den PR-Gag der Tourismusbehörde, fühlt sich der Spaziergang so doch ein Stück glamouröser an. Im winzigen Badeort Paraggi, der nach drei Kilometern Fußweg auf halber Strecke liegt, steigt man in den Bus nach Portofino. Denn der letzte Abschnitt auf der Küstenstraße ist sehr eng und für Fußgänger schlecht ausgebaut (Ticket 1,80 Euro, der Bus kommt alle 20 Minuten)

12:30

Portofino leitet sich ab vom Lateinischen „Portus Delphini“, also der Hafen der Delfine. Während die sich früher zuhauf vor der Küste tummelten, sind sie heute leider ausgestorben. Schön ist der Ort trotzdem – und makellos wie in einer Filmkulisse. Die majestätische Piazza Martiri dell’Olivetta ist das Herzstück des 400-Einwohner-Dorfes, das sich in die Bucht am Fuße einer Halbinsel schmiegt. Kleine Segelboote und mondäne Jachten machen am Hafen fest, der umsäumt wird von zwei Promenaden mit schicken Cafés, Restaurants und Edelboutiquen. Ein überteuertes Mittagessen ersetzen zwei Kugeln in der Gelateria „Gepi“ (Largo Giovanni Amendola 19), zum Beispiel Pistazie und Griechischer Joghurt mit Süßkirschen

14:00

Von der Piazza am Hafen führt eine steile Gasse zur hoch gelegenen Chiesa di San Giorgio. Das Dorf im Rücken, blickt man vom Kirchvorplatz auf ein raueres Mittelmeer, als man es im Ort erlebt. In großen Wellen klatscht das Wasser an die massive Steilküste, auf der die Kirche thront. Von hier aus geht ein kleiner Wanderweg ab, der den Platz mit dem Leuchtturm an der Spitze der Halbinsel verbindet. Zwischen Olivenhainen steht die Villa Augusta, in der eine reiche Contessa unter mysteriösen Umständen ums Leben kam. Vor 16 Jahren wurde ihre Leiche im Meer gefunden, seither beschäftigt der Krimi um Familienbeziehungen, Affären und Geld das ganze Dorf.

"Portofinesi haben sich lieber der Fischerei gewidmet. Dann kamen wir."

Makellos wie in einer Filmkulisse. Portofino hat 400 Einwohner.
Makellos wie in einer Filmkulisse. Portofino hat 400 Einwohner.

© Fabienne Hurst

16:00

Alice Paraboschi stapft entschlossen den steilen Hang hinauf, unterm Arm einen Weidenkorb mit Olivenöl, Pinienkernen, Parmesan und Meersalz. Die junge Landwirtin führt ihre Gäste vorbei an duftenden Basilikumfeldern und Thymiansträuchern zu einem Holztisch, wo sie einen Pestokurs veranstaltet. „Kaum zu glauben“, sagt Alice und zeigt auf die steilen Hänge über der Bucht. „Die Portofinesi haben das Land hier jahrzehntelang brachliegen lassen und sich lieber der Fischerei und dem Tourismus gewidmet. Aber dann kamen wir.“ Eine Gruppe von Freunden gründete vor fünf Jahren das Unternehmen „Niasca“ und begann, das Land an der Küste zu rekultivieren. Trauben, Oliven, Kräuter und Zitrusfrüchte werden zu Saucen, Limonaden, Wein und Marmeladen verarbeitet und in ganz Italien verkauft. Hier oben, mit einem sagenhaften Blick auf Portofino, veranstalten Alice und ihre Kollegen auch Picknicks und Weinproben.

18:00

Pinkfarbene Erdmännchen, groß wie Erstklässler, bewachen das Statuensammelsurium im Museo del Parco am westlichen Teil des Hafens. In dieser skurrilen Open-Air-Galerie machen zeitgenössische Kunstwerke von Beuys, Rotella oder Spoerri prächtigen Nadelbäumen und buschigen Kräutersträuchern Konkurrenz

19:30

Seit acht Generationen gehört das Restaurant „Lo Stella“ (Molo Umberto I. 3) in Portofino derselben Familie, der von Martina Polo. „Wir haben hier nichts gegen Traditionen“, sagt Martina, „die Karte wird nur ganz behutsam geändert.“ Auf der Terrasse am Hafen serviert die charmante 27-Jährige die Spezialität des Hauses: Fisch-Ravioli in Garnelensauce. „Das Beste ist der Nachtisch“, findet ihr Cousin Pietro, der hier – ebenso wie viele andere Familienmitglieder – regelmäßig isst. Recht hat er: Die Torta di limone schmeckt besser als manche Pasta.

22:00

Zurück in Santa (so nennen es die Einheimischen), geht es für einen Digestif noch kurz in die Altstadt. „Un altro giro“, ruft ein junger Mann im weißen Oberhemd, noch eine Runde! Geschäftsführer Enrico, hochgekrempelte Hemdsärmel, breites Grinsen, eilt mit einer Flasche herbei und schenkt nach. Vor seiner „Vineria Macchiavello“ (Via Cavour 17) versammeln sich Gäste an langen Holztischen und trinken Aperol Spritz oder trockenen Prosecco. Eine Nonna schiebt ihr altes Moped durch die enge Gasse und freut sich, als der Barista sie spontan auf einen Likör einlädt.

Die Terrazza Belvedere über der Bucht ist ein absolutes Highlight

Schaubühne. Abends treffen sich die Einheimischen in der „Vineria Macchiavello“.
Schaubühne. Abends treffen sich die Einheimischen in der „Vineria Macchiavello“.

© Fabienne Hurst

7:00

Tagsüber hält sich die Lust zum Baden in Grenzen, angesichts der sardinenmäßig aneinandergequetschten Touristenkörper in den kleinen Buchten. Auf Schwimmen muss man jedoch nicht verzichten. Morgens, wenn die Sonne gerade erst beginnt, die Kieselsteine am Stadtstrand von Santa Margherita aufzuwärmen, ist ein Bad im Mittelmeer ein einziger Serotoninkick. Einmal raus bis zur Boje und wieder zurück schwimmen und in der Sonne trocknen, bis die Massen anrücken.

10:00

Nach dem Frühsport ist ein idealer Zeitpunkt für ein Cornetto mit Pistaziencreme in der Bäckerei „Pinamonti“ am Largo Giovanni Amendola. Der beste Ort, um Santa Margherita beim Aufwachen zuzuschauen. Gemüsehändler stapeln saftige Tomaten und Aprikosen auf ihre Stände, bei „Casazza“ in der Via Cavour produzieren sie frische Pasta, bei „Seghezzo“ nebenan werden Pasteten und Salami angeboten. In zwei Einkaufsstraßen gibt es edle Parfums, Bademode, Hüte, und weite, schräg geschnittene Kleider mit großen Blumenmustern, die wie die zu großen Sonnenbrillen herrlich nach Urlaub aussehen.

12:00

Protzen ist kein Phänomen der Moderne. Schon die mächtigen Genueser Handelsfamilien legten Wert darauf, ihren Reichtum eindrucksvoll auszustellen, und bauten palastartige Bauten entlang der Küste. Jahrhunderte später sind diese für jedermann zugänglich, etwa die pompöse Villa Durazzo, die, umgeben von einem Palmengarten, auf dem Stadthügel von Santa Margherita liegt. Im 17. Jahrhundert erbaut, wurde sie im Laufe der Zeit immer wieder um barocke, klassizistische und Jugendstilelemente erweitert.

15:00

Steigt man nun die Treppe zur Küstenstraße hinunter und spaziert zwei Kilometer Richtung Paraggi, erscheint rechts am Hang das erhabene Klostergebäude von La Cervara. Die ehemalige Abtei aus dem 14. Jahrhundert wurde umgebaut zu einem riesigen Privatanwesen, das Stars gerne für Hochzeiten mieten, das aber auch von Normalsterblichen besichtigt werden kann (Termine: www.cervara.it). Absolutes Highlight ist die Terrazza Belvedere über der Bucht. Ein auf mehreren Ebenen zum Meer hin abfallender italienischer Garten, symmetrisch angelegte Blumenbeete in allen Farben, Zitronenbäumchen und zu Labyrinthen gestutzte Buchsbäume.

17:00

An der Küstenstraße zwischen Cervara und Santa Margherita liegt „Il Grande Blu“, ein Tauchclub mit Badesteg und Cocktailbar. Aufgedrehte Kellner umschwirren einen zur Apéro-Zeit an der langen Bar mit Meerblick. Hier treffen sich Wassersportler und andere Strandbesucher auf ein kühles Bier.

19:30

Nur wenige Schritte weiter liegt das „Capo Nord“ (Via Rossetti 5, Santa Margherita), wo man am besten weit im Voraus reserviert hat. „Sie dürfen nicht zu viel Wein trinken“, warnt der Kellner grinsend, „Sie könnten leicht das Gleichgewicht verlieren.“ Das wäre fatal, denn nur wenige Zentimeter trennen den Tisch vom Mittelmeer. Gott sei Dank ruht der Betreiber sich auf diesem Alleinstellungsmerkmal nicht aus, sondern serviert Spitzenweine zu fabelhaftem Essen. Tatar von der roten Garnele, Taglierini mit Meeräsche und Artischocken oder der Krustentierteller. Alles ist perfekt zubereitet. Zum Abschluss kann man dann bei malvenfarbenem Himmel einen Espresso trinken – und sich fragen, warum man eigentlich nicht für immer hier bleibt.

Reisetipps für Portofino

HINKOMMEN

Mehrmals täglich fliegen Alitalia und Lufthansa von Berlin über München nach Genua. Hin- und Rückflug ab 150 Euro. Vom Hauptbahnhof Genua Brignole sind es 30 Minuten mit dem Zug (3,80 Euro) nach Santa Margherita Ligure.

UNTERKOMMEN

Im Hotel Sant’Andrea (Via Belvedere 10/2) in Santa Margherita gibt es Doppelzimmer ab 130 Euro pro Nacht. Hier wird man vom Frühstück auf der Terrasse bis zum Apéro hervorragend umsorgt. Zu Fuß braucht man drei Minuten ins Zentrum und fünf Minuten zum Strand. Gäste können kostenlos Fahrräder ausleihen. hotelsantandrea.net

INFOS

Mehr Details unter lamialiguria.it.

Fabienne Hurst

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