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Beim Bilderbuchkino werden hochwertige Bücher auf eine Leinwand projiziert und interaktiv erzählt.

© Bürgerstiftung Berlin

20 Jahre Bürgerstiftung Berlin: Engagement für eine Jugend mit Zukunft

Vor 20 Jahren wurde die Bürgerstiftung Berlin nach einem US-Vorbild gegründet. Seitdem erreichen die Ehrenamtlichen mit diversen Projekten tausende Kinder.

Große Katastrophen heizen die Hilfsbereitschaft fast unweigerlich an, führen oft zu immer neuen Spendenrekorden. Aber was ist mit notorischen gesellschaftlichen Notlagen, mit den Missständen direkt vor der Haustür, an deren Anblick sich jeder schon fast gewöhnt hat? Lange herrschte die Haltung vor, dass zu Hause eigentlich nichts im Argen liegen kann, weil sich der Sozialstaat um alles kümmert. Stimmt nicht. Gerade in Berlin, aber auch in anderen Großstädten gibt es so viele Kinder, die schon deshalb abgehängt werden, weil sie niemanden haben, mit dem sie Deutsch sprechen können. Also lernen sie die Sprache nicht ordentlich, bleiben in der Schule zurück, gehen für die Gesellschaft verloren.

Das muss nicht sein. Seit 20 Jahren gibt es die Bürgerstiftung Berlin. Bekannt wurde sie vor allem durch die Lesepaten, die in Schulen und Kindertagesstätten die Lust am Lesen fördern. Rund 400 engagierte Bürgerinnen und Bürger erreichen in 15 Grundschulen und zehn Kitas etwa 1300 Kinder, denen sie regelmäßig teils mehrmals pro Woche vorlesen oder bei der Organisation von Sprachspielen helfen. Nebenbei begleiten sie Ausflüge, unterstützen Fördervereine oder geben Schülern auch schon mal gute Ratschläge.

Die Gründung fiel in eine Zeit großer Umbrüche

Die Initialzündung ist dem Juristen Christian von Hammerstein zu verdanken. Der hörte Anfang 1999 im Club von Berlin einen Vortrag des Hannoveraner Kriminologen Christian Pfeiffer über eine von ihm gegründete Stadtstiftung nach dem Vorbild der US-amerikanischen Community Foundations. Kurzerhand gründete der Ministerialdirigent a.D. einen Verein Freunde der Bürgerstiftung und sammelte das nötige Stiftungskapital in Höhe von 100.000 D-Mark zusammen. Als Schirmherr gewann er den damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse. Es ging ihm keineswegs darum, staatliche Haushaltslöcher zu stopfen. Wichtig war ihm vor allem, die bürgerschaftliche Verantwortung jedes Einzelnen für die Gesellschaft ins Licht zu rücken. Bürgerschaftliches Engagement, einst omnipräsent in Berlin zu Anfang des 20. Jahrhunderts, war nach der Nazi-Diktatur und der DDR-Zeit fast ausgestorben. Es wiederzubeleben, auch das war eine Aufgabe der Bürgerstiftung. Christian von Hammerstein war der Überzeugung, dass wohlhabende Bürger der Stadt durchaus soziale Projekte fördern wollten, aber die Mühe scheuten, die entsprechenden Möglichkeiten zu erforschen. Denen konnte und sollte geholfen werden.

Die Gründung der Bürgerstiftung fiel in eine Zeit großer Umbrüche. 1999 war auch das Jahr des Regierungsumzugs von Bonn nach Berlin. Neue, bestens qualifizierte Menschen strömten in die Stadt und brachten wertvolle Ressourcen mit, darunter auch die Bereitschaft zum Engagement.

Mit den Lesepaten fing alles an. Bald kam die Förderung von Schulbibliotheken hinzu und schließlich mit der Einsicht, dass man nicht früh genug beginnen kann, Sprachkompetenz zu fördern, auch das Bilderbuchkino. Dabei werden hochwertige Bilderbücher auf eine Leinwand projiziert und gemeinsam mit den Kindern interaktiv erzählt. Es erreicht mehr als 4000 Kinder, nicht nur in Kitas, sondern auch in Flüchtlingsunterkünften.

Sternekoch Kolja Kleeberg ist seit 2010 dabei

Egal in welche Richtung sich jemand engagieren will, die Bürgerstiftung ist immer offen für neue Einsätze. Über 1600 Kinder sind von naturwissenschaftlich ausgebildeten Paten auf den Geschmack der „Zauberhaften Physik“ gebracht worden. Spannende Experimente unter dem Motto „Wenn’s blinkt, hat’s geklappt“ vermitteln den Schülerinnen und Schülern, dass Physik kein schweres, sondern vor allem ein spaßreiches Fach voller verblüffender Erkenntnisse und Erlebnisse ist.

Sternekoch Kolja Kleeberg ist seit 2010 dabei. Er vermittelt Kindern, was gesunde Ernährung von industriell gefertigtem Fast Food unterscheidet und legt mit ihnen Kräutergärten an. In Zusammenarbeit mit der Arne-Friedrich-Stiftung des früheren Fußballnationalspielers lernen einheimische Schüler und Kinder von Geflüchteten, gemeinsam im Team zu arbeiten. Auch das hilft der Sprachförderung und dem sozialen Lernen.

Ende 2017 war das Stiftungsvermögen unter Leitung der langjährigen Vorstandsvorsitzenden Heike von Joest auf fast 640 000 Euro gewachsen. Zeit zu spenden, ist eine Möglichkeit, die Stiftung zu unterstützen. Aber Geldzuwendungen sind ebenso willkommen und die müssen nicht mal zu Lebzeiten erfolgen. Auch Vermächtnisse können viel bewirken. Dazu gibt es eigene Broschüren.

Vera Gäde-Butzlaff will die Arbeit der Stiftung weiterentwickeln

Bei gesellschaftlichen Anlässen treffen Mitglieder der Stiftung mit Sponsoren und neuen Interessenten zusammen. Beim jährlichen Art Dinner wird bei einer Versteigerung hochwertiger Kunstwerke Geld aufgetrieben. Neujahrsempfang, Sommerfest und die Factory Lounge mit Lesungen oder Vorträgen bieten weitere Möglichkeiten Projekte zu entwickeln.

Seit September 2018 ist die Top-Managerin Vera Gäde-Butzlaff Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung. „Staatliche Maßnahmen allein schaffen es nicht, benachteiligte Kinder und Jugendliche oder die Menschen, die sich abgehängt fühlen, zu unterstützen“, sagt sie. Sie will die Arbeit der Stiftung weiterentwickeln. Dazu gehört, dass man sich demnächst auch um Senioren kümmern will, die oft einsam sind. Das bedeutet, dass Ehrenamtliche künftig nicht mehr nur in Schulen oder Kindertagesstätten gehen, sondern auch in Pflegeheime, um alten Menschen vorzulesen.

Ermutigt wird Vera Gäde-Butzlaff von „vielen Interessenten, die jünger sind und sich engagieren wollen“. Das soll den eingeführten Projekten keine Konkurrenz machen, sondern – es ergänzt sie.

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