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Ungewöhnlich klares Ambiente für ein indisches Restaurant, aber hier will man auch die Länderküche Indiens mit Europa verschmelzen: Kreuz und Kümmel

© promo

Von TISCH zu TISCH - die Restaurantkritik: Kreuz und Kümmel

Kräftige Gewürze, große Portionen, ideenreiches Crossover - die indische Küche hat einen neuen ambitionierten Protagonisten gefunden

Unter den in Deutschland verbreiteten Länderküchen ist die indische eine Konstante: war gefühlt immer da, bewegt sich mal ein wenig auf in der Gästegunst, mal ein wenig ab. Sie wird für ihre Tradition und Qualität gerühmt, aber immer hat man das Gefühl, dass hier bei uns – anders als in England – meist nur eine standardisierte Billigvariante gezeigt wird. Aktuell müsste sie auf einer Trendwelle schwimmen, denn die Gewürze und Rezepte des Näheren Ostens sind in Berlin gerade sehr populär, und sie hat eine lange vegetarische Tradition, die nicht durch industriellen Fleischersatz simuliert werden muss.

Anspruchsvolle indische Küche an neuem Ort
Der große Unterschied zu den aktuellen europäischen Küchen liegt vermutlich darin, dass Kreativität in Indien keine Rolle spielt und gelernte Köche das Land nur selten verlassen. Eine passable Ausnahme ist der „India Club“, und viele Freunde hat auch „Kreuz und Kümmel“ in Prenzlauer Berg gefunden, eher ein Imbiss. Nach dem Umzug in ein Hotel der Stadtmission in Mitte ist es nun eindeutig ein Restaurant, vielleicht zu eindeutig, denn der Hotelcharakter prägt den Raum, lässt ihn nicht wirklich stimmig erscheinen, da hilft auch die schrecklich dunkle, diffuse Beleuchtung nicht.

Aber es soll ja ums Essen gehen. Und da hat mir der vorsichtige Versuch einer Fusion zwischen Indien und Europa sehr gut gefallen. Denn es gibt hier tatsächlich „Chicken-Tikka-Maultaschen“ (8,50), die das indische (Aller-)Welt(s)gericht, ein Curry mit Tomaten, auf seine essenziellen Aromen reduzieren und auch deutlich machen, dass die Gewürze hier nicht aus dem großen Metro-Sack bezogen werden. Ganz ähnlich funktionieren auch die mit gezupftem Lammfleisch (Roganjosh) gefüllten Ravioli, die dem Fleisch noch mehr Raum zur aromatischen Entfaltung lassen (9,50). Beide Gerichte gibt es auch vegetarisch mit Büffel-Ricotta.

Große Portionen bei den Hauptspeisen
Nicht probiert haben wir die häufig gelobte indische Currywurst, glücklicherweise, denn was aus der Speisekartenrubrik „Bei Kohldampf“ kam, erwies sich als genau das, Fleischberge für Vorspeisenverächter, die den kleineren Gerichten vorher nichts mehr hinzufügen konnten. „Schweinebauch Vindaloo“ mit Rotkraut und gutem Masala-Brioche (21,50) war okay, schmeckte aber auch kaum anders als die „Barbecue Short Ribs“, die mit einem mächtigen Mohn-Kartoffelstampf und Bohnen mit Curryblättern kamen (24,50). Ein Drittel hätte gereicht. Sollte noch Appetit da sein, wäre zum Mango-Lassi-Cheesecake (4,50) zu raten. Sympathisch: Auch „Doggy Biscuits“ für einen Euro sind zu haben. Anständige, günstige Weine.

Das sind also gute Ansätze, die noch nicht zusammenpassen und noch nicht klarstellen, auf welche Gäste das eigentlich zielt. Ich würde wiederkommen, wenn die Küche bei den Ravioli weitermacht, leichter, differenzierter gewürzt, mit mehr Fisch und Gemüse, vielleicht mit Probiermenü. Der Kohldampf geht dann schon von selbst.

Kreuz und Kümmel, Auguststr. 82, Mitte, Tel. 30 88 67 15, Di–Sa ab 17 Uhr

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

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