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Schick-schummriges Design und zeitgemäße italienische Küche

© Karloff / promo

Von TISCH zu TISCH - die Restaurantkritik: Karloff

Das winzige Ristorante in Kreuzberg setzt auf neapolitanische Menüs im Supperclub-Stil.

Die italienisch-mediterrane Küche ist vermutlich die beliebteste der Welt, kaum ein Mensch, der Nudeln und Pizza nicht mag oder den Dreiklang von Knoblauch, Tomaten und Olivenöl. Auch Vegetarier finden hier immer etwas, ohne mit dem Service groß diskutieren zu müssen. Und Pinot Grigio und Chianti sind so populär, dass dies mit der Qualität allein kaum erklärt werden kann. Also werden im kulinarischen Laboratorium, das Berlin bekanntlich darstellt, endlich auch mal in dieser Stilistik ein paar Experimente gemacht. Nicht, dass nun gleich Anleihen bei weltberühmten Kochstars wie Massimo Bottura oder Massimiliano Alajmo gesucht werden, so viel Aufwand wäre bei uns auch schwer realisierbar, von den Produkten nicht zu reden. Aber ein bisschen aufgeklärter geht es da und dort doch zu; vor zwei Wochen habe ich hier erst die Charlottenburger „Salumeria Rosa“ sehr gelobt.

Neapolitanische Küche auf kleinstem Platz im Supperclub-Stil

Im dunklen Kreuzberger Mini-Ristorante mit dem seltsamen Namen „Karloff“, der sich durch die angrenzende „Bar Lugosi“ erklärt, ist ein ähnlicher Geist spürbar. Aus der offenen Küche werden vor allem Menüs ausgereicht, das Repertoire des Abends umfasst nicht einmal zehn Gerichte. Der Gast kann sieben davon als Menü probieren (59 Euro) oder jeweils vier (39) aufgeteilt nach „Mare“ oder „Terra“, was im Ergebnis keinen allzu großen Unterschied macht. Denn der neapolitanische Chef kocht, beengt, mehr oder weniger solo, unterstützt von den beiden Kellnern, was ein ziemliches Gedränge verursacht und überraschend lange Wartezeiten dazu – der ganze Stil ist eine Art stationärer Supperclub.#

Gutes Kochhandwerkt tröstet über die Längen des Menüs hinweg

Zunächst gibt es Gebackenes: Frittelle, also Teigbällchen, mit Algen und Aioli sowie Pizza fritta mit Tomaten und Anchovis. Ein netter Einstieg, wenngleich das durchaus weniger fettig vorstellbar wäre. Nach einer langen Pause folgen Nudeln, Rigatoni mit Tomaten und kleinen Ricotta-Klecksen sowie schwarze Tagliatelle mit Muscheln, die gut schmecken und sorgfältig gekocht sind, aber nicht wirklich zu den vielfältigen Lobeshymnen passen, die über dieses Lokalino schon gesungen wurden – es ist auch verflucht schwer, mit einem einfachen Nudelgericht auf die Ebene „genial“ vorzudringen.

Im Menüpunkt „Intermezzo“ folgt dann eine Burrata mit dicken Bohnen, einmal angereichert mit gebratenem Schinken, einmal mit Fisch, angenehm gewürzt mit etwas Zitronenschale, erfreulich unkonventionell in den Grenzen, die die allgemein etwas überstrapazierte Burrata eben lässt. Gutes Kochhandwerk gibt es dann beim Kabeljau zu schmecken, der ohne viel Getue mit Kürbis- sowie Salatstreifen angerichtet wird; Garzustand und Frische machen eine merkliche Sauce entbehrlich. Die in Roastbeef-ähnliche Scheiben zerteilte Rinds-Tagliata, schön rosig gegart, behält ihren Charakter gegen dezente Salatblätter sowie gebratene Austernpilze, die uns, wenn wir richtig gehört haben, sinngemäß mit den Worten „haben wir heute aus dem Wald geholt“ angepriesen wurden – neapolitanischer Humor. Schließlich, nicht im Menü enthalten, Zitronensorbet und ein Tiramisu à la minute, das aus Biskuitbröseln, Mascarpone und Kaffeepulver zusammengebaut ist, da fehlt dann auf der Zunge doch der saftige Espresso-Bumms.

Ebenso unkonventionell wie das Menü ist die Weinauswahl

Die Verständigung mit dem Service gestaltete sich sehr schwer, und so blieben wir mit der äußerst unkonventionellen italienischen Weinkarte allein und bestellten, was wir kannten: Roero Arneis von Bruno Giacosa für herzerwärmend günstige 35 Euro.

Um noch einmal auf das Stichwort Supperclub zurückzukommen: Das „Karloff“ ist ein Treffpunkt für Gäste, die das Essen nicht wichtiger nehmen als die Inszenierung, die Idee, in den engen Gassen Neapels unerwartet freundlich und puristisch bewirtet zu werden. Mir war das ein bisserl zu wenig.

Karloff, Reichenberger Str. 152, Kreuzberg, Telefon 0178-144 56 64, Di–Sa ab 18.30 Uhr

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

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