zum Hauptinhalt

Schnelle Küche: Ein echt dufter Franke - ein Gerupfter

Kleiner Aufwand, großer Genuss: Einfache Rezepte aus unserer Redaktion. In Folge 48 gibt es angemachten Camembert, aber keinen "Obatzda".

Von Kai Röger

Gut zehn Jahre habe ich in Unterfranken gewohnt, habe mich leidlich mit der fleischlastigen Küche versöhnt, die fehlende Raffinesse durch Riesenportionen ersetzt, und habe die Weine lieben gelernt, allen voran den knackigen Silvaner. Allein die Sprache blieb mir immer fremd, wobei sich auch bei mir eine leichte Deformation einstellte, die mein "t" verweichlichte.

Es gibt aber etwas, das ich aus Franken mitnahm, dass ich nicht mehr missen möchte: den Gerupften. Der ist eine klassische Resteverwertung für alten Camembert, die so gut schmeckt, dass man dafür gerne Camembert alt werden lässt.

[Hier gibt es noch einen fränkischen Klassiker: Saure Zipfel]

Beim Einkauf suche ich im Käseregal im Supermarkt - ich habe es mit gutem und teurem Käse ausprobiert, es macht kaum einen Unterschied - nach günstigen Sorten, deren Haltbarkeitsdatum bald abläuft. Ich mische dabei Camembert mit Rotschmierekäse, echt fränkisch wäre wohl Limburger. Wenn er noch nicht richtig durchgereift ist, lege ich ihn einfach ein paar Tage in ein warmes Zimmer, bis es so duftet, dass man keine Lust mehr hat, das Zimmer zu betreten.

Keine Angst, der Gerupfte braucht die Würze, sonst kann er sich nicht gegen die Zwiebeln behaupten und bleibt fad. Fad zu sein, ist gerade in geselligen Runden unverzeihlich. Dieser Gerupfte ist es definitiv nicht, und ich kann sagen, dass bislang noch nie etwas übrig blieb, auch wenn die Gäste zunächst skeptisch waren - er ist eine Partykanone! Er unterhält aber auch im kleinen Rahmen.

[Appetit bekommen? Hier finden Sie mehr als 150 einfache Rezepte für jeden Tag.]

Der Gerupfte hat auch einen bayrischen Verwandten (der Franke würde sich selbst nicht als Bayer bezeichnen, die Bayern den Franken übrigens auch nicht), den Obatzda. Wie genau sie sich unterscheiden, kann ich nur vermuten: Der Franke ist würziger in der Käseauswahl, er enthält Kümmel und kein Bier. Wobei es aber kein offizielles Regelwerk gibt, was allerdings nur die Vermutung eines Lebensabschnitt-Frankens ist.

Dieses Rezept ist also kein tradiertes, sondern hat sich aus zahlreichen Versuchen als bestschmeckendes herauskristallisiert. Das sagt allerdings der Gaumen eines gebürtigen Saarländers, der seit über 30 Jahren versucht, den Berlinern den Gerupften schmackhaft zu machen. In diesem Sinne: Lassen Sie sich drauf ein, sie werden staunen!

REZEPT - fränkischer Gerupfter

Zutaten für 4 Portionen (für echte Franken: 2 Portionen)
1 gereifter Camembert ca. 200 g
1 Weichkäse mit Rotschmiere ca. 200 g (z.B. Limburger, Romadur, oder - milderer - Saint Albray)
100 g Frischkäse
100 g weiche Butter
1 TL Kümmel ganz (eventuell noch gemahlenen zum Abschmecken)
1 TL Paprika edelsüß
1 große rote Zwiebel

Zubereitung
Die Käsesorten und die Butter sollten Zimmertemperatur angenommen haben, so lassen sie sich leichter miteinander vermischen. Käse am besten in einem tiefen Teller mit der Gabel zerdrücken. Wem das zu anstrengend ist, kann auch ein Rührgerät in einer tiefen Schüssel (mit einem Tuch abdecken, sonst fliegt alles durch die Küche) verwenden.

Der zermatschte (so heißt übrigens der Gerupfte in der Schweiz ...) Käse sollte aber nicht homogen cremig, sondern von Stücken durchsetzt sein. Dann die Butter, den Frischkäse, Kümmel und Paprikapulver einarbeiten. Eventuell mit Salz, gemahlenem Kümmel und noch mehr Paprikapulver abschmecken.

Die Zwiebel würfeln, aber erst kurz vor dem Servieren unterheben. Sie wird schnell bitter an der Luft.

Auf einem Teller als Berg anrichten und noch einmal kurz kühlen. Vor dem Servieren mit Paprikapulver, Zwiebelringen und Salzstangen (nur wer will) garnieren. Dazu passt dunkel gebackenes Brot (kein Weißbrot!) ohne Körner, am besten fränkisches Gewürzbrot und trockner Silvaner in Schoppen-Qualität - die Zwiebel und der Käse lassen zu den Geschmacksknospen eh wenig mehr durch als Frucht und Säure.

Zur Startseite