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» Den Stör muss man in Deutschland erst noch entdecken « Susanne Engels, Forellenhof Rottstock

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Porträt: Mehr als nur Kaviar

Der Stör ist hierzulande als Speisefisch kaum bekannt - Fischzüchter im Naturpark Hoher Fläming wollen das ändern.

Ein gelungener Seiteneinstieg. „Wir kommen nicht von der Kompetenz“, sagt Susanne Engels, „wir kommen von der Begeisterung“. Nur so ist zu erklären, dass die Politikwissenschaftlerin nun zusammen mit ihrem Mann Matthias, einem gelernten Elektro­ingenieur, ausgerechnet Fische züchtet - in Rottstock mitten im Naturpark Hoher Fläming. Beide waren zuvor rund 20 Jahre in der Medien­branche tätig, gerieten 2012 bei der persönlichen Sinnsuche auf eine Unternehmensnachfolgebörse - und wurden dort auf den Forellenhof Gesundbrunnen aufmerksam, dessen Besitzer aus gesundheitlichen Gründen aufhören wollte. Seit Oktober 2013 sind sie nun Eigentümer des Betriebs und haben schnell von sich reden gemacht. Denn sie liefern nicht nur interessante Produkte, sondern haben auch gute Kontakte zur Gastronomie, vor allem im nahen Berlin, und sie nutzen den Trend zu regionalen Lebensmitteln - Saibling und Forellen aus Rottstock sind in kurzer Zeit zu einem etablierten Produkt in der hiesigen Gastronomie geworden.

Das Aushängeschild des Forellenhofs ist aber der Stör, der dort nicht wie sonst üblich in Betonbecken lebt, sondern in drei der insgesamt 25 Teiche - drinnen plätschert Quellwasser, das mit nur acht bis neun Grad aus dem Boden kommt. Der urtümliche Fisch ist erst in zweiter Linie Nahrungsmittel, vor allem aber Kaviarlieferant. Es gab dort schon vorher eine Lohnmast für ­Fische im Auftrag des britischen Kaviarproduzenten Attilus. Heute ist es so, dass die männlichen Tiere Eigentum des Forellenhofs sind, während die weiblichen weiter zu Attilus gehören. Zur Kaviargewinnung müssen sie nicht nach England ausreisen, sondern nur 70 Kilometer weit nach Jessen, wo die Briten eine Produktionsanlage aufgebaut haben. Ihr „Royal Oscietra Caviar“ ist begehrt und konkurriert auf dem internationalen Markt mit einer Reihe ähnlicher Produkte, die den herkömmlichen, inzwischen durchweg illegalen Kaviar aus Wildfang ersetzt haben. Der britisch-brandenburgische Kaviar ist fein gekörnt, sehr mild im Aroma, nicht zu stark gesalzen und unterscheidet sich von wildem Oscietra nur durch die etwas weichere Konsistenz. 30 Gramm kosten beispielsweise 29 Euro.

Doch auch Zuchtkaviar wie dieser ist teuer und hat in Deutschland vor allem mit Luxus zu tun. Deshalb rücken Matthias und Susanne ­Engels bei jeder Präsentation auch den Stör persönlich ins Blickfeld, einen Fisch, dessen festes, grätenfreies Fleisch äußerst variabel verarbeitet werden kann. „Den Stör muss man in Deutschland erst entdecken“, sagt Susanne Engels, „denn als Speisefisch führt er hier ein Schatten­dasein“. Die einfachste Art des Genusses besteht darin, ihn zu räuchern, denn dann kann er einfach zerlegt und wieder zusammengesetzt auf den Tisch gestellt werden - ein Blickfang für jedes Buffet. Auf dem Hof wird er aber ebenso wie Forellen und Saiblinge nicht nur geräuchert, sondern auch frisch verkauft. In dieser Form kann das Fleisch des Knochenfischs beispielsweise roh zu Sashimi verarbeitet werden, Reste wie die Bauchlappen ergeben püriert eine reizvolle Mousse, und die Filets eignen sich vor allem zum Kurzbraten - leicht glasig sind sie am besten. Eine ausgezeichnete Variante serviert Andreas Rieger im Berliner „Einsunternull“: Er kombiniert das Filetstück einfach in einem leichten Sud mit Streifen von milchsauer vergorenem Spargel, den er in der vergangenen Saison eingeweckt hat.

Ganz nebenbei ist der Forellenhof aber auch zu einem beliebten Ausflugsziel geworden. Wer Fische nicht nur ansehen will, kann sie in sieben Teichen selbst angeln - oder im schlichten Bistro einfach aufessen. Zudem bietet Matthias Engels Räucherseminare für den Stör an, sowohl ein- wie zweitägig mit Übernachtung. Der Betrieb ist ganzjährig mit wenigen Ausnahmen jeden Tag geöffnet - auch im Winter gibt es Veranstaltungen wie Angel- oder Räucherwochenenden. In Berlin sind die Rottstocker Produkte beim ­Havelland-Express zu haben sowie im Zehlendorfer Q-Regio-Hofladen.

Forellenhof Rottstock, Dorfstraße 26 A, 14793 Rottstock,

Tel. 0338-474 02 41, forellenhof-rottstock.de

Öffnungszeiten: täglich 9-16 Uhr, April-Oktober 9-18 Uhr

Mehr zum Thema gut Essen, Trinken & Kochen in Berlin finden Sie im Magazin "Tagesspiegel Genuss".

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