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Zwischenwelt. Draußen braust der Verkehr um den Zoo herum, drinnen trinken sie Aperol Spritz auf traurige Fotos.

© Thilo Rückeis

Für Geist und Bauch: Das sind die besten Museumscafés

Kunst allein macht noch nicht glücklich. Bei Rote-Bete-Risotto und Heidelbeertorte verdauen sich überwältigende Eindrücke leichter. Diese sechs Museumscafés sind unsere Favoriten für den Hunger danach.

C/O BERLIN CAFÉ

Vielleicht schreibt man eine Postkarte aus dem Shop, weil einen eines der Fotos an jemanden erinnert hat, bei dem man sich lange nicht gemeldet hat. Vielleicht diskutiert man, was die ausgestellten Hochglanzbilder von eingeschweißtem Essen so wertvoll macht. Oft braucht man Zeit, um zu verarbeiten, was man hier sieht. Die verendende Schildkröte auf einer türkischen Straße, den traurigen Blick des alten Iren oder auch nur den fetten sizialianischen Hintern. Das Café des C/O mit seinen breiten Fensterbrettern ist ein Transit-Ort. Um aus der schwarz-weißen Welt der Fotos wieder in der bunten Gegenwart anzukommen.

Dabei helfen: saftiger Käsekuchen zum Tres-Cabezas-Kaffee und eine Stulle mit knusprigem Brot aus dem Holzofen, darauf italienischer Landschinken oder ein Karotten-Rucola-Aufstrich.

Hardenbergstraße 22–24, Charlottenburg, Mo-So 10-20 Uhr, co-berlin.org/cafe

VILLA OPPENHEIM

Im Stadtmuseum für Charlottenburg und Wilmersdorf steht, dass beide Orte einst stolze Residenzstädte vor den Toren Berlins waren. Glaubt man sofort, wenn man aus dem historischen Zentrum in Mitte kommt. So „Far Out“, wie eine Disco am nahen Kurfürstendamm einmal hieß, herrscht noch gediegenes Residenzflair in der Villa Oppenheim. Vögel zwitschern, roter Backstein glänzt majestätisch, Blütenduft weht herüber, nur das Bumm-Bumm-Bumm des nahen Basketballplatzes erinnert an moderne Zeiten.

Unter schattigen Laubbäumen sitzen Gäste, vor sich Rote-Bete-Carpaccio mit Mozzarella (der rote Saft tropft süßlich von der Gabel) und Berliner Boulette mit Senf (nach dem zweiten Aufwärmen etwas trocken). Der Kellner bringt das Essen blitzschnell. Unter der Woche ist es ruhig. Die Kuchen sind selbstgebacken. Die Apfeltorte ist knackig frisch, die Kombination Weiße Schokolade mit Heidelbeere leicht und nicht verzuckert. Im Winter sitzen die Gäste im ausgebauten Gewölbe, aber eigentlich ist der Garten mit den Holztischen das Highlight. Die Natur besorgt hier die Architektur.

Schloßstr. 55, Charlottenburg, Di-So 9–22 Uhr, villa-oppenheim-berlin.de/museum/cafe.de

KUNST-WERKE

Im Kunstwerk lässt sich’s prima speisen, dafür hat Dan Graham seinen Pavillon schließlich gemacht. „Bravo“ heißt das Café, „Bravo!“ möchte man rufen, während man das raffinierte Konstrukt aus Spiegel und Glas von außen betrachtet. Bei Sonnenschein sitzt man vor der Box, auf dem kopfsteingepflasterten Hof der „Kunst-Werke“. Dort grünt’s so grün. Sommerfrische. Dazu Orangenkuchen und eine sensationelle Zeitschriftenauswahl. Vom coolen Look der Bedienung sollte man sich nicht täuschen lassen, sie gehören zu den bestorganisierten Museumskellnern der Stadt. Der farbenfrohe Salat mit Ziegenkäse und Birne kommt zügig wie das Rote-Bete-Risotto auf den Tisch.

Café „Bravo“ im Kunstwerk ist ein raffiniertes Konstrukt aus Spiegel und Glas.
Café „Bravo“ im Kunstwerk ist ein raffiniertes Konstrukt aus Spiegel und Glas.

© Thilo Rückeis

Deutsche Bildungsbürger und -kuratoren haben ja lange gedacht (manche denken immer noch so), dass der Museumsbesucher vom Geist allein lebt. Als hätte Essen nichts mit Kultur zu tun, als ginge es in der Kunst nicht um Ästhetik und sinnliche Erfahrungen, werden Ausstellungsgäste mit welken Brötchen und aufgewärmten Fertiggerichten in trostloser Umgebung abgespeist. Auf dass sie ganz schnell zurück in die Museumssäle fliehen. Das „Bravo“ zeigt, wie klug man das Café zum Teil des Gesamtkonzepts machen kann. Kunst kommt nicht von darben. Wenn schon die Künstler keine Asketen sind, warum sollten es die Betrachter sein?

Auguststraße 69, Mitte, Mo-Sa 9-20 Uhr, So 10-20 Uhr, www.kw-berlin.de

Schmus – das klingt nach Zärtlichkeit

„König Otto“ ist ein Kafenion. So heißen die traditionellen Kaffeehäuser in Griechenland.
„König Otto“ ist ein Kafenion. So heißen die traditionellen Kaffeehäuser in Griechenland.

© promo

KINDL – ZENTRUM FÜR ZEITGENÖSSISCHE KUNST

Und plötzlich ist alles ganz ruhig. Obwohl Musik über die Lautsprecher tönt – Männerstimme mit Gitarre –, obwohl man in der Mitte eines Sudhauses steht – hohe Decken, kahle Wände, Kupferkessel –, hier hallt nichts. Im Gegenteil. Es ist, als käme man in eine andere, wohligere Welt, wo einem vorher gar nicht aufgefallen war, was da alles rauschte und schrie. Bis man durch die große Eingangstür „König Otto“ betritt.

„König Otto“ ist kein Mensch und kein König, sondern ein Kafenion. So heißen die traditionellen Kaffeehäuser in Griechenland. Typisch dafür – die spärliche Einrichtung. Unauffällige Tische und Stühle, keine Deko, würde auch stören. Die riesigen Kessel, eine große Uhr an der Wand, das reicht. Den „König“ betreibt Nikoletta Bousdoukou, ihre Tante Poppi bereitet die Speisen zu, mediterran, vegetarisch, vegan. Viel Auswahl gibt es nicht, zwei Sandwiches, Kuchen, Mittagstisch. Das gegrillte italienische Biobrot, belegt mit Aubergine, Zucchini, hausgemachtem Humus, kandiertem Zwiebelchutney und Mango-Chili-Crème schmeckt fantastisch, dazu ein Radler, das Bier – Rollberg vom Fass –, frisch aus dem Keller darunter. Wem das zu fleischlos ist, der geht raus in den Biergarten und bestellt ein „Berliner Eisbein Sandwich“.

Am Sudhaus 3, Neukölln, Mi-So 12-18 Uhr (Café) und Mi-Sa 12-22 Uhr (Biergarten). Obacht: Das Sudhaus macht vom 9.-20. August Sommerpause, der Biergarten bleibt geöffnet. koenig-otto.com

JÜDISCHES MUSEUM

Schmus – das klingt nach Zärtlichkeit. Oder Kompott. Kein schlechter Name für ein Café. Auf Jiddisch bedeutet „schmusen“ so viel wie „sich unterhalten“. Herein kommt man ohne Ticket. Nur eine Sicherheitskontrolle wie am Flughafen – Standard bei jüdischen Einrichtungen in Deutschland – müssen alle Besucher passieren. Die Hauptattraktionen des „Schmus“ sind der lichtdurchflutete Innenhof und der Garten hinterm Museum, mit Liegestühlen, Wiesen und einem Platanenwäldchen. Besonders im Sommer ein guter Ort, um „blau“ zu machen (von Hebräisch „be-lo“ = mit nichts, ohne), die zackigen architektonischen Linien von Daniel Libeskind im Blick.

Essen und Getränke sind in Ordnung; einen guten Americano kann man hier trinken (mit 2,60 Euro in der kleineren Variante nicht billig) und dazu Streuselkuchen oder Bienenstich essen. Die Speisekarte ist nur sachte jüdisch angehaucht: mit Bagel, dafür ohne Schweinefleisch. Es gibt eine Salatbar, als Suppe des Tages wird gerade eine Variante mit Tomaten, Frischkäse und Sucuk serviert. Insgesamt eine dufte, tofte Sache (von Hebräisch: toff=gut).

Lindenstraße 9, Kreuzberg, Mo 10-22 Uhr, Di-So 10-20 Uhr. koflerkompanie.com/restaurants/cafe-schmus/

TECHNIKMUSEUM

Natürlich kann man Farbe als Interpretation elektromagnetischer Strahlung bestimmter Wellenlängen verstehen. Das wäre die Lesart, die dem Technikmuseum wohl am ehesten entspricht. Man kann Farbe aber auch als Gefühl erleben. Zum Beispiel, wenn man die kleine Wanderung entlang der alten Lagerhallen links vom Hauptgebäude auf sich nimmt, und sich im „Tor Eins“ unter der orangen Markise niederlässt. Scheint die Sonne, badet der bunte Stoff die tennisplatzgroße Terrasse in warmem Licht und das Gemüt in wohliger Ferienlaune. Der Blick ins satte Grün des Gleisdreieckparks tut sein Übriges.

„Tor Eins“ bietet klassische Bistroküche: Suppen, Hühnchen, Flammkuchen.
„Tor Eins“ bietet klassische Bistroküche: Suppen, Hühnchen, Flammkuchen.

© promo

Kulinarisch bietet das „Tor Eins“, das in seinem luftigen Inneren mit Industrielampen, Holztischen, Sofas und Zimmerpflanzen Werkhallen- mit Wohnzimmerchic paart, klassische Bistroküche: Suppen, Hühnchen, Flammkuchen, der hier unter seinem schwäbischen Namen „Dinnete“ firmiert. Das Wiener Schnitzel für rund 17 Euro ist riesig, der Griechische Salat von der Tageskarte für 7,50 Euro überschaubarer, aber frisch, der Espresso für 1,90 Euro kommt, wie es sich gehört, mit Leitungswasser. Nur Zeit sollte man mitbringen, der Service ist nicht so auf Zack hier draußen. Aber wen stört das? Orange ist die Farbe der Gemütlichkeit.

Möckernstraße 26, Kreuzberg, Mai bis Oktober: täglich 11-22 Uhr, November bis April: Di-So, 11-19 Uhr, toreins.de

Mit Blick auf den Wannsee

Auf der Terrasse des Café Max in der Liebermann Villa.
Auf der Terrasse des Café Max in der Liebermann Villa.

© Kitty Kleist-Heinrich

ME COLLECTORS ROOM

Der Weg zur Wunderkammer der Sammlung Olbricht führt geradewegs durch das außergewöhnlich eingerichtete Café. Der Besuch lohnt sich besonders mittags. Wie viele Museumscafés kann man es für private Veranstaltungen mieten. Auguststraße 68, Mitte, gleich neben den Kunst-Werken, Di-So 12-18 Uhr, www.me-berlin.com

LIEBERMANN VLLA

Auf der Terrasse des Café Max sitzt man wie in einem Bild von Liebermann, mit Blick auf Garten, Wannsee und Birkenweg, den er so gern gemalt hat. Colomierstr. 3, Wannsee, April-September, Mo, Mi, Fr, Sa 10-18 Uhr, Do/So 10-19 Uhr, Oktober bis März Mi-Mo 11-17 Uhr. www.liebermann-villa.de

GEORG KOLBE MUSEUM

Im früheren Wohnhaus der Tochter des Bildhauers ist das Garten-„Café K“ untergebracht, Rüblikuchen, Käsekuchen, alles selbst gebacken. Auch Konzerte oder Museumsführungen mit Menü kombiniert. Sensburger Allee 25, Westend, Di-So 10-18 Uhr, cafe-k.com

DOMÄNE DAHLEM

Seit 2016 serviert das Bio-Landgasthaus rund ums Jahr Tomaten, Mangold und Hühner vom Domänenhof, Deftiges wie Krustenbraten und Roulade. Draußen können Museumsbesucher auch picknicken.

Königin-Luise-Str. 49, Dahlem, Di-Do 12-19.15 Uhr, Fr 12-20 Uhr, Sa/So 10-20 Uhr, landgasthaus-dahlem.de

GALERIE IM KÖRNERPARK

Im idyllischen Zitronencafé von "Esskultur", die auch das Café im Museum Europäischer Kulturen betreibt, wird viel mit Zitrusfrüchten gebacken und gekocht. Esskultur Schierker Str. 8, Neukölln, Mo-So 10-20 Uhr, esskultur-berlin.de

DAS NEUE MUSEUM

Im "Allegretto" kann man Chipperfields Konzept der behutsamen Renovierung, das die Spuren der verschiedenen Schichten der Vergangenheit sichtbar lässt, ganz in Ruhe studieren. Cremiger Käsekuchen, der es in sich hat, kleine Brownies zum Kaffee, passend zum Museum orientalische Speisen. Bodestr. 1-3, Mitte, Mo-Mi, Fr-So 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr, allegretto-neuesmuseum.de

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