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Foodcourt in der "Mall of Berlin" am Leipziger Platz in Mitte.

© Kai Uwe Heinrich

Essen in der Shoppingmall: Foodcourts für Genießer

Ob zum Lunch oder zum kulinarischen Flanieren zwischen den Küchen aus aller Welt – das Speiseangebot in den Berliner Shoppingmalls und Kaufhäusern wird stetig besser und vielfältiger.

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Straßenessen à la Berlin – das war über viele Jahrzehnte gleichbedeutend mit Currywurst, Falafel und Döner. Aber seit geraumer Zeit ist das aus Asien stammende Konzept des „Street Food Market“ in aller Welt, also auch bei uns populär geworden: verschiedene Imbissstände nebeneinander zur Selbstbedienung mit einfachen Sitzplätzen, die nicht ausdrücklich zugeordnet sind und deshalb perfekt sind für Esser, Familien und Gruppen, die sich nicht festlegen wollen. Der „Street Food Thursday“ in der Markthalle IX hat den Anfang gemacht – aber ist die Idee nicht auch bei uns schon viel älter, gab es das im Prinzip nicht auch schon im KaDeWe oder bei Galeries Lafayette?

Wie auch immer: Lockeres Streetfood ist zum Wundermittel geworden, mit dem sich Einkaufszentren beleben lassen – oben in der „Mall of Berlin“ funktioniert das genauso gut wie im neuesten Streich der Branche, dem vom Start weg erfolgreichen „Kantini“ im Bikini Berlin. Oft werden Stände dabei an Betreiber „normaler“ Restaurants verpachtet, die sich bereits einen Namen gemacht haben und Stammkunden anziehen, manchmal handelt es sich auch um Start-ups oder andere Akteure. Wir haben uns bei den Klassikern und den Neugründungen umgesehen, um herauszufinden, was sich besonders lohnt – ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit.

1. Foodcourt in der Mall of Berlin

Beginnen wir in der „Mall of Berlin“ – und dem Problem, dass es schwer ist, unter so vielen Angeboten überhaupt eine erste Entscheidung zu treffen. Die Grundausstattung eines Berliner Foodcourts umfasst die erwähnten Klassiker, thailändische, chinesische und indische Küche, Burger und Sushi, dazu noch Süßes in Varianten, das ist hier alles zu finden. Die meisten Gerichte werden für alle Fälle per Foto offeriert, damit beim Bestellen nichts schiefgehen kann.

Gut: Moderne Lüftungstechnik hält den Fritteusen-Geruch von den Kleidern fern. Die Gäste scheinen das zu honorieren, neben vielen jugendlichen Besuchern und Familien sitzen längst auch deutlich mehr Angestellte aus den umliegenden Büros beim Lunch. Vermutlich auch, weil sich hier unterschiedliche Vorlieben einträchtig an einem Tisch vereinen lassen.

Veganer werden zum Beispiel bei „Boussi Falafel“ fündig: Schön krosse Falafeln, der Hummus ist nicht zu glatt, und Baba Ghanoush, die Auberginenpaste, kommt mit prononcierter Säure und milder Rauchnote, damit die Sache nicht zu eintönig wird. Gleich zwei Inder bieten Landestypisches. Beim traditioneller aufgemachten „Bombay Xpress“ gibt es ein gelungenes Lammcurry, etwas müden Hähnchencurry und faden Spinat-Käse-Curry. Immerhin: Hier gibt es echtes Geschirr und Besteck und reichlich Beilagen inklusive einer teuflisch scharfen grünen Chilisauce. Die Currys sind vorbereitet und um die fünf Euro günstig kalkuliert, extra zubereitete Speisen kosten dann aber gleich das Doppelte.

Das geht noch besser, gleich ums Eck werden „Hauptstadtburger“ gebrutzelt, eine gute Wahl ist da in der Regel mit den Buchstaben BBQ verbunden. So auch hier: Die sparsam eingesetzte Barbecue-Sauce bringt genau die richtige Dosis süße und rauchige Würze mit, der saftige Patty ist wunschgemäß medium gebraten, die leicht süßlichen Brötchen passen und das Gemüsegedöns drängt sich nicht über Gebühr nach vorn.

Nun noch was Unerwartetes: Am authentisch billig aussehenden Stand namens „Asia Pavillon“ offeriert man „gedämpften Wolfsbarsch mit Lauchzwiebeln und Spezial-Soße“ für immerhin 14,90 Euro, eines der wenigen Gerichte für zweistelligen Preis überhaupt hier oben. Nach fast 20 Minuten kommt ein Fisch im Ganzen, der diesen Preis absolut wert ist, vielleicht einen Tick untergart, aber mit wunderbarer Soja-Ingwer-Chili-Würze. Für 3,30 Euro legen wir bei der „Quarkerei“ noch einen Becher Quark mit Himbeeren und weißer Schokolade drauf. Passt.

2. Die „Feinschmeckeretage“ im KaDeWe

Der Klassiker: das KaDeWe. Hier gab es im sechsten Stock schon einen Foodcourt, als dieser Begriff noch gar nicht erfunden war, und die neuen Besitzer arbeiten intensiv daran, den kulinarischen Staub aus den Ritzen zu blasen. Das Essen à la francaise, das früher unter Bocuse-Lizenz stand, ist beim „Petit Bistro“ gelandet; gottlob gibt es den Bouillabaisse-Stand noch, wo aus dem grandiosen Fischumsatz des Hauses eine ebensolche Suppe entsteht. Schon die kleine „Marmite“ für 9,80 Euro bringt die Aromen auf den Punkt, da sind Safran, Fenchel und Tomate in Balance, das hat Kraft, obwohl es gerade nicht den albern teedunkel eingekochten Bouillabaisses der aktuellen Gourmetküche nacheifert.

Restaurantkritiker Bernd Matthies probiert Maki in der "Feinschmeckeretage" im KaDeWe.
Restaurantkritiker Bernd Matthies probiert Maki in der "Feinschmeckeretage" im KaDeWe.

© Kai-Uwe Heinrich

Bei „Pignut BBQ“, einem neuen Kooperationspartner aus der Berliner Szene, ist gerade nicht viel los, kein Wunder, dass die sehr gut gewürzten Spare Ribs aufgewärmt und ziemlich trocken auf den Tisch kommen. Für Sushi hat das Haus kürzlich stolz seine Kooperation mit der Firma „Sumosan“ vorgestellt, die auch in London, Dubai und Moskau Fische schnetzelt – zu kurz gesprungen. Denn die Fischqualität stimmt zwar, aber die „Buba Roll“, eine grüne Maki mit Wolfsbarsch und Wasabi-Körnern, schmeckt, ernsthaft, nach Trüffelöl, das auch in einer Avocadocreme zum Tiradito, dem peruanischen Sashimi, steckt – ein modischer Meuchelmord am puristischsten Lebensmittel der Welt.

Doch das KaDeWe hat noch ein echtes Ass im Ärmel: „Papaya Royal“, einen Thai-Stand mit ernsten Frauen in Schwarz, an dem uns das beste Essen dieser kleinen Rundtour serviert wird: Die gebackenen Frühlingsrollen (Pho Pia Sod Gai) sind herrlich kross. „Pad Thai Gung“, Reisbandnudeln mit Sojasprossen und saftigen Garnelen, wirkt erst ein wenig breit süßlich, bis wir ihn mit dem höllischen Chili-Dip auf Touren bringen. Aber der absolute Knaller sind die hausgemachten „Sai Ur“, drei kleine chilischarfe Bratwürstchen mit Thai-Kräutern (7,90). Dies ist ein kleiner Stand mit Preisen, die durchaus über dem Niveau normaler Thai-Restaurants liegen. Das Prinzip Streetfood wird dabei an seine Grenzen getrieben – aber das schmeckt man auch.

3. „Le Gourmet“ in den Galeries Lafayette

Weder Foodcourt noch Street Food Market, vielmehr erinnert das Untergeschoss des französischen Kaufhauses an eine sehr edle Markthalle, an der zubereitet angeboten wird, was an Produkten an den Ständen ausliegt. Da wäre zum Beispiel die Fischtheke, die als „Fish point“ – oder schöner: „La Poissonnerie“ – brät, dünstet oder grillt, was frisch aus Frankreich geliefert wurde. Vor allem Austern waren es bei unserem Besuch, das Stück für 1,50 Euro, das Angebot gilt noch bis Mitte März. Dafür gab es kein Carpaccio und kein Ceviche, wie es die Säule am Fuße der Rolltreppe eigentlich ankündigt. Aber es spricht für den Koch, nicht alles auf Biegen und Brechen anbieten zu wollen, wenn es die Frische mal nicht hergibt.

Markthalle im Untergeschoss. "Le Gourmet" in den Galeries Lafayette.
Markthalle im Untergeschoss. "Le Gourmet" in den Galeries Lafayette.

© Kai-Uwe Heinrich

Die Austern, die hier gerne in riesigen Portionen von Männergruppen mit langen Schals bestellt werden, waren dann auch von hervorragender Qualität. Die Fischsuppe, zum gleichen Preis im Angebot wie die Marmite im KaDeWe, glänzt mit üppiger Edelfischeinlage, kann aber mit dem fein austarierten Aroma der Westkonkurrenz nicht ganz mithalten. Rohfisch-­Aspiranten halten sich an das Sushi-Angebot, ein Fremdkörper in all der französischen Pracht.

Auch hier muss man sein Steak oder den Burger nicht essen, wo alles zubereitet wird, sondern kann in der gemütlichen „Bar à Vin“ zwischen Fässern und Weinregalen sitzen. Ein weiterer Vorteil hier: Die glasweise (0,2 Liter) ausgeschenkten Weine sind fair kalkuliert, und für nur sieben Euro Korkgeld wird jede Flasche aus dem Sortiment geöffnet; leider sind nicht alle gekühlt verfügbar. Im Bistro gibt es zum Grillangebot klassische Dauerbrenner wie die Schnecken in Kräuterbutter, eine herausragende Bauernterrine, gemischte Platten von Käse und Charcuterie sowie ein extrem puristisches Tatar vom Charolais-Rind ohne Kapern, Senf oder Sardellen. Fast pur, nur mit sehr gutem Olivenöl und Pfeffer, kommt der Geschmack des Fleisches am besten zur Geltung.

Für danach empfiehlt sich ein Blick auf die Pâtisserie, die mit Eclairs, Tartes au citron und anderen Petitessen zu noch irdischen Preisen hohe Backkunst beweist. Wenn gar nichts mehr geht: Die Macarons aus dem Lafayette sind legendär und werden obendrein noch hübsch verpackt.

4. „Kantini“ im Bikini Berlin

Das „Kantini“ hat dem Bikini-Haus innerhalb weniger Wochen einen ordentlichen Schubs gegeben. Mittags ist es nicht leicht, einen Platz zu finden, vor allem die Tische mit Zooblick sind begehrt. Die Nase vorn hat dieser Food-Markt beim Trend-Thema Poke-Bowls, die es bei den anderen noch nicht gibt. „Sons of Mana“ bietet die aus Hawaii über die Welt gekommenen Schüsseln mit frischem Durcheinander auf Reis an, und sie schmecken gut: „Flamed Tuna“ für 8,90 Euro enthält ausgezeichnet abgepassten Reis mit Thunfischwürfeln, Avocado, Edamame-Bohnen, Frühlingszwiebeln und anderen Winzigkeiten in munterem Chili-Limetten-Dressing – das ist ein prima Mittagessen, das nicht belastet und auch in vegetarischer Variante zu haben ist.

Shopping-Lunch. "Kantini" im Bikini Berlin am Zoo.
Shopping-Lunch. "Kantini" im Bikini Berlin am Zoo.

© Kai-Uwe Heinrich

Beim etablierten Berliner Israel-Spezialisten „Djimalaya“ dreht sich fast alles um Hummus, einen der besten in Berlin, attraktiv mit verschiedenen Toppings vom Grill in Szene gesetzt. Dazu Kebab, Halloumi und Taboulé. Weniger Glück haben wir beim italienischen „Terramare“, wo die Lasagne (mit sehr guter Bolognese) im Kombidämpfer erhitzt wird – trotzdem ist sie nur lauwarm, und die Nudelschichten sind viel zu weich. Auch das „Pop Chicken“ beim koreanischen „Bibimix“ ist nicht richtig heiß, möglicherweise ein organisatorischer Fehler in der Bestellabwicklung. Recht lasch ist schließlich die Pho-Nudelsuppe beim für seine Asia-Burger bekannten „Royals&Rice“.

Generell geht es im Kantini ein wenig verwirrend zu: „Bibimix“ zeigt Wartenummern wie beim Jobcenter an, bei anderen muss man bei der Bestellung den Namen angeben und sich dann sehr anstrengen, ihn beim Ansagen wiederzuerkennen, und wieder andere liefern einfach per Augenkontakt. Das Grundproblem ist nicht nur hier: Man beschäftigt sich mehr mit Warten und Bestellen und Herumlaufen als mit dem Essen selbst, denn es gibt praktisch nichts sofort auf den Teller. Aber generell dürfte das „Kantini“ schnell zu einer interessanten Option für alle reifen, die in Ku‘damm-Nähe eine überdurchschnittlich gute Zwischenmahlzeit suchen.

Zumal – wie uns gerade geflüstert wurde – Björn Swanson („Golvet“) auf der Bikini-Promenade Anfang März das „The Dawg“ eröffnen und das Angebot um klassische bis neu erfundene Hot-Dog-Kreationen bereichen wird.

Dieser Beitrag ist im Sonnabendteil "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen. Auf unserer Themenseite finden Sie weitere Beiträge zu gutem Essen, Trinken und Kochen in Berlin.

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