Die Restaurantkritik: Gutgemachte Tapas und spanische Weine im neueröffneten "D.O."
Geballt aromatische Speisen zum Teilen, nahezu jeder Wein der Karte ist offen zu haben: das katalonische Restaurant D.O. in Prenzlauer Berg
Eine Spielart des Patriotismus ist tatsächlich verdaulich: der Stolz auf eine reiche Küchentradition und regionale Produkte von höchster Qualität, die bestenfalls in Einklang mit der Natur erzeugt werden. Katalonien hat beides zu bieten. Der Speisezettel reicht vom Meer bis in die Berge, in den Weinbauregionen findet man vom traditionellen Schaumwein Cava bis hin zu den Rotwein-Monumenten aus dem Priorat beinahe alles, was man sich wünschen kann.
Viele offene Weine regen den Probiertrieb an
Das kleine katalonische Restaurant „D. O.“ – mit angenehmer Terrasse – leitet seinen Namen von der Orientierung an der Herkunft der Produkte ab, D. O. steht für „denominació d’origen“. Die Speisekarte ist angenehm kompakt, die mittelgroßen Portionen haben genau die richtige Menge zum Teilen, während sich die Weinkarte über mehrere Seiten erstreckt und nahezu alles auch offen anbietet.
Diese Konstellation flößt unmittelbar Vertrauen ein und weckt den Probiertrieb. Vorneweg ein Glas Cava Brut Nature (6 Euro), nicht spanisch eiskalt, sondern katalonisch kühl serviert, dann schmeckt man gleich mehr.
Zum Start vereint „Escalivada amb Antxoves“ geballte Aromen auf gerösteten Brotscheiben, die mit Tomate und Knoblauch abgerieben sind. Darüber schichten sich Zwiebeln, Paprika und Auberginen aus dem Ofen, obenauf sehr gute Sardinen, von Hand eingesalzen im Küstenstädtchen Escala.
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Noch ein bisschen besser wird das Ganze mit einem zusätzlichen Schuss Olivenöl (9,50). Die „Botifarra amb seques“ ist eine stückige, mit Steinpilzen gespickte Schweinsbratwurst, die richtig nach Fleisch schmeckt. Das weiße Bohnenpüree dazu krankt unnötig an leicht muffigem Trüffelöl, Olivenöl mit einem Schuss Zitrone hätte geradewegs zum Ziel geführt (10,50).
Perfekt sind die Venusmuscheln von der Tageskarte in einem würzigen Sud aus Cava, Tomaten und Mandeln, zum Glück ist noch Brot da, um jeden Tropfen aufzutupfen (14,50). Auch sautierter Blattspinat, Pinienkerne, Rosinen und Ziegenkäse ergeben eine rundherum runde Komposition („Espinaces a la Catalana“, 9,50). Dazu passt ein fruchtiger Roter oder ein üppiger Weißwein wie der mandeltönige „Singulars 2015“ von Mas Llunes aus der raren Carinyena-Traube (das Achtel 10,50).
[D.O., Kollwitzstr. 88, Prenzlauer Berg, Tel. 52 10 39 50, tgl. ab 18 Uhr, do-restaurant.com]
Auf dem im Keramiktöpfchen servierten „Arros Negre“ liegt eine große, knackfrische gegrillte Gamba, der mit Sepia und seiner Tinte punktgenau gegarte Reis entfaltet im Mund eine leicht süßliche Note, die entfernt an ein Dessert erinnert (15,50). Auch hier könnte ein Spritzer Säure nicht schaden, mit dem der Wein aber gerne aushilft.
Die Produktqualität stimmt, es schmeckt gut, dennoch beschleicht einen das Gefühl, für den allerletzten Kick selbst verantwortlich zu sein – zum Beispiel mit einem Rotweinduell zwischen dem berühmten Priorat und der angrenzenden, noch zu entdeckenden Region Montsant. Dort bekommt man viel Wein zu fairen Preisen ins Glas, das beweist die perfekt trinkreife Cuvée Solpost 2010 von Celler Sant Rafel (7,50, der Priorat-Platzhirsch kostet 5 Euro mehr). Die Crema Catalana soll hier ausgezeichnet sein. Doch statt der Nachspeise kann man auch noch einen Wein probieren …
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