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Das späte Frühstück boomt in Berlin, neben den Klassikern (hier aus dem "Rocket & Basil"), gibt es viele Länderküchen, die den Brunch mit ihren Spezialitäten bestücken

© Rocket & Basil / promo

Die besten 2019 - Brunch: Frittagessen

Bis spät in den Nachmittag hinein frühstücken? In Berlin kann man sich sogar einmal um die Welt brunchen - unsere Empfehlungen

Von Kai Röger

Man muss sich den englischen Hochadel des 19. Jahrhunderts als ausgesprochen sorglose Community vorstellen. Seiner politischen Verantwortung weitgehend beraubt, wirtschaftlich durch Ländereien versorgt, schien ihn allein die Frage umzutreiben: Was esse ich als Nächstes? So unterscheidet das 1887 veröffentlichte „Breakfasts, Luncheons and Ball Suppers“ allein vier Arten des Frühstücks. Damit aber nicht genug, erfanden die vom Leben Gelangweilten für ihre Jagdgesellschaften eine weitere Form – zumindest findet sich die erste Erwähnung des Wortes „Brunch“ in der 1895 erschienenen Ausgabe von „Hunter’s Weekly“. Die historische Innovation der Hochwohlgeborenen war, dass sie das in den Tag mäandernde Frühstück mit einer Cocktailparty vermählten: keine Termine und leicht einen sitzen – was passt da besser als ein „Full English“?

Von deftig gehaltvoll bis gesund und vegan

Dieser urenglischen Tradition folgt heute die monatlich aufpoppende Brunchreihe „Monthly Fry Ups“ im „Geist im Glas“ in Neukölln. Dort gibt es das traditionelle „Full English Fry up“ mit karamellisiertem Bacon und Würstchen von „The Sausage Man Never Sleeps“, dazu Eier, sautierte Pilze, gebackene Bohnen und Black Pudding. Gäste von Stand bestellen dazu Pitcher gefüllt mit Bloody Mary, Mimosa oder Pimms. In den 1930er Jahren eroberte das Spätstücken die USA, zuerst als All-you-can-eat-Buffet der großen Hotels, später in den Szenecafés der Westküste mit einem Twist aus Tex-Mex und französischer Küche. In dieser Tradition steht die Pop-up-Reihe „California Breakfast Slam“, die immer am Wochenende ab 11 Uhr die Küche des Neuköllner „Prachtwerk“ unter dem Motto „The Last Morning on Earth“ übernimmt und Gehaltvolles von Pancakes bis Eggs Benedict serviert. Ziemlich ähnlich entwickelte sich die australische Frühstückskultur, wie man sie in „Allan’s Breakfast Club“ in Prenzlauer Berg erleben kann. Der Laden platzt am Wochenende aus allen Nähten, aber Allan bewahrt stoisch gute Laune und serviert üppige Spezialitäten vom käsetriefenden Sandwich Tuna Melt bis zur Pulled Pork Waffle.

Brunch in Berlin ist Vielfalt pur, selbst Veganer schlafen manchmal länger und treffen sich am Wochenende an der „Vitalstation“ des „Kopps“ bei veganem Rührei, Früchten und Müsli. Und die Deutsche Küche? Nun ja, im Käfers Dachgartenrestaurant isst man Strammen Max mit Blick auf den Reichstag. GEIST IM GLAS Lenaustr. 27, Neukölln PRACHTWERK Ganghoferstr. 2, Neukölln ALLAN’S BREAKFAST CLUB Rykestr. 13, Prenzlauer Berg KOPPS Linienstr. 94, Mitte KÄFERS DACHGARTENRESTAURANT Platz der Republik 1, Tiergarten

Noch mehr gute Adressen für internationalen Brunch

La Banca -italienisch
Mama Mia! Dieser italienische Brunch im schicken „La Banca“ im sehr schicken Hotel de Rome hat es in sich. Erstmal gelingt ihm die Ehrenrettung des Buffets: Hier türmen sich Caponata, Vitello tonnato, Involtini mit Schwertfisch, Bresaola mit Feigen, Pulposalat, Austern und viele andere kleine, feine und immer frisch aufgetragene Speisen. An den Kochstationen gibt's frische Pasta und Risotto. Und beim Nachtisch locken Profiterole, Pannacotta, Canelloni Siciliani. Noch mehr Dolce Vita kommt aus der Küche, von wo aus Davide Mazzarella obendrein noch ein paar warme Gerichte schickt. Zu alle dem zupft Orazi di Gaudo italienische Lieder auf der Gitarre und singt mit sanfter Stimme dazu. Los geht's um 12.30 Uhr. 59 Euro pro Person. Was zu feiern? Für 25 Euro gibt es die Prosecco-Flatrate
Mitte, Behrenstraße 37

Fleischlos, abwechslungsreich und gesund: der vegane Brunch im "Kopps"
Fleischlos, abwechslungsreich und gesund: der vegane Brunch im "Kopps"

© Kopps/ promo

Nauta - peruanisch
Einen schweren Kopf von der Nacht zuvor? Jeden Samstag und Sonntag ab 11 Uhr wird hier ein uraltes Wundermittel serviert: Lecce de Tigre. Sie besteht aus Fischeiweiß, Limettensaft und Chilipaste, ist fester Bestandteil des peruanischen Nationalgerichtes Ceviche, das es hier in sehr guter Zubereitung schon morgens in verschiedenen Varianten à la carte zu bestellen gibt. Sehr gut die klassische Version mit Wolfsbarsch, Mais und Süßkartoffel in diversen Texturen. Küchenchef Diego Velasquez Jimenez interpretiert alles ein bisschen moderner und schicker, was sich auch preislich niederschlägt. Sehr gut auch sein Lachs-Ceviche mit Wakame und Edamame im leichten Nikkei-Stil der japanischen Einwanderer Perus. Beim Brunch dürfen natürlich Eggs Benedict nicht fehlen, hier werden sie auf gegrilltem Sauerteigbrot mit Avocado und schwarzem Sesam serviert. Und Pancakes kommen mit Früchten und Lucuma Manjar Blanco, Milchkaramell mit der peruanischen Steinfrucht Lucuma.
Prenzlauer Berg, Kastanienallee 49

Feinste italienische Spezialitäten bilden erst der Auftakt beim italienischen Brunch im "La Banca"
Feinste italienische Spezialitäten bilden erst der Auftakt beim italienischen Brunch im "La Banca"

© La Banca / promo

Ya Me Num Nums - südostasiatisch
My Linh Phan und Ihre Schwester My lieben es, ihr Frühstück in den Tag hinein zu verlängern. Ende 2018 eröffneten sie in Neukölln ein Café, das asiatische Kochtradition mit zeitgenössischen Frühstücksklassikern vermischt: Amerikanischer Cheescake wird mit japanischem Matcha oder indischem Chai gekreuzt, auf der Karte stehen israelische Shakshuka einträchtig neben thailändischem Eier-Omelett, Crêpes gibt es in der japanischen Variante Okonomiyaki oder als vietnamesisches Banh Xeo. Nichts verbindet die Kulturen aber so charmant, wie ihr French Toast: Brioche gefüllt mit Bacon und koreanischem Kimchi, dazu gibt es Spiegelei und, apart, einen Ingwer-Sirup, optional dazu Tempura-Garnelen Laotische Wurst von „The sausage man“. Das alles in heller, freundlicher Atmosphäre und mit viel Liebe serviert.
Neukölln, Flughafenstraße 46

Sehr gutes Ceviche beim peruanischen Brunch im "Nauta"
Sehr gutes Ceviche beim peruanischen Brunch im "Nauta"

© Kai Röger

La Lucha - mexikanisch
Erstaunlich, was Mexikaner alles so frühstücken: etwa vier in Salsa Verde gebackene Eier mit Bohnen in Schweinefett, Bratkartoffeln, Salsa und Sourcream (24,90 Euro). Oder ein Steak und eine ganze Dorade mit hausgemachten Pommes. (37,50 Euro). Auch für den etwas kleineren Hunger haben sie beim „Dirty Delicious Brunch“ im „La Lucha“ was Passendes im Programm, etwa Tacos mit Entenconfit, Tigergarnelen oder Pilzen. Lieber Pepitos? Das sind gegrillte Sandwiches, wie sie in Mexico City gern gegessen werden, mit Steak und Käse oder mit Garnelen und Chipotle-Mayo oder mit Babyzucchini und Zuckermais. Mezcal, Margarita und Mimosa geben dem Brunch die gewünschte Drehzahl, Banana Split oder Churros aus Süßkartoffeln mit Chili-Schokolade ein Caramba zum Abschluss. Und weil's so schön ist, kann man den Brunch sonntags bis 21.30 Uhr rauszögern.
Kreuzberg, Paul-Lincke-Ufer 39 / 41

Südostasiatischer Frühstücks-Twist im "Ya Me Num Nums"
Südostasiatischer Frühstücks-Twist im "Ya Me Num Nums"

© Fuat Arslan/ promo

Duke - amerikanisch
Längst eine feste Institution im alten Westen: der sonntägliche Jazzbrunch im Restaurant des Hotel Ellington. Ab zwölf Uhr mittags genießt man hier drei Stunden lang zu allerfeinster Live-Musik. Der Brunch ist inzwischen so bekannt und beliebt, dass man mindestens einen Monat im Voraus reservieren sollte, um einen Platz zu bekommen. Verantwortlich für die wechselnden regionalen und saisonalen Spezialitäten ist Küchenchef Florian Glauert, der nicht nur in seinem Restaurant, sondern auch beim Brunch auf Hochwertigkeit achtet. Neben der großen Auswahl am permanent frisch aufgefüllten Buffet werden Eierspezialitäten live zubereitet, Serranoschinken von der Berkel-Maschine geschnippelt und exotische Früchte in den Schokoladenbrunnen getunkt. Viele Speisen werden auch flying serviert. Dazu gibt es jede Menge Cremant. Die 55 Euro pro Person für das jazzige Frühstücksvergnügen sind also bestens investiert.
Schöneberg, Nürnberger Straße 50-55

Rocket & Basil - persisch
In Australien entdeckten die beiden Schwestern Sophie und Xenia von Oswald, dass Brunch eine gesellige bis tagesfüllende Angelegenheit ist, und über ihre persische Mutter die Aromenwelt des Mittleren Ostens. In ihrem Café verbinden sie nun beides. Hier kann man mit Omelette mit geräucherter Aubergine, Kurkuma und Sumach oder einem Safran-Blumenkohlsandwich durch das ­Wochenende schlemmen. Das Clubsandwich mit französischer Andouille-Wurst und persischen Pickels empfehlen die Schwestern als Kater-Killer.
Tiergarten, Lützowstraße 22

House of Small Wonder - panasiatisch
Hier kann man wahlweise ab 9 Uhr morgens mittagessen oder bis 16.30 Uhr frühstücken. Und das wollen ziemlich viele: Das japanisch inspirierte „House of Small Wonder“ ist berühmt für kreativ abgewandelte Frühstücksklassiker wie French Toast aus zwei Croissants und Eggs Benedict mit Joghurt-Brioche und Wasabi-Hollandaise oder originelle Fusion-Gerichte wie Okinawan Taco Reis mit Hackfleisch, Avocado, Spinat und Spiegelei oder Mentaiko Spaghetti. Unentschlossene bestellen für 22 Euro vier Gerichte plus Heißgetränk und Orangensaft. Das Restaurant ist aber auch berüchtigt für die ewig langen Schlangen, die sich hier vormittags vor dem Eingang bilden. Denn reservieren kann man nicht.
Mitte, Johannisstraße 20

Cookies & Co - russisch
Mira Koretsky hat bereits als Konditorin im „Kanaan“ gezeigt, dass sie nicht nur ausgefallen sondern auch sehr gut backen kann. Mit ihrem Partner Orik Idron hat sie ein kleines Café eröffnet, in dem sie unglaublich gehaltvolle Kekse, aber auch köstliche Brioche, mal klassisch, mal mit Kakao und Balsamico servieren. Immer sonntags aber laden die beiden zum „Great russian Brunch“, der es in sich hat: Pelmeni, Piroggen und russische Würste, selbstgebackenes Brot und Gebäck, selbsteingelegtes Gemüse, hausgebeizter Lachs und selbstgemachtes Müsli, alles mit individuellem Dreh und in verschiedenen Zusammenstellungen zu fairen Preisen am Tisch serviert und nicht am Buffet abgestellt. Optional dazu noch ein Löffel Kaviar? Oder eine Bloody Mary? Vorher reservieren hilft; es gibt wenig Plätze, dafür ist es hier sehr familiär.
Prenzlauer Berg, Senefelderstraße 4

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