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Noch ist Botswana ein sicherer Hafen. Doch das könnte sich für Elefantenfamilien, wie diese im Okavango-Delta im nördlichen Botswana, bald ändern.

© Antje Waldschmidt

Botswana: Elefanten-Eldorado in Gefahr

Während der weltweite Bestand des afrikanischen Elefanten rückläufig ist, schützt Botswana seine Dickhäuter. Das könnte sich bald ändern.

Ein riesiger Elefantenbulle baut sich vor dem Auto auf. Der Fahrer legt eine Vollbremsung hin. Ausweichen geht nicht auf der Fernstraße A33, im nördlichen Botswana. Der Koloss breitet die Ohren aus, schüttelt energisch den Kopf und schwingt den Rüssel hin und her. Er wirkt bedrohlich. Was macht man in solch einer Situation? „Abwarten“, sagt der Fahrer aus der Hauptstadt Gaborone. Wegen der vielen Elefanten passiere es schon mal, dass man auf einen Dickhäuter warten müsse. Es sind genau solcherart Begegnungen wie diese aus dem vergangenen Sommer, die Botswana zu etwas Besonderem machen.

Während der Abschuss von Elefanten in vielen afrikanischen Ländern für die Trophäenjagd gestattet ist, sind in Botswana sowohl das Culling – der Abschuss ganzer Familien – als auch die Jagd verboten. Das Land hat diese Entscheidung 2014 getroffen, „weil ein naturverträglicher Safari-Tourismus einträglicher ist und um ein Vielfaches mehr Arbeitsplätze schafft als die Jagd“, sagt Daniela Freyer von der Tier- und Naturschutzorganisation Pro Wildlife.

"Der einzige Weg ist der Abschuss"

Doch einem aktuellen BBC-Bericht zufolge könnten Elefanten künftig wieder zum Zweck der Bestandskontrolle geschossen werden. Das Parlament in dem südafrikanischen Staat muss nun darüber befinden. Es gebe zu viele Elefanten in Botswana, erklärte der Abgeordnete Kosta Markus, der den entsprechenden Antrag ins Parlament einbrachte. „Der einzige Weg, damit umzugehen, ist der Abschuss.“

Keine guten Nachrichten für die Dickhäuter, denn der globale Bestand an Elefanten sinkt rapide. Seine Zahl hat sich zwischen 2006 und 2015 in Afrika um fast 111 000 Tiere verringert. Der Weltnaturschutzunion IUCN zufolge gibt es auf dem Kontinent nur noch etwa 415 000 Elefanten, die Mehrzahl davon im südlichen Teil. Schuld daran ist vor allem die Wilderei für den weltweiten illegalen Elfenbeinhandel. Etwa 20 000 Tiere werden dafür jedes Jahr getötet, schätzt Pro Wildlife. Der kommerzielle Handel von Elfenbein ist zwar seit 1989 international verboten, die Zahl der Tiere sinkt dennoch Jahr für Jahr: Der Elfenbeinhandel ist eine Multimilliarden- Dollar-Industrie. Die Nachfrage kommt vor allem aus China, dem weltweit wichtigsten Absatzmarkt für Elfenbein. Traditionelle chinesische Medizin und die Elfenbeinschnitzerei stellen dort eine jahrtausendealte Tradition dar und gelten für manch einen noch immer als nationales Kulturerbe. Die Lage hatte sich zugespitzt, seit immer mehr Chinesen in Afrika Geschäfte machen.

Auch Deutschland trägt Verantwortung

Hoffnung bringt hingegen die diesjährige Entscheidung der chinesischen Regierung, die den Handel mit Elfenbein verboten hat. Das ändert aber nichts am Konsumverhalten vieler Chinesen, ebenso wenig wie am lukrativen Geschäft für die Wildtiermafia. Sie verschieben den illegalen Handel nun auf den Schwarzmarkt oder in andere asiatische Länder. Auch Deutschland und die EU sind wichtige politischer Player, die weiter am Elfenbeinhandel (mit Elfenbein, das angeblich vor dem Jahr 1990 erworben wurde) festhalten – und damit internationale Beschlüsse zur Schließung aller Elfenbeinmärkte unterminieren. Ein Lichtblick sei jedoch das gerade im britischen Unterhaus beschlossene komplette Elfenbeinverbot im Land und das Handelsverbot des EU-Staates Luxemburg, sagt Daniela Freyer von Pro Wildlife.

Wildtierschützer gehen davon aus, dass allein in Botswana noch rund 130 000 Elefanten leben. Das wäre die größte lebende Population in einem Land. Schätzungen des Abgeordneten Kosta Markus dagegen, der den Wahlkreis Maun im Nordwesten vertritt, gehen davon aus, dass es in Botswana bereits etwa 250 000 Tiere gibt. Platz sei allerdings nur für 60 000 Exemplare. Sie würden zunehmend dort auftauchen, wo auch Menschen siedelten. Bauern beschwerten sich über Schäden durch Elefanten. Auch diese Begegnungen zwischen Mensch und Tier gehören zur Realität Botswanas. Und sie sind einer der Gründe dafür, dass Kosta Markus das seit vier Jahren existierende Verbot des Cullings und der Jagd nun aufheben lassen will. Der Abgeordnete sagte der BBC zufolge, die Tiere zu schießen und zu jagen sei Teil ihres Erhalts. Er möchte damit die Existenz der Menschen seiner Gemeinde sichern. Die könnte nämlich Abschussquoten vermarkten und so Geld verdienen. Die Regierung unter dem seit April 2018 amtierenden Präsidenten Mokgweetsi Masisi hat seit Juni öffentliche Anhörungen zu dem Thema angesetzt und Wildtierforscher zugezogen. Eine Entscheidung steht noch aus.

In Kenia, Tansania und Mosambik gibt es Wilderer

Daniela Freyer sieht die mögliche Aufhebung des Jagdverbots dagegen kritisch. Nach dem diesjährigen Regierungswechsel versuche die Jagdlobby in Botswana das Verbot rückgängig zu machen. Es gehe dabei jedoch mehr um finanzielle Interessen der Jagdbefürworter als um Bestandskontrollen, so Freyer. „Zwar hat Botswana weltweit den größten Elefantenbestand, aber auch dieser ist insgesamt rückläufig.“ Weltweit fürchten Elefantenschützer um den Fortbestand der Art, die in Kenia, Tansania und Mosambik durch Wilderer bereits dezimiert wurde.

Und dass das Geschäft des illegalen Elfenbeinhandels floriert, zeigt auch die Meldung der Organisation „Elephants Without Borders“ im September dieses Jahres. Derzufolge wurden auch in Botswana 87 durch Wilderei getötete Elefanten entdeckt. Die botswanische Regierung hat dieser Darstellung allerdings widersprochen und die Zahl der toten Tiere mit 53 angegeben. Als Todesursache nennt sie in diesen Fällen Konflikte zwischen Menschen und Elefanten.

20 Minuten dauert es auf der Fernstraße A33, bis sich der Dickhäuter beruhigt hat und die Straße zur Weiterfahrt freigibt. 20 einzigartige Minuten so nahe an einem riesigen Elefantenbullen, die davon zeugen, dass in Botswana derzeit auch die Elefanten noch das Sagen haben.

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