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Pionier der queeren Bewegung: Bernd Gaiser.

© Mike Wolff

Bernd Gaiser im Porträt: Der Mann, der den Berliner CSD miterfand

Vor 40 Jahren gründete Bernd Gaiser mit anderen Homosexuellen den Berliner Christopher Street Day. Der Kampf, sagt er, ist noch nicht vorbei.

Es ist ein feuchtklammer Tag im Herbst. Regen und Wind peitschen in sein Gesicht. Bernd Gaiser, 20 Jahre alt, steht am Grab seines Kameraden, dessen einziger „Fehler“ darin bestanden hatte, andere Männer zu lieben. Es tut weh. Gaiser ist wütend. Vor allem aber quält ihn die Frage: Hätte er ihn retten können?

Auch Bernd Gaiser liebt die Männer, damals schon, aber im Verborgenen. Es ist 1965 und Gaiser bei der Marine. Wenige Wochen zuvor hatte er gerade Schreibstubendienst, als eine Akte mit dem Namen seines Freundes auf dem Tisch landete: Verstoß gegen Paragraph 175. „Unzucht unter Männern.“ Der Wachhabende der Kompanie hatte den jungen Mann mit einem anderen in der Koje erwischt. Unehrenhafte Entlassung, es drohte die Anklage. Aber jetzt, in diesem einen kurzen Moment, hatte Gaiser die Möglichkeit, die Disziplinarakte aus dem Postausgangskorb verschwinden zu lassen.

„Ich hätte es tun sollen“, sagt er rückblickend. Damals traute er sich nicht. Und dann, wenige Wochen später, kam die Nachricht, dass sein Freund sich umgebracht hatte. Erschossen mit der Pistole auf dem Dachboden seiner Eltern.

Bei der Beerdigung an jenem verregneten Herbsttag in einer Kleinstadt in der Nähe von Heidelberg spürt Gaiser: Er kann nicht mehr. Will „nicht alles beim Alten lassen. Sich nicht mehr verstecken.“ Die Erkenntnis kommt mit dem Schmerz: Das Private ist politisch und das Politische privat. Und damit geht es los.

"Mach dein Schwulsein öffentlich!"

Heute, im Jahr 2018, ist Bernd Gaiser einer, den man kennt. Mindestens in der Szene. Und wenn nicht seinen Namen, dann zumindest das, was er gemeinsam mit anderen geschaffen hat: den Berliner Christopher Street Day. Er war vor 40 Jahren Mitbegründer der Parade, an der mittlerweile Jahr für Jahr mehr als eine halbe Million Menschen teilnehmen.

Er erzählt gern davon, wie das war, als sein Freund Andreas Pareik ganz aufgeregt von einer New-York-Reise zurückkam und verkündete: „Dieses Jahr ist zehnter Jahrestag des Stonewall-Aufstands! Die wollen da eine Riesendemo machen, das brauchen wir auch in Berlin!“ In Stonewall hatten sich am 28. Juni 1969 zum ersten Mal Homosexuelle einer Polizei-Razzia in einer Schwulenbar widersetzt: dem „Stonewall Inn“ in der Christopher Street in New York. Das Ereignis gilt als Beginn der Schwulenbewegung.

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Gaiser und seine Freunde meldeten eine Demo an, setzten sich mit einer kleinen Gruppe zusammen, um ein Flugblatt zu verfassen. Verteilten es wochenlang in der Berliner Subkultur, Bars und Kneipen. Bastelten gemeinsam Plakate im ersten West-Berliner Schwulenclub „SchwuZ“. „Schwul ist cool.“ Gaiser erinnert sich gut daran, wie sie sich dann, alle etwas aufgeregt und hibbelig, am letzten Samstag im Juni um zwölf Uhr am Savignyplatz trafen, um mit den Transparenten, Megafonen und Pritschenwagen über den Ku’damm in Richtung Halensee zu ziehen.

Ihre Forderungen richteten sich damals, neben der ersatzlosen Streichung des Paragraphen 175, stark ans eigene Klientel. „Mach dein Schwulsein öffentlich!“ „Lesben erhebt euch und die Welt erlebt euch!“ 450 Teilnehmer waren gekommen. Als der Regen dazu kam, tanzten sie durch die Pfützen. Befreiend sei das gewesen, sagt Bernd Gaiser. „Es war für mich wichtig, mich als schwulen Mann zu zeigen.“ Die Gesellschaft sei inzwischen etwas liberaler gewesen. Aber sie selbst, sagt er heute, „die Schwulen waren damals noch nicht sichtbar genug“.

Pfingsten 1973: die erste Homosexuellendemo in Berlin

Im Schwulen Museum, das in Berlin-Mitte von einem Verein getragen wird, sind Erinnerungen an den ersten CSD archiviert. In vier großen Kisten liegen sie im Keller. Das Anmeldeformular der Demo mit dem Stempel der Berliner Polizei, Zeitungsberichte „Der Spaß sprang über den Bürgersteig“, Fotos. Oben, im Ausstellungsraum, hängt auch ein Bild von Bernd Gaiser. Es zeigt ihn mit Schal und Stirnband, mit vollem Haar, weißer Tunika, einer Damenhandtasche. Und mit seinen Freunden. Eine schwarz-weiße Erinnerung an einen bunten Tag. „Wir waren hungrig nach dem Leben“, sagt Bernd Gaiser. „Wir haben damals über viele Dinge nachgedacht, aber nicht übers Älterwerden.“

Inzwischen ist er 73 Jahre alt, zierlicher, das Haar schütter, er trägt Brille, und wenn er durch sie hindurch diese Aufnahme von einst betrachtet, legt sich ein sanftes Lächeln auf seine Lippen.

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Gaiser war dabei, als die erste homosexuelle Organisation „Homosexuelle Aktion Westberlin“, kurz HAW, gegründet wurde, 1971. Lief 1973 mit bei der ersten Schwulendemo in Berlin überhaupt, zu Pfingsten. Damals, der CSD war noch nicht geboren, noch mit Teilnehmern, die Ku-Klux-Klan-artige Masken trugen, um nicht erkannt zu werden. Und mit Menschen, die ihnen vom Straßenrand her zuriefen: „Leider hat man euch Schwule nicht alle vergast.“

1977 feierte er die Eröffnung des „SchwuZ“. Eine Party, mit Bier, Musik. Schließlich: Aidskrise, Mauerfall und Aufschwung des CSD zur Massenveranstaltung bei zunehmenden politischem Bewusstsein. Gründung des Schwulen Museums 1985. Streichung der Homosexualität aus der Liste der Krankheiten durch die Weltgesundheitsorganisation 1990. Abschaffung des Paragraphen 175 im Jahr 1994. 2018: Ehe für alle.

Sein Blog: "Schwule erfinden das Glück"

40 Jahre nach der Gründung des CSD lebt Gaiser in einem Mehrgenerationen-Wohnprojekt, in dem hauptsächlich Schwule wohnen. „Lebensort Vielfalt.“ Gaiser hat auch diese Einrichtung mitgegründet. Sein Platz ist ganz oben, am Ende des Flures in der fünften Etage. Hier hat er eine 48 Quadratmeter große Maisonettewohnung, ein helles, schlichtes Wohnzimmer mit Küchenzeile. Eine kleine Treppe führt auf eine Zwischenebene, den Schlafbereich. Vor dem großen Fenster liegt ein schmaler, mit Blumen bepflanzter Balkon. Hohe Bücherregale und überall Fotografien: sehr viele nackte Männer.

Sie sind Ausdruck seiner Identität – und Erinnerungen an Herzensmenschen. Zu jedem Autoren und zu jedem Bild, Model oder Fotografen hat Gaiser eine Geschichte. Eine Bedeutung parat, für „die Szene“ und für ihn persönlich. Da ist das Foto von Jürgen Baldiga, einem muskulösen jungen Mann, der unter seinem offenen Mantel nichts trägt als eine Krawatte und sich mit der linken Hand in den Schritt fasst. Er war selbst Fotograf, Chronist der Schwulenbewegung, wie Bernd Gaiser sagt. Er war sein Geliebter und verließ ihn 1993 für immer. Starb an den Folgen von Aids.

Im Internet schreibt Gaiser Geschichten, aus seinem Leben und fiktive. „Schwule erfinden das Glück“, heißt der Blog. „Wenn man sein Schwulsein öffentlich macht, kommt das dem, wie ich mir Glück vorstelle, sehr nahe“, sagt Gaiser. Politisches Bewusstsein und soziale Kontakte, das seien die wichtigen Variablen.

Ob er glücklich ist?

Kurz überlegen.

Ja.

Mut war die wichtigste Eigenschaft

Er spricht sehr leise, bedacht, wenn er von der Vergangenheit, von sich und dem Erlebten redet. Mut, sagt er immer wieder, sei in seinem jungen Leben die wichtigste Eigenschaft gewesen. Das, was sie damals gebraucht hätten. „Wir hatten keine Vorbilder. Wir mussten uns das erarbeiten und selbst zu welchen werden.“ Sein Glück, sagt er, sei gewesen, dass er sich in Berlin unter Mutigen wiederfand.

Es war ihrer aller Sehnsuchtsort: West-Berlin. Um sich zu finden, musste Gaiser hierher kommen, nach seinem Wehrdienst. Ein Kamerad hatte ihm von diesem „Eldorado“ erzählt. 40 Kneipen allein für Schwule, das hatte er gesagt. In Neckarhausen, dem 3000-Einwohner-Dorf, in dem Bernd Gaiser aufgewachsen war, war für seine Liebe und sein Leben kein Platz. Nicht in den heimischen vier Wänden mit der streng katholischen Mutter, die ihm als Kind ihre Schminke, Puder, Lidschatten und Lippenstift weggenommen und ihm den Kontakt zu einem Jungen, den er liebte, verboten hatte. Die daran gescheitert war, ihn zur Priesterweihe zu überreden und die schließlich immer fluchtartig den Raum verließ, wenn ihr Sohn mal wieder zu Besuch war und seine Geschwister ihn über sein Leben in Berlin ausfragten. Nicht in dem Dorf, in dem das Leben vor allem aus der Arbeit auf dem Bauernhof und dem sonntäglichen Gang in den Gottesdienst bestand.

Die Community war klein, man kannte sich

Berlin war dagegen wunderbar. War bunt. Glitzer.

Bernd Gaiser musste nicht mehr aufpassen, wem er etwas erzählte und was er wo tat. Er konnte sein, wer er war, mit Männern ausgehen, tanzen. Und wenn nicht alles Friede, Freude war, waren da zumindest Leute, mit denen er das teilen konnte, die bereit waren das auszuhalten. Die Community war klein. Man kannte sich.

Es gab die braveren und die linkeren, radikaleren Schwulen, erzählt er. Er selbst war als einer der Tunten irgendwo dazwischen. Wenn er ausging, liebte er es, sich die Lippen anzumalen, sich aufzuhübschen und seine weibliche Seite auszuleben. Exaltiert, fabulös. Vor allem am Abend. Einmal aber, da kam er auch im Kleid zur Arbeit. Ein schwarzer langer Fummel, glamourös und mondän. Einfach nur, um es den anderen zu zeigen. Er arbeitete in einer Buchhandlung und die Kollegen hatten gesagt, er sehe gar nicht aus „wie ein Schwuler“. Da musste er es sich und ihnen beweisen. Die Kollegen seien etwas eingeschüchtert gewesen, sagt er, blickten ihn mit großen Augen, aber keinesfalls abwertend an. Er selbst war vor allem stolz.

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Biographisches Erinnerungstheater. Gemeinsam mit vier anderen steht Gaiser Anfang Juli in Schöneberg im sogenannten „Leeren Raum“, einem kleinen, tatsächlich relativ leeren Raum, der einem Künstlerkollektiv gehört, auf der Bühne. „(AUF)BEGEHREN“ haben sie das Projekt genannt, das die Homosexuellenbewegung der vergangenen 50 Jahre anhand der ganz eigenen Lebens- und Liebesgeschichten von lesbischen und schwulen Menschen im Alter von über 50 erzählen soll. Warum stehen wir, wo wir stehen? Wer hat für uns gekämpft? Gaiser spielt sich selbst, erzählt von seinem Kameraden, der sich umgebracht hat, vom ersten CSD, von seiner Familie. Er setzt sich eine Perücke auf, posiert auf der hölzernen Bühne, die von weißen Vorhängen eingerahmt ist. Freddy Mercury singt.

I want to break free.

In der nächsten Szene trägt Gaiser ein kleines, pelzbesetztes Bolero-Jäckchen und erzählt von Jürgen Baldiga, dem Mann, dessen Bild noch heute in seinem Zimmer hängt. „Mit Anfang 20 ist er zehn Jahre jünger als ich. Was kein Hindernis ist, die Nacht gemeinsam zum Tag zu machen. Rettungslos verliebt. Mit David Bowies ,Heroes’ im Ohr, als Helden für die Dauer von fünf Minuten oder einer Nacht.“ Gaiser schreitet über die Bühne. Elegant. Ladylike. Seine Bewegungen sind langsam. Das Lied tönt aus den Boxen. Wieder posiert er, die Hände in die Hüfte gestützt, das Bolerojäckchen über die Schulter gelegt, den Blick in die Ferne, wobei die Ferne hier nur etwa zehn Meter bis zum Ende des Raumes reicht.

Er soll zurückdenken, an das, was war, und für einen kurzen Moment wirkt es, als vergesse er dabei das Jetzt. Aber die Geschichte muss weitergehen – und enden. „Ein Selbstportrait von ihm ist 1994 beim Welt-Aids-Kongress auf allen Pariser Litfaßsäulen zu besichtigen. Es zeigt ihn im Endstadium seiner Aids-Erkrankung“, fährt Gaiser fort. „Am 4. Dezember 1993 hat sich Jürgen Baldiga für immer verabschiedet. Im Alter von 34 Jahren.“

Im Herzen ist Baldiga geblieben. Man sieht es.

Die Szene, das sind jetzt die Jüngeren

Die bunten und schrillen Kleider, die Gaiser einst trug, sind passé. Er habe andere Formen der Selbstdarstellung gefunden, sagt er. Heute ist auf seinem schwarzen T-Shirt eine Person umrandet von bunten Blumen abgebildet. „Born to be Wilde“, steht darauf geschrieben. Der berühmte Autor Oscar Wilde wurde wegen homosexueller Handlungen zu zwei Jahren Zuchthaus und Zwangsarbeit verurteilt.

Er gehe nicht mehr so viel aus, sagt Gaiser. Manchmal noch ins „SchwuZ“, aber immer seltener. Sowas wie die „Schlagernacktparty“ sei nichts mehr für ihn. Und die Szene, das seien jetzt die Jüngeren. Die seien viele und mit den Älteren hätten sie wenig zu tun.

Früher kannte jeder jeden, heute kennt jeder irgendwen, oft über Partys und Datingapps, aber niemand mehr alle. Wenn man jung ist, sagt Gaiser, sei es vor allem der sexuelle Trieb, der einen dazu bringe, auf Jagd zu gehen und viele Menschen zu treffen. Heute lerne er Leute in anderen Zusammenhängen kennen. Durch Wandergruppen etwa. Gaiser ist Single. Und auch wenn es doch schön wäre, jemanden an seiner Seite zu haben, sei das okay für ihn. Vielleicht kommt irgendwann noch mal wer, vielleicht auch nicht.

Und die Alten, die kennen noch immer einander. Halten zusammen. Mit acht Freunden hat sich Gaiser bereits ein Gemeinschaftsgrab ausgesucht. Sie wollen zusammenbleiben, bis zum Schluss.

Die Hälfte seiner Freunde aus den Anfangszeiten in Berlin lebt nicht mehr. Sie waren die Aids-Generation. Von denen, die einst beim CSD an vorderster Front waren, ist Gaiser der einzige, der noch da ist und auch in Erscheinung treten will. Er findet: Es braucht jemanden, der ihre Geschichte erzählt. Geduldsam und unermüdlich. Jedem, der danach fragt.

Zwischen Schlagermusik und Dildoking-Werbung

Während Bernd Gaiser ruhiger wurde, wurde der CSD zur Riesenveranstaltung. Lauter und schriller. Zwischen wummernden Bässen, schnulziger Schlagermusik und Werbung von Dildoking. Gaiser sieht das durchaus ein bisschen kritisch, aber es sei „nie langweilig, immer fröhlich und eine Veranstaltung für alle“. Und: Noch immer könne jeder das politische Statement einbringen, das ihm wichtig sei.

Bernd Gaiser nimmt verlässlich an der Parade teil, mittlerweile mit einer Rikschagruppe. Er selbst wünscht sich für die Community, dass die Spaltung in einzelne Gruppen und Strömungen weiter überwunden werde. Die jahrelange schwule Dominanz der Männer gegenüber den Lesben etwa, schimmere noch immer durch.

Im Rahmen des 40. CSD hat er deshalb die Patenschaft für die Forderung nach der Verwirklichung des Gemeinschafts-Projekts Elberskirchen-Hirschfeld-Haus übernommen. „Ein Haus der schwulen und lesbischen, der Trans*- und Interkultur, des Performativen aller, die ihre Welten öffentlich in der Mitte Berlins gewürdigt sehen wollen.“ Benannt nach der feministischen Sexualreformerin Johanna Elberskirchen und dem Mitbegründer der Homosexuellenbewegung Magnus Hirschfeld. Das ist die Vision. „Zur Förderung unserer gemeinsamen übereinstimmenden gesellschaftlichen Sichtbarkeit und zur Überwindung unserer spürbaren Spaltung.“

„Es ist wichtig, dass wir uns nicht ausruhen“, sagt Gaiser. „Dass wir nicht denken, dass alles erreicht ist.“ Transsexuelle etwa seien in den Augen zu vieler immer noch Menschen zweiter Klasse, Homosexualität nicht überall etwas Selbstverständliches. Beleidigungen, Schubser, Fausthiebe. 324 Angriffe und Beleidigungen gegen Schwule, aber auch gegen lesbische Frauen und Transsexuelle zählte das Anti-Gewalt-Projekt Maneo im vergangenen Jahr. Allein in Berlin. Bis zur völligen Gleichstellung aller, sagt Gaiser, sei es noch ein langer Weg.

Aber: Was aus dem CSD geworden sei, einer kleinen Idee unter Freunden, zeige doch, dass eine Einzelinitiative reiche, um etwas Großes zu schaffen. Jeder müsse nur irgendwann begreifen, worum es sich zu kämpfen lohne.

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