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Fear of missing out: Was rät der Buddhist, wenn Sie sich schlecht entscheiden können?

Dr. Om meditiert über die großen Fragen des Lebens. Diesmal: FOMO - die Angst, immer das Beste zu verpassen

Frage: Ich habe immer Angst, das bestmögliche Erlebnis zu verpassen. Wenn ich ausgehe, denke ich, ich hätte zu Hause ein Buch lesen sollen. Wenn ich ein Buch anfange, finde ich, dass ich lieber ein klügeres gelesen hätte. Oder eine Serie geschaut? Kurzum: Ich leide an FOMO, der „Fear of missing out“. Wie kann ich mit meinen Entscheidungen Frieden schließen?

Dr. Om ist Oren Hanner, 1979 in Jerusalem geboren. Er promovierte in Buddhismuskunde in Hamburg und lehrt heute an der Universität Berkeley. Schicken Sie Ihre Frage an om@tagesspiegel.de

Antwort: Es gibt zwei Möglichkeiten, glücklich zu sein. Eine davon ist das ständige Streben, seine Wünsche zu erfüllen. Das andere ist, die Zufriedenheit mit dem zu pflegen, was wir in jedem Moment haben.

Aber wir müssen uns entscheiden, welche Art von Glück wir verfolgen wollen - die Gewohnheit, nach sinnlichen Freuden zu jagen, stört unsere Zufriedenheit und umgekehrt.

Was passiert, wenn wir den ersten Ansatz wählen? Die englische buddhistische Nonne Tenzin Palmo (*1943) ist mit der Notlage von FOMO-Opfern wie Ihnen bestens vertraut.

Sie schreibt: "Ich mag Tiramisu sehr gerne. Einen schwammigen Kuchen mit Kaffee und viel Sahne, völlig verderbt, aber ich liebe es. Beim ersten Bissen bin ich ganz bei dem Tiramisu. Aber schon mit dem zweiten Bissen vergleiche ich es mit einem Tiramisu, das ich woanders hatte, das meine Vorstellung vom perfekten Tiramisu war und das ich verloren habe. Für den Rest des Desserts esse ich es nicht mehr wirklich. Es isst sich selbst. Ich bin schon woanders, bei den vergangenen herrlichen Tiramisus, die dieses hier hätte sein sollen, aber nicht ist."

Was bedeutet: Während du dich anstrengst, nicht das bestmögliche Erlebnis zu verpassen, verpasst du die einzige Gelegenheit, deine gegenwärtige Erfahrung zu genießen.

Darum schlägt der vietnamesische Zen-Meister Thich Nhat Hanh (*1936) vor, dass man die Dinge um ihrer selbst willen tut. Sein Beispiel: Anstatt abzuwaschen, um sauberes Geschirr zu bekommen, sollten Sie spülen, um das Geschirr zu spülen. Weil das Geschirr eben da ist. Dies ist der zweite Ansatz.

Ihr FOMO entsteht nicht durch Mehrfachentscheidungen, sondern durch die Qualität des Bewusstseins, mit dem Sie diese leben.

Um Frieden mit sich selbst zu schließen, müssen Sie nur eine einzige Wahl treffen: Zufriedenheit kultivieren! Ausgehen, um auszugehen; ein Buch lesen, um genau dieses Buch zu lesen; die Serie schauen, um diese Serie zu schauen. Und eben das Geschirr spülen, um das Geschirr zu spülen. Nur weil es da ist.

Oren Hanner

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