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Die längste Fischtheke der Stadt. Das Frischeparadies in Prenzlauer Berg bietet die ganz große Auswahl.

© Frischeparadies/promo

Essen auf Berliner Fischmärkten: Endstation Seesucht

Berlin liegt nicht direkt am Meer, aber die Wehmut darüber lässt lindern beim Besuch eines Fischmarkts – am besten mit angeschlossenem Bistro oder Restaurantbetrieb. Frischer begegnen sich Mensch und Fisch sonst nur beim Angeln.

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Solange Berlin noch auf einen Anschluss ans Meer wartet, so lange bleibt die direkteste Art, frischen Fisch serviert zu bekommen, einen Fischhändler zu besuchen, der ihn vor Ort zubereitet und zum Verzehr anbietet. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Ware wird nicht zwischengelagert, oft kann man sogar aus dem Angebot den Fisch wählen, den man zehn Minuten später gerne auf dem Teller hätte. Auch die Auswahl ist konkurrenzlos. Abstriche muss man – mal mehr, mal weniger – beim Ambiente machen, auch die Weinauswahl und der Service können in aller Regel nicht mit einem guten Restaurant mithalten. Bei der Zubereitung allerdings gilt: Einfach muss nicht schlechter sein. Und die Einlage der Fischsuppe, die zum Pflichtprogramm gehört wie die Bulette beim Fleischer, ist nicht zu toppen. Denn: Wer hat, der hat und kann aus dem Vollen schöpfen. Unsere fünf Empfehlungen für Fischgenuss direkt an der Frischetheke.

Frischeparadies: Bistro auf Gourmet-Niveau

Der Rolls-Royce unter Berlins Fischadressen: gefühlt die längste Auslage, aber sicher die mit der größten Auswahl an heimischen und internationalen Fischen und Krustentieren. Kein Wunder, dass man sowohl in der Ost- als auch der Westfiliale immer wieder bekannte Gesichter aus der Berliner Top-Gastronomie trifft. Die haben natürlich andere Preise. Aber auch für den Endkunden ist die Fischauswahl, gemessen an der beständig hohen Frische, sehr fair kalkuliert.

Berlins Top-Gastronomen gehören zum festen Kundenstamm im Frischeparadies, das zwei Filialen in Charlottenburg und Prenzlauer Berg betreibt.
Berlins Top-Gastronomen gehören zum festen Kundenstamm im Frischeparadies, das zwei Filialen in Charlottenburg und Prenzlauer Berg betreibt.

© Frischeparadies/promo

Mit dem „QSFP“-Label ausgezeichnete Ware garantiert, dass der Fang nicht länger als maximal 48 zurückliegt. Das Bistro folgt dem gehobenen Anspruch: Extra­frische Austern sind immer im Angebot, wechselnde Weine aus dem – ziemlich hoch kalkulierten – Sortiment im Ausschank. Dazu gibt es meist etwas Saisonales, aktuell natürlich Spargel. Empfehlenswert ist auch die ausgezeichnete Bouillabaisse, klassisch mit Sauce Rouille, und der edelste Fischgrillteller aller Fischvermarkter, der auch in Berliner Restaurants seinesgleichen sucht. Dazu Ausgewähltes in gehobener Inszenierung aus dem Frischeparadies-Sortiment, wie kürzlich Zander mit Hummer Bisque, Pak Choi und Bärlauch-Kartoffelpüree. Puh ..., denken sich da manche Wirte, gut, dass das Ambiente inmitten des Marktes nicht zum Candle-Light-Dinner taugt und das Bistro ohnehin nur über Mittag geöffnet ist.

Prenzlauer Berg, Hermann-Blankenstein-Str. 48,
Charlottenburg, Morsestr. 2, Öffnungszeiten (beide Filialen): Mo-Fr 8-20 Uhr, Sa 8-18 Uhr, Bistro: Mo-Sa 11.30-15.30 Uhr

Das Team vom Fischmarkt "Ever Fresh Sea Food" mit angeschlossenem Restaurant "Delphin" in Reinickendorf.
Das Team vom Fischmarkt "Ever Fresh Sea Food" mit angeschlossenem Restaurant "Delphin" in Reinickendorf.

© promo

Ever Fresh Sea Food/Restaurant "Delphin"

Von außen: ein reizloser Supermarkt an einer lauten Straße. Aber es sitzen Leute vor der Tür und drinnen im abgeteilten, gerade etwas liebevoller gestalteten Restaurant. Viele Leute! Die drüberheulenden Flugzeuge zerstören jede Bosporus-Romantik, die sonst eventuell aufkäme in diesem Betrieb, der ein solides mediterranes Angebot mit Frischgemüse, gutem Wein und vielen Olivenölen verbindet mit einer großen Fischtheke und eben dem Restaurant „Delphin“. Dort wird akkurat, aber ohne übertriebenen Feinsinn gegrillt und gebraten, dass die Gasflammen nur so hochschlagen. Einen ganzen Wolfsbarsch von einem Kilo, oft sogar als Angelware, gibt es für 30 Euro, eine kleine Dorade schon für 9,50 Euro, Beilagen eingeschlossen. Und wer in der Theke noch irgendein anderes Meerestier entdeckt, Rotbarben beispielsweise, der kann sich das auch nach Wunsch zubereiten lassen. Skurril – aber in seiner Art perfekt.

Reinickendorf, Scharnweberstr. 160, Mo-Sa 9-19, Sa 8.30-19 Uhr, Restaurant Mo-Do 11.30-22, Fr+Sa 11.30-23, So 13-22 Uhr

Bei Rogacki in Charlottenburg sich Gourmets und Normalhungrige in Markthalle-Atmosphäre
Bei Rogacki in Charlottenburg sich Gourmets und Normalhungrige in Markthalle-Atmosphäre

© Kai-Uwe Heinrich

Rogacki: Einer für alle

Weil es immer wieder vermurkst oder ironisiert wird: Man spricht das Ro-gatz-ki. 1928 eröffnet als Aal- und Fischräucherei, heute in dritter Generation von Dietmar Rogacki geführt und – wie allgemein bekannt in der halben Welt – viel mehr als ein Fischladen. 70 Sorten Fisch und Meeresfrüchte sind generell verfügbar, aber auch das Angebot von Fleisch, Wild und Geflügel wird mit hohen Ansprüchen zusammengestellt und macht begreiflich, weshalb viele eingeborene West-Berliner eigentlich nur das KaDeWe als Konkurrenz anerkennen. Doch hier geht es nahbarer und bodenständiger zu, weil das große Imbissangebot schon bei 5,50 Euro für den täglich wechselnden Eintopf beginnt – aber selbstredend auch das Verspeisen eines ganzen Hummers vorsieht, der traditionell erst nach Bestellung vom Leben zum Tod gebracht wird. Fisch und Meeresfrüchte spielen beim gesonderten italienischen Angebot mit Pasta und Antipasti eine große Rolle. Gourmets und Normalhungrige kommen hier leicht ins Gespräch, das ist typisch für die an eine Markthalle erinnernde Atmosphäre. Aber auch der Partyservice für zu Hause wird sehr geschätzt.

Charlottenburg, Wilmersdorfer Str. 145, Mo-Mi 9-18, Do 9-19, Fr 8-19, Sa 8-16 Uhr

Große Auswahl, bodenständig bei Ambiente und Zubereitung ebenso wie bei den Preisen: der 1. Berliner Fischmarkt in Heinersdorf.
Große Auswahl, bodenständig bei Ambiente und Zubereitung ebenso wie bei den Preisen: der 1. Berliner Fischmarkt in Heinersdorf.

© Kai-Uwe Heinrich

1. Berliner Fischmarkt: Beste Fischbrötchen für dem Ostseetrip

Aus Pankow raus auf der B 109 Richtung Küste biegt man direkt vor „KFC“ rechts ab und erreicht nur eine Teichlänge später die Halle mit vorgelagerter „Fischbratküche“. Das Gebäude birgt eine raumlange Frischetheke, in der allerlei mediterrane wie auch Fische aus regionalem Fang und hiesiger Zucht auf Eis liegen. Das Angebot ist groß, die Beratung bodenständig, aber grundehrlich, es lohnt sich, nach dem frischesten Fang zu fragen. Bodenständig auch das Angebot in der Fischbratküche: Fast das gesamte Sortiment wird hier gebraten und zum Teil in Backteig – wahlweise mit Salzkartoffeln, Bratkartoffeln oder hausgemachtem Kartoffelsalat zu fairen Preisen angeboten. Immer gut: die klassische klare Fischsuppe mit Dill und reichlich Fischeinlage. Warum sich der Abstecher vor dem Ostseetrip aber immer lohnt: Die verschiedenen Sorten Fischbrötchen gibt es zum Mitnehmen, und sie schmecken mindestens so gut wie an der Küste.

Heinersdorf, Rothenbachstraße 48-50, Mo-Fr 8-18.30, Sa 8-13.30 Uhr

Kleine Theke, feine Auswahl. Der Fischladen in Prenzlauer Berg.
Kleine Theke, feine Auswahl. Der Fischladen in Prenzlauer Berg.

© Kai-Uwe Heinrich

Der Fischladen - very british

Das Frischfischangebot passt in eine kleine Vitrine: Lachs, Thunfisch, Heilbutt … das Übliche. Etwas mehr Platz benötigt die Auslage mit Matjes- und anderen Heringsspezialitäten, wobei vor allem die hausgemachten Salate auffallen, allen voran eine ausgezeichnete Frutti di Mare.

Das alles gibt es zum Mitnehmen, teilweise in Form von frisch belegten Fischbrötchen oder zum Sofortverzehr im Bistro. Letzteres bietet Hochtische und Hocker, dazu eine überraschend ausgefeilte Fischkarte, bei der verschiedene Variationen von Fish & Chips im kulinarischen Fokus stehen: klassisch britisch im Bierteig, mit Fisch frei wählbar aus der Theke (Scholle schmeckt zum Beispiel vorzüglich), darunter auch Edelvarianten mit Jakobsmuscheln und scharfen ­Shrimps. Dazu gibt es erstaunlich viele Gerichte, die den „Fischladen“ aus dem Imbiss-Segment herausheben: asiatisch angehauchtes Fischtatar vom Lachs oder Thunfisch, Spaghetti mit Frutti di Mare, Jakobsmuscheln auf Algensalat und diverse Burger-Spezialitäten.

Fish & Chips kommen im Fischladen an der Schönhauser Allee in Begleitung ausgezeichneter Saucen.
Fish & Chips kommen im Fischladen an der Schönhauser Allee in Begleitung ausgezeichneter Saucen.

© Kai-Uwe Heinrich

Die „Chips“, die es meist dazu gibt, sind übrigens ausgesprochen empfehlenswerte dicke Pommes, sie werden obendrein von einem „Saucenteller“ begleitet, der von englischem Malz-Essig über hausgemachte Teufelssauce bis zur zitronigen Remoulade gute Abwechslung bietet, sodass man gar nicht erst in Versuchung kommt, die mit Trüffelöl und Parmesankäse verkünstelte Variante zu probieren. Die auf den ersten Blick strammen Preise (die feineren Fish & Chips kosten ab 16,80 Euro) erklären sich durch die Portionsgröße und dadurch, dass alles frisch ist und frisch zubereitet wird. Nebenan, „Links vom Fischladen“, befindet sich die Restaurantvariante des Bistros, ein aus der Zeit gefallener Traum in Blau mit weißen Tischdecken. Wer’s mag …

Prenzlauer Berg, Schönhauser Allee 128, Mo-Sa 10-22, So 13-22 Uhr

Dieser Beitrag ist auf den kulinarischen Seiten "Mehr Genuss" im Tagesspiegel erschienen – jeden Sonnabend in der Zeitung. Hier geht es zum E-Paper-Abo. Weitere Genuss-Themen finden Sie online auf unserer Themenseite.

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