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Die Tegel-Architekten Nickels, Marg und von Gerkan (v. l. n. r.) bei der Eröffnungsparty 1974.

© Otto Stark

Eröffnung vor 46 Jahren: Party mit Prominenz und Tegel-Brillen

Vor 46 Jahren wurde der Flughafen Tegel-Süd seiner Bestimmung übergeben. Neun Tage vor Flugbetrieb gab es eine große Einweihungsfeier. Unser Autor war dabei.

In der Haupthalle des neuen Flughafens Tegel-Süd waren am 23. Oktober 1974 in engem Abstand Stuhlreihen aufgestellt. Doch sie reichten an diesem Mittwoch nicht aus, um allen Gästen Platz zu bieten. So drängten sich die Menschen auch auf den beidseitigen Balustraden im Obergeschoß.

Nur fünf Jahre und vier Monate nach dem ersten Spatenstich war das neue Tor zur Welt im eingemauerten West-Berlin – mit dennoch rund einjähriger Verspätung – fertiggestellt worden. Ganze 430 Millionen D-Mark hatte das stolze Projekt gekostet, im Vergleich zum Milliardengrab BER hatte für den ehrgeizigen Neubau quasi ein Griff in die Portokasse gereicht.

Auf der großen Anzeigetafel begannen die Buchstaben zu tanzen, doch sie informierten noch nicht über Starts und Landungen, sondern über den Anlass der Feierstunde. „Einweihung des Flughafen-Neubaues Berlin-Tegel“ stand schließlich dort zu lesen. Darunter die Namen der Gastgeber: „Berliner Flughafen-Gesellschaft und GMFB“. Das Kürzel stand für Gouvernement Militaire Française de Berlin, die französische Militärregierung, die aufgrund der alliierten Lufthoheit in Berlin und den drei nach Westdeutschland verlaufenden Luftkorridoren auf dem in ihrem Sektor gelegenen Flughafen die Oberhoheit hatte. Sie war verantwortlich für Flugbetrieb und Sicherheit und hatte sogar vertraglich festgeschrieben, dass die von der BFG verwalteten Gebäude im Falle einer erneuten Berlin-Krise an sie zu übergeben seien.

Die drei Architekten Meinhard von Gerkan, Volkwin Marg und Klaus Nickel wurden als Väter des damals modernsten Flughafens Europas gefeiert. Gemäß der Vorgabe, angesichts der unter einer Stunde liegenden Flugzeiten zwischen Berlin und dem Bundesgebiet auch die Bodenzeiten möglichst kurz zu halten, hatten sie den ersten Drive-In-Airport der kurzen Wege erfunden. Im Innern des sechseckigen Flugsteigringes konnten Taxen und Busse ihre Fahrgäste wenige Meter vor dem jeweiligen Check-in-Schalter absetzen.

[Adieu TXL: 46 Jahre flog Berlin auf Tegel, im November ist Schluss im Hexagon. Wir erinnern an Kofferberge, Prominenz im Provinz-Flair und schauen, wer in Zukunft im Berliner Norden landet. Die Themenseite TXL]

Das Trio trug sechseckige Brillen, als Meinhard von Gerkan den symbolischen Airport-Schlüssel in Anwesenheit des damaligen Bundesverkehrsministers Kurt Gscheidle an den Regierenden Bürgermeister Klaus Schütz überreichte. Der gab ihn an die damaligen Flughafendirektoren Robert Grosch und Wolfgang Laudien weiter. Das alles geschah natürlich unter den Augen der aus Bonn angereisten Botschafter der drei Westmächte, Olivier Wormser (Frankreich), Sir Nicholas Henderson (Großbritannien) und Martin J. Hillenbrand (USA), sowie des französischen Stadtkommandanten, General Camille Metzler.

Mit Brille zurück in TXL: Von Gerkan (l.) und Marg im Mai 2020.
Mit Brille zurück in TXL: Von Gerkan (l.) und Marg im Mai 2020.

© gmp/Marcus Bredt

Schütz bekräftigte in seiner Rede den Wunsch, dass West-Berlin mit dem neuen Flughafen nicht länger nur Ziel und Ausgangspunkt, sondern auch Kreuzung für den Luftverkehr werde. Einen Vorgeschmack gaben die Fluggesellschaften Air France, British Airways, Laker Airways und PanAm, die als Kulisse für die Feierstunde ihre neuesten Großraumjets eingeflogen hatten. Doch in der Realität blieb nicht nur das erhoffte Flug-Drehkreuz in weiter Ferne. Auch die Hoffnung darauf, dass der West-Berliner Luftverkehr mit dem Neubau endlich aus der „Misere des Improvisierens“ herauskommt, erfüllte sich nicht. Die Planungen für einen zweiten Flugsteigring und einen U-Bahnanschluss wurden nie realisiert.

Der erste reguläre Flug ging nach Mallorca

Am 1. November um 8 Uhr startete dann als erster regulärer Flug eine Maschine der Laker Airways nach Mallorca. Die erste Reisende, die knapp zwei Stunden später eine eintreffende BAC 1/11 der Dan Air verließ, wurde vom BFG-Verkehrsprokuristen Hans-Joachim Krantz mit Blumen und einem Buchpräsent begrüßt. Doch über Monate wurden in Tegel-Süd neben der Air France nur Touristik-Charterflüge abgefertigt.

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Viermächte- und Transitabkommen hatten den Fahrzeugverkehr durch die DDR von und nach West-Berlin drastisch erleichtert und das Passagieraufkommen im Berlin-Flugverkehr um rund ein Viertel einbrechen lassen. Dessen Hauptakteure British Airways und PanAm sahen keine zwingende Notwendigkeit mehr für einen Umzug aus Tempelhof.

Eine Maschine der Air France wenige Wochen vor der Fertigstellung von TXL.
Eine Maschine der Air France wenige Wochen vor der Fertigstellung von TXL.

© DPA

Sie beendeten ihren Konkurrenzkampf, teilten die Berlin-Strecken untereinander auf und pokerten um die Kostenerstattung. So erfolgte der große Umzug erst zehn Monate später und kostete den Steuerzahler rund zehn Millionen Mark.

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Dass ich an der Eröffnungsfeier als auf Luftfahrtthemen spezialisierter Berichterstatter teilnahm, geht nicht zuletzt auf meinen ersten Kontakt mit dem Flughafen Tegel zurück. 14 Jahre zuvor war ich als kleiner, schon damals flugbegeisterter Steppke von meiner Mutter zum damals noch ausschließlich für militärische Zwecke genutzten Flugfeld begleitet worden, wo die Air France während der damals noch längeren Bodenzeiten interessierte Berliner zu Schnupperbesuchen an Bord ihrer Maschinen bat. Die „Super-Constellation“ war mein erster Nahkontakt mit einem echten Flugzeug und trug wesentlich dazu bei, dass ich mich später gleich zu Beginn meiner journalistischen Laufbahn auf Luftfahrtthemen spezialisierte.

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