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Dirk Gieselmann auf großer Fahrt.

© Jan Philip Welchering

Eine Autoliebe: Ich und die Glücksdrachen

Dirk Gieselmann hat Autos geliebt, seit er ein kleiner Junge war. Doch die Liebe hat Beulen bekommen. Kann man sie noch reparieren? Aus unserem Magazin "Tagesspiegel BERLINER".

Es gibt ein Foto von mir, im Familienalbum, das bei meinen Eltern steht, im Schrank neben dem guten Kaffeeservice, ein sehr altes Foto, auf dem ich in einem Bananenkarton sitze, einen Teller in den Händen als Lenkrad. Darunter steht in der akkuraten Handschrift meiner Mutter: Dirki auf großer Fahrt.

Mein Blick verrät den kühnen Freiheitssinn des Sportwagenpiloten, ich imitierte Steve McQueen, ohne je "Bullit“ gesehen zu haben. Was habe ich vorüberfliegen sehen in der Wohnlandschaft zwischen Sofa und gekacheltem Stubentisch? Ich kannte keine legendären Routen. Aber ich machte, auch das ist zu sehen, an der Art, wie ich die Backen aufblies, ganz instinktiv: Brumm-brumm. Das Geräusch des Aufbruchs. Mit dem Auto, das muss mir als Kind schon klar gewesen sein, wird die Welt viel größer.

Ich habe Autos geliebt, solange ich denken kann. Es war einmal eine glückliche Liebe, doch nun hat sie Beulen bekommen, wie ein Auto mit den Jahren selbst welche bekommt. Sie ächzt vor sich hin wie ein alter Motor, der jeden Moment absaufen kann. Und ich stehe ohnmächtig daneben, denn ich war immer nur leidenschaftlicher Fahrer, aber nie ein guter Mechaniker.

Kann man diese Liebe noch reparieren? Oder gehört sie auf den Schrott?

Ich besitze seit 21 Jahren einen Führerschein, erworben in der Fahrschule Friedrich Kahling in den sechs heißen Wochen der Sommerferien 1996. Ich erinnere mich, wie Herr Kahling, ein gutmütiger Mann mit einer Schwäche für Süßes, pünktlich um halb vier am Nachmittag die Stadtfahrten unterbrach, um sich beim Bäcker Härtel ein Viertelblech Butterkuchen einzuverleiben. Dort dozierte er über das Auto an sich, das er für ein Wunderwerk hielt. Wenn Friedrich Kahling über Autos sprach, war es, als spräche ein Kunsthistoriker über die Flugapparate Leonardo da Vincis. Dann flogen vor Pathos die Butterkuchenkrümel aus seinem Mund über den Stehtisch.

Das Auto ist eben auch: eine Dreckschleuder.
Das Auto ist eben auch: eine Dreckschleuder.

© Jan Philip Welchering

Ich muss wohl mehr von seiner Faszination fasziniert gewesen sein als von ihrem Gegenstand. Jedenfalls ist sein Wissen nicht auf mich übergegangen, er möge es mir verzeihen. Ich könnte nicht den Hubraum auch nur eines Autos beziffern, das ich in meinem Leben fuhr, seinen Verbrauch auch nur grob schätzen und hätte nicht gewusst, wie ich es wieder zum Laufen hätte bringen sollen, wenn es liegen geblieben wäre. Ich war immer noch der Junge im Bananenkarton, saß staunend in diesen Autos, lenkend, aber angewiesen auf ihr reibungsloses Funktionieren.

Als hätten sie gewusst, wie ahnungslos ich war, verzichteten sie gnädig darauf, mit Warnlämpchen zu blinken, die ich ohnehin nicht hätte deuten können, sie fuhren einfach immer weiter, wohin ich auch wollte und manchmal anderswohin. Sie waren für mich das, was der Glücksdrache Fuchur für den Indianerjungen Atreju in der "Unendlichen Geschichte" ist: schützendes Vehikel, Retter und Gefährte...

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