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Peter Conen wählte aus taktischen Gründen AfD. Er sorgt sich um Wohlstand und Sicherheit in Deutschland.

© Nicole Urbschat

Deutschland spricht - Treffen zweier Teilnehmer: "Wir müssen uns abschotten"

Alexander Staudacher und Peter Conen trennen Welten, doch durch "Deutschland spricht" sind sie zusammen gekommen. Vielleicht bleiben sie in Kontakt.

Eigentlich trennen Alexander Staudacher und Peter Conen nur ein paar Kilometer. Doch tatsächlich liegen zwischen dem habilitierten Philosophen Staudacher in seiner Mietswohnung in Kreuzberg und dem im Ruhestand befindlichen Rechtsanwalt Conen in seinem Vorstadthaus am Nikolassee Welten. Staudacher, 55, wählt regelmäßig Parteien des linken Spektrums, der 82-jährige Conen hat bei der vergangenen Wahl erstmals die AfD gewählt. Staudacher begrüßte die Idee autofreier Innenstädte, Conen kommt zum Treffen mit seinem Wagen und ärgert sich über die Parkplatzproblematik in der Bergmannstraße. Staudacher hält die Entscheidung Merkels, Flüchtlinge ins Land zu lassen für richtig, Conen nennt es „Merkels Putsch gegen das Volk“ und ist wegen dieser Flüchtlingspolitik nach 66 Jahren aus der CDU ausgetreten.

Doch ein Algorithmus hat sie zusammengebracht. Für knapp zwei Stunden sind Conen und Staudacher nun in derselben Welt in einem Kreuzberger Café. Statt nebeneinander zu leben, sprechen sie jetzt miteinander.

Für Peter Conen ist es ein seltener Ausflug nach Kreuzberg. Er ist in Zehlendorf aufgewachsen, hat an der FU studiert und auch später Berlin nie lange verlassen. Conen ist ein politischer Mensch. 1959 tritt er als junger Student in die CDU ein, acht Jahre später wird er erstmals Bezirksverordneter in Wilmersdorf, später Mitglied des Abgeordnetenhauses. Der 68er-Bewegung kann er nichts abgewinnen. „Die Hausbesetzungen haben den sozialen Frieden gefährdet“, sagt er. Sicherheit und Ordnung – schon damals wichtig für Conen.

Aus taktischen Gründen die AfD gewählt

Als Innenstaatssekretär unter Senator Heinrich Lummer kann er die Berliner Innenpolitik für einige Jahre sogar aktiv gestalten. Auch beruflich hat Conen Erfolg, leitet unter anderem eine Schweizer Privatbank am Ku'damm. Peter Conen geht es gut. Seine Söhne sind angesehene Juristen geworden, er ist gesund, finanziell hat er keine Not. Doch er macht sich Sorgen. Flüchtlinge und Migration könnten Wohlstand und Sicherheit Deutschlands gefährden. „Auch Rom ging unter“, sagt Conen. „Irgendwie müssen wir uns abschotten.“ Er habe deshalb „aus taktischen Gründen“ die AfD gewählt, obwohl es dort „schreckliche Personen“ wie Björn Höcke oder André Poggenburg gibt.

Alexander Staudacher ist in den Achtzigerjahren nach Kreuzberg gezogen, er liebt die Diversität im Kiez.
Alexander Staudacher ist in den Achtzigerjahren nach Kreuzberg gezogen, er liebt die Diversität im Kiez.

© promo

Alexander Staudacher kennt in seinem Freundeskreis keine AfD-Wähler, der „Rechtsruck“ beunruhigt ihn aber. Auch er lebt schon lange in Berlin. In den Achtzigerjahren zog es ihn in die geteilte Stadt, genau hierher, nach Kreuzberg. „Ich genieße diese diversifizierten Gebiete“, sagt er. Toleranz und Weltoffenheit sind ihm wichtig. Als Privatdozent an der Universität Magdeburg, ist seine Situation etwas weniger gefestigt als die von Conen, trotzdem ist seine Sicht hoffnungsvoller. „Deutschland geht es besser als noch vor zehn Jahren“, sagt er.

Von der Zuwanderung könne das Land profitieren, glaubt er. Nur stimmungsmäßig macht er sich Sorgen. Unter Online-Artikeln ist er oft über die Kommentare schockiert, manchmal halte er dagegen und liefere sich „Schlachten“. Die Möglichkeit eines Gesprächs sei ihm lieber. „Als Philosoph möchte ich die Argumente des anderen hören und auf ihre Sinnhaftigkeit überprüfen.“

Nicht bei allem kann man sich verständigen

Im Nachhinein beschreiben beide das Treffen als „angenehm“. „Herr Staudacher ist Humanist. Das ist gut, aber darf nicht von der Vernunft unbegleitet bleiben“, sagt Conen. „Letztlich ist Herr Conen jemand, der Angst vor dem Fremden und einer zu gemischten Gesellschaft hat“, sagt dagegen Staudacher. Überzeugen konnte niemand den anderen, aber beide haben eine andere Weltsicht kennengelernt.

Bei den Fragen Islam und Zuwanderung habe man sich darauf verständigt, dass man sich nicht verständigen könne. Immerhin dass man Fluchtursachen bekämpfen müsse, darin seien sich beide einig gewesen. Vielleicht bleibe man in Kontakt, haben sie zum Abschied vereinbart. Denn auch wenn jeder bei seiner Meinung blieb, habe das Treffen etwas gezeigt, sagt Staudacher: „Menschen können zivilisiert miteinander reden, auch wenn sie unterschiedlicher Meinung sind. In polarisierten Zeiten wie diesen ist das schon viel wert.“

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