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Christoph Rumpf präsentiert in Berlin einen Anzug aus einem alten Teppich.

© REUTERS/Annegret Hilse

Christoph Rumpf auf der Fashion Week: Der Prinz, der alles kann

Die Entwürfe von Christoph Rumpf wirken wie ein Fanal gegen den Zeitgeist. Mit seinen märchenhaften Kleidern ist der Österreicher neuer Liebling der Modewelt.

Ende April änderte sich das junge Designerleben von Christoph Rumpf radikal. Da gewann der erst 25 Jahre alte Österreicher beim Festival im südfranzösischen Hyères den Grand Prix, die wichtigste Auszeichnung für Nachwuchsmodeschöpfer in Europa. Der Sieg eröffnete dem gebürtige Grazer, der erst im kommenden Jahr sein Studium an der Universität für angewandte Kunst in Wien abschließen will, ungeahnte Möglichkeiten: So durfte er etwa am Montag auf Einladung des Hauptsponsors mit seiner ersten Solo-Modenschau die Mercedes-Benz Fashion Week eröffnen.

Die Männeroutfits, mit denen Rumpf bereits die Jury in Hyères überzeugte, erscheinen auf den ersten Blick wie ein Fanal gegen den Zeitgeist. Die skulpturalen Entwürfe könnten kaum weiter von der kühl kalkulierten, zunehmend von Sportswear-Elementen dominierten Herrenmode entfernt sein, die sich selbst bei Luxusmodehäusern zuletzt immer mehr durchgesetzt hat. Originelle Materialien – bunt gemusterte historische Stoffe, die er auf Flohmärkten oder in Restpostenläden erstanden hat, alte Teppiche und sogar Teile abgelegter Bauchtanzkostüme – steigern die eigenwillige Wirkung noch. So wurde dem Modestudenten plötzlich die geballte Aufmerksamkeit der Fachpresse zuteil, die eine Trendwende witterte. „Die Rückkehr der Opulenz“ betitelte etwa das Magazin „Vogue“ seinen Bericht über Rumpfs Triumph in Hyères.

Der hektischen Modewelt weit entrückt

Doch so vereinnahmen lassen mag sich der Designer nicht. Er will mit seinen Entwürfen nur ganz in Ruhe Geschichten erzählen. Dabei kommt ihm seine erstaunliche Gelassenheit zupass: Als er am Tag vor der Modenschau über seine Kollektion spricht, die er gerade erst um ein paar passende Damenoutfits ergänzt hat, ist er die Ruhe selbst – zu einem Zeitpunkt, an dem selbst gestandene Designer oft zu Nervenbündeln werden.

Und auch was hinter seinen preisgekrönten Entwürfen steht, ist der hektischen Modewelt denkbar weit entrückt. Was Rumpf erzählt, klingt wie ein zeitloses Märchen: „Ein Junge geht im Wald verloren, wächst dort auf und muss ums Überleben kämpfen. Dann wird er wiedergefunden, und es stellt sich heraus, dass er ein Prinz ist. Plötzlich hat er diesen ganzen Society-Stress, er muss mit Menschen umgehen und Verantwortung übernehmen.“

Die einzelnen Outfits stehen für verschiedene Stationen dieser Geschichte, sie sollen Stärke, Schönheit oder den Umgang mit Widrigkeiten repräsentieren – universale Themen, für die der Designer Formen fand, die nichts mit konventionellen Geschlechterrollen und „typischer Männlichkeit“ zu tun haben. „Ich möchte vermitteln, dass man mit solchen Stücken eine Emotion ausdrücken kann.“

Flohmarktfunde und Restposten

Doch die Erzählung ist nicht nur Fiktion, dahinter verbirgt sich eine persönliche Ebene: Es ist in gewissem Maße Rumpfs eigene Geschichte, wie er aus der ländlichen Steiermark mit 17 nach Graz und ein Jahr später nach Wien zog. „Plötzlich war da diese Großstadt“, sagt er. „Auf dem Land sind die Leute einfach anders. Dort hatte ich nicht wirklich Freunde. Plötzlich hatte ich viele, aber ich war überfordert damit.“ Auch die vermeintliche Opulenz entpuppt sich als persönliche Vorliebe und nicht als bewusste Kampfansage an aktuelle Modetrends: Gegen „die großartigen Sachen“, die er in Dragqueen-Clubs sehe, wirkten seine Entwürfe gar nicht so opulent, sagt Rumpf.

Ein Mantel aus Autositzschaum.
Ein Mantel aus Autositzschaum.

© dpa/Monika Skolimowska

Während sich seine Ästhetik durch solche elementaren und persönlichen Komponenten dem Zeitgeist entzieht, legt der Designer bei einem anderen aktuellen Thema Wert auf eine klare Position. Die Arbeit mit Flohmarktfunden und Restposten ist ein Bekenntnis zur Nachhaltigkeit, zur Ressourcenschonung durch Wiederverwertung: „Auf der Uni redet man viel darüber“, sagt Rumpf. „Es ist ein Ansatz, den sehr viele Studierende haben. Das ist nicht kalkuliert, das ist einfach Alltag.“

Daher soll Umweltbewusstsein für Rumpf auch nach dem Studium eine Selbstverständlichkeit bleiben: Im Herbst will er die Arbeit an seiner Abschlusskollektion aufnehmen, danach mit dem Preisgeld aus Hyères ein eigenes Atelier eröffnen. Neben Fundstücken will er dann lokal und ökologisch produzierte Materialien verwenden – und seinen gestalterischen Ansprüchen treu bleiben: „Es war nie mein Plan, ein Label zu gründen, das 5000 T-Shirts im Monat verkauft. Ich will Einzelteile schaffen, die einen eigenen Wert haben, nicht schädlich für die Umwelt sind, und für die keine Leute ausgebeutet werden.“

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