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Brandenburg: Brandenburgische Sommerkonzerte: Rechts ein Kolonistendörfchen, links ein Sonnenblumenfeld

Die Brandenburgischen Sommerkonzerte haben einen neuen Spielort entdeckt. Der stattliche Backsteinbau des 1758 gegründeten Kolonistendorfes, Ende des 19.

Die Brandenburgischen Sommerkonzerte haben einen neuen Spielort entdeckt. Der stattliche Backsteinbau des 1758 gegründeten Kolonistendorfes, Ende des 19. Jahrhunderts als Simultanbau für fünf Oderbruchgemeinden erbaut, bietet Raum für 1200 Menschen.

"Wirklich voll war die Kirche aber vermutlich nur im Einweihungsjahr", erzählt Pfarrer Martin Weber. Zu den Gottesdiensten kommen drei, vier Leute. Die Gebete werden schon lange im Pfarrhaus gegenüber gesprochen. Nur manchmal, wie zum Hochwassergottesdienst vor drei Jahren oder beim Friedensfest in diesem Frühjahr zum Gedenken an das Kriegsende ist das Gotteshaus zentrierender Orientierungspunkt für viele. Nun soll es wieder für einige Stunden Landleute und Städter, Ossis und Wessis vereinen.

Unermüdlich in ihrem Grundsatz vom "Gemeinsam Kulturmachen" bringen die Brandenburgischen Sommerkonzerte Leben in eine Region, die zu den strukturschwächsten, gleichzeitig aber auch zu den kulturhistorisch interessantesten des Landes zählt. Helles Licht liegt über dem Oderbruch, und Kohlgeruch, manchmal auch würziger Tabakduft. Wer im Sommer ins Oderbruch reist, wird kaum die Melancholie der Landschaft, die in der warmen Jahreszeit zu den niederschlagärmsten der Republik gehört, erfahren. "Früher gab es noch Sommergewitter, aber die sind so selten geworden, wie im Winter der Schnee", erinnert sich Joachim Schneider, Pfarrer im Ruhestand, fast wehmütig. Das sei zwar schön für die Touristen, doch hart für die Bauern. Die Landwirtschaft in dem ehemaligen Gemüsegarten Berlins ist längst nicht mehr, was sie einst war. Auch der "Hochwassertourismus" ist wieder versickert. Nur bei den fortwährenden Arbeiten am Deich - 100 Millionen hat man an EU- und Bundesmitteln in den letzten drei Jahren dafür ausgegeben - brummt laut das Leben. Ansonsten kann man nun wieder stundenlang allein durch die tellerflache Pampa radeln. Rechts ein Kolonistendörfchen, links ein Sonnenblumenfeld. Nur Fallobst, Hühner und Katzen am Wegrand. Kaum Menschen. Keine Tankstelle, kein Supermark, keine Werbung - lediglich ein paar handgeschriebene Transparente am Gartenzaun: "Keine Trasse durchs Oderbruch". Auch wenn es aus dem Verkehrsministerium heißt, alles sei noch offen, melden sie sich wieder zu Wort, die Bürger vom Oderbruch, die schon zu Zeiten der Hochwasserkatastrophe durch zivilen Ungehorsam aufgefallen sind. Zu ihnen zählt auch der ehemalige Biologielehrer Peter Wilberg, der zwei Dörfer weiter, in Altreetz, schon zu DDR-Zeiten einen Schulzoo als ideologisch-ökologische Nische aufgebaut hat. Mit seiner kleinen Galerie von Plastiken aus aller Welt will Wilberg gegen die "dumpfe Fremdenfeindlichkeit im Lande" antreten. Damit soll auch gezeigt werden, "dass in Brandenburg noch andere Leute als diese rechten Schreihälse und kleinbürgerlichen Weggucker leben".

Hanne Bahra

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