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Neun Jahre nach dem Tod: Klaus Wowereit ehrt Harald Juhnke

Er war einer der größten Entertainer Berlins, der Mann mit der Peking-Ente, aber auch ein starker Trinker. Neun Jahre nach seinem Tod wird an Harald Juhnke erinnert. Und alle kommen – nicht nur der Regierende Bürgermeister.

Es gibt viele Orte in Berlin, an denen man eine neue Gedenktafel für Harald Juhnke aufhängen könnte. Beispielsweise an der ehemaligen Städtischen Frauenklinik in der Charlottenburger Pulsstraße, wo er am 10. Juni 1929, am Dienstag vor 85 Jahren, geboren wurde. Aber den Ort hat er mit zu vielen Berlinern gemeinsam, das wäre wohl nicht das Rechte.

Auch das Mietshaus in der Stockholmer Straße 29 in Gesundbrunnen bietet sich an, wo Juhnkes Eltern lebten und er aufwuchs. Doch da hängt schon seit einigen Jahren eine vom Hauseigentümer finanzierte Aluminiumtafel, die das Gebäude allerdings fehlerhaft als Geburtshaus des Schauspielers und Entertainers ausweist.

Die Adresse seines Wohnhauses gehörte angeblich zur Taxi-Prüfung

Originell wäre der Breitscheidplatz, wo Juhnke 1983 vor einem Riesenpublikum zum Einlösen einer verlorenen "Wetten, dass…?"-Wette eine öffentliche Aerobic-Stunde zelebrierte, im schwarzen Trainingsanzug und mit weißen Knieschützern, assistiert von einer Handvoll dekorativer Mitturnerinnen. Die diversen Theater und sonstigen Orte, an denen er seine Triumphe feierte, würden als Adressen für solch eine Tafel einleuchten, beispielsweise das Maxim-Gorki-Theater, wo Juhnke 1948 zum ersten Mal auf der Bühne stand und 1996 als "Hauptmann von Köpenick" überschwänglich gefeiert wurde. Dann wären da leider auch die Bars, in denen er sich am liebsten einkehrte - aber das wäre dann ebenso pietät- wie geschmacklos.

Bleibt die Adresse Lassenstraße 1/ Ecke Koenigsallee in Grunewald. Einst der Sehnsuchtsort unzähliger Juhnke-Fans, letzte Chance für glücklose Autogrammjäger, die am roten Teppich mal wieder leer ausgegangen waren. Ja, sie soll sogar Teil der Taxi-Prüfung in West-Berlin gewesen sein. Juhnke wohnte dort von 1983 bis 2001, dann ging es angesichts seiner Alkoholkrankheit wirklich nicht mehr weiter und er musste in ein Pflegeheim. Sein Haus, eine weißverputzte Villa aus den dreißiger Jahren, gibt es nicht mehr, es wurde 2008 verkauft und fünf Jahre später vom neuen Eigentümer abgerissen.

Dienstag, 13 Uhr, wird die neue Tafel enthüllt

Jetzt steht dort ein schickes, durch seine runden Formen sich vom alten Villenstil abgrenzendes Mehrfamilienhaus mit schmalem Vorgarten, und genau dort erhält Harald Juhnke, neun Jahre nach seinem Tod im Krankenhaus von Rüdersdorf, mit Zustimmung des Hausbesitzers endlich die verdiente "Berliner Gedenktafel" in KPM-Porzellan, weiß mit kobaltblauer Schrift, angebracht an einem Eisengestell. Sie hängt schon dort, mit Pappe verdeckt, erst am Dienstag um 13 Uhr wird sie durch den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) enthüllt. Sein neuer Staatssekretär für Kultur, Tim Renner, ist dabei, selbstverständlich auch die Witwe Susanne Juhnke.

Wer erinnert sich noch an das Plakat mit der Peking-Ente am Zoo-Palast?

Das Programm "Berliner Gedenktafel" wurde anlässlich der 750-Jahr-Feier in West-Berlin aufgelegt, fachlich betreut wird es mittlerweile von der Historischen Kommission, seit dem Vorjahr auch vom Verein Aktives Museum. Es war ein besonderes Anliegen des ehemaligen Kulturstaatssekretärs André Schmitz. Der hatte auch den Kontakt zur Gasag hergestellt, die schon 33 Tafeln finanziert hat und nun auch die 3000 Euro für die Juhn-ke-Tafel. "Das Programm passt gut zu uns als Berliner Traditionsunternehmen", erklärt Birgit Jammes, zuständig für Sponsoringkommunikation, das einst anlässlich des 160. Firmenjubiläums 2007 begonnene Engagement. Ohne solche Kostenübernahmen gäbe es keine "Berliner Gedenktafeln" mehr, für die im Prinzip jeder Vorschläge machen kann, über die die vorgesehenen Gremien entscheiden, aber irgendwer muss es dann auch bezahlen. Juhnke habe schon auf der Liste gestanden, mit der Schmitz im Vorjahr ans Aktive Museum herantrat, sagt dessen Geschäftsführer Kaspar Nürnberg. Von wem genau Juhnke vorgeschlagen worden sei, wisse er auch nicht.

Aber letztlich ist das ja ohnehin egal, die Ehrung war überfällig, denn andere Versuche, an den Entertainer zu erinnern, waren bislang stets etwas peinlich, vom Ehrengrab auf dem Waldfriedhof in Dahlem mal abgesehen.
Da war zunächst das erwähnte fehlerhafte Schild am Wohnhaus der Eltern, gefolgt von dem Gedenkstein in der Fordoner Straße in Gesundbrunnen, der 2005 von Juhnkes Jugendfreund Joachim Brunken gestiftet worden war. Entworfen hatte ihn die Bildhauerin Eike Stielow, das relief-artige Konterfei Juhnkes war ihr aber so eigenwillig geraten, dass man den Geehrten nur mit viel gutem Willen identifizieren konnte. Den hatten damals nur wenige, das Porträt wurde daher von Brunken umgehend überklebt und der Gedenkstein anschließend überarbeitet. Zwei Jahre später präsentierte er einen neuen Entwurf, eine Art Showtreppe samt Theater-vorhang aus rotem und weißgrauem Granit, in der Mitte Juhnkes Porträt, eingraviert in eine Edelstahlplatte. Man hat davon nichts mehr gehört.

Das Bild mit der Pekingente gibt es noch

Bleibt die "Ente kross auf chinesische Art", das leider verschwundene Werbeplakat für das Restaurant "Tai-Tung" im Bikini-Haus mit Harald Juhnke als ewig lächelnder Reklamefigur. Jahrzehnte müssen es wohl gewesen sein, dass es appetitanregend an einer Kolonadensäule hing, und manch einer war der Meinung, es passe zu Berlin und Juhnke als Gedenktafel eigentlich am besten. Das "Tai-Tung", 1957 eröffnet, war das älteste Chinarestaurant in Berlin, anfangs von Juhnkes Schwiegervater Yunlay Hsiao, seit 1974 von seinem Schwager Tien-Wen Hsiao betrieben.

Im Gästebuch standen die Unterschriften von Prominenten wie Willy Brandt, Richard von Weizsäcker, Günter Grass, Udo Lindenberg, Ang Lee und Gong Li. 2009 musste es im Zusammenhang mit dem Umbau des Bikini-Hauses schließen, aus der Wiedereröffnung an anderem Ort ist nichts geworden. Das berühmte Plakat hat der Schwager aber aufbewahrt, und auch die Webseite des Lokals (www.Tai-Tung.de) gibt es noch - "aus historischen Gründen", wie er sagt. So hat er Juhnkes Lächeln, das am Bikini-Haus längst verschwunden ist, in der virtuellen Welt des Internet doch noch gerettet, samt der Ente kross auf chinesische Art.

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