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Der neue "Perso": Ein Ausweis fürs Geschäft

Heute startet der neue Personalausweis. Kritiker raten davon ab, ihn zu benutzen. Die Wirtschaft freut sich darauf, vor allem in Berlin.

Seine Kritiker raten davon ab, ihn überhaupt zu nutzen. Seinen Befürwortern kann der neue Personalausweis gar nicht genug können. Das liegt auch daran, dass manche von ihnen künftig an den neuen Anwendungen verdienen werden. Zwei Dinge wird der neue Personalausweis möglich machen: sich im Internet auszuweisen und online zu unterschreiben. Beides soll das Internet sicherer machen - und Geschäftsfelder wie E-Business und E-Government voranbringen. Das erwartet jedenfalls der High tech-Verband Bitkom. Wenn sich die Käufer im Netz sicherer fühlen, kaufen sie womöglich auch mehr bei Onlineshops ein, hofft der Verband.  Die Software dafür entwickeln Spezialisten - sie bauen die Straßen und Netze für die Daten, schaffen Plätze, an denen die Daten lagern, und errichten im Grunde so eine digitale Welt für den Personalausweis.

Einer davon ist Dirk Stocksmeier von der Berliner init AG. „Es entstehen Geschäftsfelder, die es so zuvor nicht gab“, sagt er. Zwar sei die Arbeit mit dem Ausweis nur ein kleiner Umsatzanteil, er ist jedoch von den neuen Anwendungsmöglichkeiten begeistert. Mit dem neuen Personalausweis kann künftig über das Internet Kindergeld beantragt, ein Bank-Konto eröffnet oder ein Auto zugelassen werden. Um den Datenschutz zu gewährleisten, werden an die Anbieter solcher Online-Dienste hohe Sicherheitsanforderungen gestellt. Nur wer die gesetzlichen Anforderungen erfüllt, erhält von der staatlichen Vergabestelle ein Zertifikat und damit die Berechtigung, Daten aus dem Ausweis auszulesen. „So eine aufwändige Sicherheitsinfrastruktur kann sich nicht jeder Anbieter leisten“, sagt Stocksmeier. Seine Firma hat ein Rechenzentrum in Berlin und betreibt dort spezielle Server zum sicheren Auslesen aus dem Ausweis. Damit können dann auch kleine Anbieter den neuen Personausweis nutzen.

Andere Firmen wie die Berliner Novedia Finance Software AG tüfteln an Programmen für Banken. Künftig könnten dann die Kunden ein Konto mit dem Personalausweis eröffnen. Doch noch seien die Institute eher vorsichtig, räumt Ralf Ehren von Novedia ein. Das derzeitige PostIdent-Verfahren ist erfolgreich. Zweigleisig zu fahren, verursacht für die Banken jedoch auch doppelte Kosten. Daher werden erst wenige Banken den Personalausweis in den nächsten Monaten einsetzen. Denn noch ist nicht klar, wie viele Menschen - auch wenn sie ihn tatsächlich beantragen - die neuen Möglichkeiten des Ausweises auch wirklich nutzen. Andere Länder wie Estland oder Schweden haben längst einen elektronischen Ausweis, aber die Nutzerzahlen dort sind niedrig.

Dennoch ist Michael Herfert zuversichtlich, dass die Bürger den neuen Ausweis annehmen werden. Er forscht am Fraunhofer-Institut in Darmstadt an Verschlüsselungstechniken und denkt schon an die kommenden fünf Jahre. Er träumt davon, den Ausweis zusammen mit dem Handy zu nutzen. Alles was dann derzeit nur mit einem Lesegerät am Computer möglich ist, würde auch unterwegs per Telefon funktionieren. Die Technik dafür gibt es schon lange, sie hat sich allerdings nie durchgesetzt. Der Nutzer könnte seinen Ausweis einfach ans Handydisplay halten, die Pin eingeben, und das Gerät würde die Daten senden. Auch bei Car-Sharing-Firmen ist der Ausweis im Gespräch. An ihren Standorten würde sich der Nutzer im Auto ausweisen und gleich losfahren, abgerechnet würde beim Aussteigen. Das spart Zeit und Personal. Der Ausweis wäre dann alles: Identitätsnachweis, Schlüssel, Bankkarte.

Am heutigen Montag wollen zehn Berliner Software-Unternehmer im Rathaus Schöneberg bundesweit als Erste ihren neuen Personalausweis beantragen, um auf die neuen Möglichkeiten als Kunden und Unternehmen hinzuweisen.

Laura Höflinger

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