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Das diesjährige Pop-Kultur Festival in Berlin läuft vom 24. bis 26. August.

© dpa/Britta Pedersen

Zwischen Utopie und Selbstdarstellung: Pop-Kultur Festival startet im August in Berlin

Ein diskursiver Safe Space soll das Festival werden, das am 24. August in Berlin startet. Am Mittwoch gibt es eine Auftaktveranstaltung.

Glaubt man den Ankündigungen zum Pop-Kultur-Festival 2022 in Berlin, ist Popkultur vor allem „Awareness“. Das Programmheft erklärt: „Kollektive Ansätze, postmigrantische Identitäten, intersektionale Diskurse, inklusive Projekte, diasporische Narrative, queere Positionen und der Bruch mit musikalischen Erwartungen tragen dazu bei, dass ein Raum für gemeinsamen Austausch entsteht.“ Ein Safe Space solle das Festival werden, das vom 24. bis 26. August ein beeindruckendes Aufgebot von deutschen und internationalen Acts auffährt.

Diesen Mittwoch, den 25. Mai, findet eine Auftaktveranstaltung im Neuköllner Club Loophole statt (19 Uhr, Boddinstraße 60, Eintritt frei), veranstaltet von „Ecoutes au Vert“, zu deutsch: Lauschen im Grünen, einer Konzertinitiative, die es sich zur Aufgabe gesetzt hat, talentierten Nachwuchskünstlern aus verschiedensten Genres, sozialen und kulturellen Kontexten eine Bühne zu bieten.

Mit dem Ansatz der Diversität und „Wokeness“ strebt das Festival also keine Bestandsaufnahme der bestehenden Popwelt an. Schaut man auf die Werte, die es offensiv vertreten will, repräsentiert es vielleicht einen kleinen Teil der Popkultur. 

Man kann Pop aber auch ganz anders denken. Zum Beispiel: In der kürzlich beendeten Ausstellung „Ultrasocial Pop“ von Filip Markiewicz im Haus am Lützowplatz war Pop weniger Aufklärung als Konterrevolution. Popsymbole, wie sie auf Pegida-Märschen, beim Sturm auf den Reichstag oder dem auf das Kapitol aufblitzten, zeigen eine ausgehöhlte, sich ihrer selbst gar nicht bewussten Popkultur, deren Werte auf das Engste mit dem Kapitalismus verwoben sind.

Aus dieser Perspektive erinnert auch das Konzept des Pop-Kultur-Festivals eher an ein sogenanntes Branding, wie es Unternehmen tun, um Zielgruppen anzusprechen: Von einem professionellen PR-Team lässt man sich bestimmte Werte und Ideale auf die Fahnen schreiben, mit denen man öffentlich assoziiert werden will. Awareness und Diversität verkaufen sich gut. In der Unternehmenswelt war der Blick in die tatsächlichen gelebten Werte der Belegschaft dabei noch nie Teil solcher Selbstdarstellung.

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Der Blick hinter die Kulissen des Pop-Kultur-Festivals dürfte allerdings anders aussehen: Man kann den Macher:innen durchaus die Überzeugungen abnehmen, die sie so offensiv vertreten. Also doch kein leeres Branding, eher Utopie? Vielleicht ist ja das wertgeladene Programm Ausdruck des Wunsches nach einer Popkultur, die so ist wie anfangs beschrieben.

Und vielleicht ist die Inszenierung der Popkultur als dermaßen aufgeklärte eine Art autosuggestives Mantra: Als gelte es, das hier bekundete Selbstverständnis nur oft genug herunterzubeten, um es Wirklichkeit werden zu lassen. Und vielleicht werden die Shows, Lesungen, Diskussionen jetzt und im August ja bereits erahnen lassen, wie diese Utopie wirklich sein könnte.

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