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Der Berliner Theater- und Fernsehautor Horst Pillau 2017 im Renaissance Theater in Berlin. Er starb mit 88 Jahren.

© picture alliance / Maurizio Gambarini/dpa

Zum Tod des Fernseh- und Theaterautors Horst Pillau: „Keiner konnte so gemeine Pointen schreiben“

Nannte man ihn „Erfolgsautor“, wand er sich. Mit „Das Fenster zum Flur“ oder Szenen für „Dalli Dalli“ wurde Horst Pillau berühmt. Nun starb der Autor in Berlin.

Wer als gebürtiger Wiener den Ehrentitel „Ur-Berliner“ anstrebt, der muss daran verdammt lange und hart arbeiten. So, wie es Horst Pillau getan hat, der 1932 an der Donau zur Welt kam und von seinen Eltern wenig später an die Spree versetzt wurde, wo er seine Wahlheimat fand und einer der bekanntesten und erfolgreichsten deutschen Fernseh- und Theaterautoren wurde. Allein und in seiner Zusammenarbeit mit dem 12 Jahre älteren Curth Flatow gelang es ihm, ein quasi allgemeingültiges Bild des Berliners über die Jahrzehnte hinweg zu zeichnen - authentisch, menschlich, humorvoll, aber nicht ohne Abgründe.

Am Montag ist Pillau im Alter von 88 Jahren gestorben, in Berlin.

Er war ein eher schüchterner, an Ehrungen und Erfolgssymbolen kaum interessierter Schriftsteller. Nannte man ihn „Erfolgsautor“, wand er sich ein wenig – er schrieb für Rampensäue, war aber selbst das absolute Gegenteil. Auch der Gedanke, eine Autobiographie zu schreiben, blieb ihm fremd, und so gibt es nur einen kleinen autobiographischen Text, in dem er erzählt, wie er nach dem Krieg mit seinem besten Freund Hans Rosenthal und seiner Mutter im Beiwagen durch Berlin fuhr, um mit kleinen Auftritten in Kinos nach dem Hauptfilm Geld zu verdienen.

Der Vater fehlte – er war von den Russen abgeholt worden und verschwand spurlos, bis in den 60er Jahren eine lakonische Mitteilung aus Moskau eintraf, er sei schon kurz nach der Festnahme erschossen worden, und das auch noch irrtümlich.

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Pillaus erster Erfolg als Schreiber geht auf diese Zeit zurück: Er hatte, noch nicht einmal 18 Jahre alt, dem RIAS einen kleinen Sketch eingereicht, der angenommen und produziert wurde, gesprochen von Horst Buchholz und Ernst Jacobi, inszeniert von Rolf von Sydow. Hans Rosenthal begleitete seine Karriere auch über lange Jahre: Pillau schrieb kleine Szenen für „Dalli Dalli“, in denen er, von Lampenfieber geschüttelt, sogar selbst auftrat.

Viele TV-Serien gehen auf seine Drehbücher zurück

Doch da war er längst ein populärer Autor, dessen erste Arbeit für die Bühne, „Das Fenster zum Flur“, 1959 in Kooperation mit Curth Flatow geschrieben, sofort eingeschlagen war. Das Stück um die Berliner Portiersfrau Anni Wiesner feierte im Januar 1960 am Berliner Hebbel-Theater Premiere – in legendärer Besetzung mit Inge Meysel und Rudolf Platte in den Hauptrollen. Eine Verfilmung unter dem Titel „Im Parterre links“ folgte wenig später. Ebenso erfolgreich war seine Kaiser-Trilogie mit den Stücken „Der Kaiser vom Alexanderplatz“,„Der Kaiser von Neukölln“ und „Der Kaiser vom Potsdamer Platz“, einer der wenigen historischen Stoffe, mit denen er sich beschäftigt hat.

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Viele TV-Serien gehen auf seine Drehbücher zurück, am bekanntesten wurden wohl „Ein Mann macht klar Schiff“ mit Hans-Joachim Kulenkampff und das Artisten-Epos „Salto Mortale“ mit Horst Janson und Gustav Knuth. Außerdem schrieb er Bücher, besonders gern übers Fliegen, dem er seine ganze Freizeit widmete. Diese Leidenschaft war es auch, die ihn während der DDR-Zeit aus Berlin vertrieb, wo Privatflieger verboten waren. Er zog in die bayerische Holledau, hielt aber weiter Kontakt und arbeitete an Berliner Stoffen.

Später, nach dem Fall der Mauer, kehrte er zurück in eine Wohnung in der Nähe des Rathauses Schöneberg, wo alles begonnen hatte. Und kaufte schließlich eine Datsche südlich von Berlin, ganz nah am Flugplatz Stangenhagen. Dorthin lud er zur Spargelzeit auch seine Verwandten und Freunde ein – zwei Söhne und eine Tochter hatte er zusammen mit seiner Frau Susanne, dazu reichlich Enkel. Einer seiner engsten Freunde war der Schauspieler Hans-Jürgen Schatz, mit dem bis 2019 immer wieder Lesungen beispielsweise am Renaissance-Theater, veranstaltete.

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„Keiner konnte so gemeine Pointen schreiben“, erinnert sich Schatz, „die Zuhörer erwarteten das nicht und jubelten dann urplötzlich los“. Bis zuletzt war Pillau ein begeisterter, aufmerksamer Zeitungsleser, hielt mehrere Abonnements, blieb in intensivem Kontakt mit dem Zeitgeist und schrieb ungezählte Briefe in einer unverwechselbaren Handschrift, die er, wenn in Eile verfertigt, oft selbst nicht lesen konnte. Vieles Geniale, sagte er oft ironisch über seine Notizen, sei deshalb der Welt nie bekannt geworden.

Wer als Schreiber irgendwie seine Aufmerksamkeit gewonnen hatte, der fand häufiger persönlich gewidmete Bücher in der Post, zuletzt 2020 „Endlich ein Held“. Dann, in der Corona-Zeit, verließen ihn langsam die Kräfte.

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