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Der jüdische Autor Eliyah Havemann (2.v.l.) befestigt eine zuvor abmontierte Stahlplatte wieder auf der umstrittene Stahlsäule des Künstlerkollektivs "Zentrum für politische Schönheit". Die Polizei hatte den Abbau gestoppt.

© Paul Zinken/dpa

Update

Zentrum für politische Schönheit: Polizei stoppt Abbau der Säule vor dem Reichstag

Aus Protest gegen die Aktion des ZPS haben Aktionskünstler versucht, die umstrittene Säule zu entfernen. Sie soll Asche von Holocaust-Opfern enthalten.

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Mitglieder des "Aktions-Künstlerkomitees" (AKK) haben am Sonntag versucht, die umstrittene Säule in Sichtweite des Reichstags abzubauen. Angeblich soll sie Asche von Holocaust-Opfern enthalten. Es gelang allerdings nicht, weil die Polizei nach einer halben Stunde die Arbeiten beenden ließ. Das Künstlerkollektiv „Zentrum für politische Schönheit“ (ZPS) hatte die Säule Anfang Dezember auf dem Gelände der früheren Krolloper gegenüber dem Reichstagsgebäude aufgestellt.

Das für provokante Aktionen bekannte Zentrum wollte nach eigenen Angaben mit der Stele an das Ermächtigungsgesetz von 1933 erinnern, mit dem die gesetzgebende Gewalt faktisch vollständig an Adolf Hitler überging, der Beginn der Nazi-Diktatur. Dem Gesetz hatten auch die Konservativen zugestimmt. Das Zentrum wollte mit der Stele auch vor einer Zusammenarbeit der CDU mit der AfD warnen.

Gegen eine Zusammenarbeit von CDU und AfD ist auch das Aktionskünstlerkomitee (AKK), „doch es geht nicht, dass man dafür den Holocaust instrumentalisiert. Das tut einem in der Seele weh“, sagte Eliyah Havemann, inoffizielles Sprachrohr des AKK und Enkel des DDR-Wissenschaftlers und späteren -Regimekritikers Robert Havemann. Das AKK besteht aus rund 20 Mitgliedern, die sich über social-media-Kanäle kennenlernten und nur diese Aktion das AKK gründeten. .Es gab auch heftige Kritik an der Aktion, unter anderem von jüdischen Gruppen.

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Protestkünstler wollte die Säule an einen geheimen Ort bringen

Eigentlich wollte die Gruppe die Säule "an einen geheimen Ort bringen, damit Historiker in 2000 Jahren sich den Kopf darüber zerbrechen können, was dieses Rohr wohl für einen Zweck gehabt haben könnte", wie es in einer vorab verbreiteten Ankündigung heißt.

Dort schrieb das Kollektiv außerdem: "Das AKK unterstützt die Intention des ZPS, alle Parteien (und insbesondere die CDU) des Bundestags vor einer Zusammenarbeit mit der AfD zu warnen." Jedoch sei man "erschrocken, dass mit den Überresten von Auschwitzopfern Politik und/oder Kunst gemacht wird". Und aus diesem grund sollte auch die Säule weg.

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Nur mit Flex-Säge und Hammer ausgestattet, gestaltete es sich allerdings erheblich schwieriger als die Mitglieder des AKK erwartet hatten, die Säule aus ihrem Betonfundament zu entfernen. Eliyah Havemann donnerte erstmal mit einem mächtigen Vorschlaghammer gegen die Säule, mit dem gleichen Erfolg, den auch ein Mückenstich auf einer Elefantenhaut auslöst. Es sollte aber auch eher eine symbolische Geste werden. Die eigentliche Arbeit sollten zwei Flex' erledigen, die unten an der Säule angelegt wurden.

Doch dann kam das nächste Problem: Die Scheiben der Flex' zeigten wenig Wirkung, sie mussten ausgetauscht werden. Als dann doch mal die Funken sprühten, drangen die Scheiben nicht komplett durch die Säule. Irgendwann versuchten fünf Aktivisten die Säule umzustoßen. Nichts rührte sich.

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Also löste Havemann auf einer Leiter mit einem riesigen Schraubenschlüssel die Schrauben, mit denen der Deckel der Säule befestigt war. Er schob seinen Kopf über den Rand, blickte ins Innere und sagte dann "Das ist ja interessant." Sekunden später zog er ein schwarzes Verlängerungskabel hervor. Von irgendwelcher Asche erzählte er nichts.

Um 12.36 Uhr tauchte dann ein Streifenwagen der Polizei mit Blaulicht auf, zwei Minuten später trafen zwei Mannschaftswagen der Polizei ein. Am Ende standen rund ein Dutzend Polizisten um den Tatort, allerdings war die Atmosphäre entspannt. Die Flexarbeiten waren damit allerdings zu Ende. Die Säule stand immer noch, auch ein Transparent, das die Aktivisten an dem Baugitter aufgehängt hatten, das die Säule umgab, hing noch.

"Wer Leid konsumierbar macht, ist Teil des Problems"

Die Botschaft darauf lautete: "Wer Leid konsumierbar macht, ist Teil des Problems". Jetzt war das Transparent Teil des Problems, denn die Polizei hatte den Verdacht, dass hier eine politische Versammlung stattfindet. "Und eine solche Versammlung muss angemeldet werden", sagt ein Polizist zu Havemann.

Der erklärte sich sofort bereit, das Plakat abzuhängen, bestritt, dass es sich um eine politische Versammlung handele, und die Polizei prüfte erstmal die Lage. Die Aktivisten mussten von der Säule zurücktreten und die Werkzeuge niederlegen, aber ansonsten passierte 20 Minuten gar nichts. Nur die Personalien einiger AKK-Mitglieder wurden geprüft.

Am Ende aber entschied die Einsatzleiterin der Polizei: Die Aktivisten waren nicht befugt, an der Säule zu arbeiten, eine Anzeige wegen Sachbeschädigung aus dem Umfeld des Politischen Zentrums lag vor, die Säule musste wieder abgesperrt werden, das Werkzeug wurde beschlagnahmt. Ende der Veranstaltung.

Der Bezirk Mitte hatte dem Zentrum für politische Schönheit eine Frist bis zum 20. Dezember 2019 gesetzt, um die Säule abzubauen. Das Kollektiv hatte dagegen Widerspruch eingelegt.

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