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Ineinander verschlungen. Das Stück "A White Blank Age" ist demnächst in der Ufa-Fabrik in Berlin-Tempelhof zu sehen.

© goodbyproduction

Zeitgenössischer Zirkus in Berlin: In "A White Blank Age" vereint sich Akrobatik mit Tanz

In der Ufa-Fabrik in Berlin-Tempelhof steht demnächst zeitgenössischer Zirkus auf dem Programm. Mit Clowns und Kunststücken hat das aber wenig zu tun.

Die Bühne ganz in Weiß. Ein kompletter Neuanfang ohne die alltägliche Reizüberflutung. Drei Menschen, die erst einmal nicht wissen, wie sie miteinander in Kontakt kommen können. Sie tanzen einen Tango, ohne Berührung der Körper. Erst nach und nach kommen sie einander näher, können sich fühlen, miteinander umgehen, sich gegenseitig mit Emotionen begegnen. „A White Blank Age“ heißt das Stück, das zurzeit im Varieté-Salon der Tempelhofer Ufa-Fabrik geprobt wird. Und das am 1. September Uraufführung hat.

„Willkommen in unserem Labor“, sagt Maximilian Rambaek, der Regisseur, bei einem Probenbesuch. Und das meint er fast wörtlich. Denn dadurch, dass die Künstler und Künstlerinnen über mehrere Wochen den Saal und die Bühne für ihre Probenarbeit nutzen können, ist eine sonst nicht so übliche Laborsituation entstanden: „Wir konnten uns hier richtig einnisten und erforschen, was ich da vorhatte.“

In der Mitte des Saals ist das ganze technische Equipment aufgebaut, mit dem Ton und Licht gesteuert werden. In normalen Zeiten wird die Bühne bespielt und steht nicht schon wochenlang für Proben zur Verfügung. Aber wegen der Pandemie gibt’s in der Ufa-Fabrik zurzeit nur Programm auf der überdachten Freiluftbühne – und deshalb drinnen Platz.

„A White Blank Age“ ist ein Programm des so genannten zeitgenössischen Zirkus. Dieser Begriff ist erst einmal verwirrend; denkt man doch bei Zirkus an Clowns, Zauberer und Akrobatiknummern, die jeweils auf einen bestimmten sensationellen Trick hinauslaufen, bei dem Menschen außergewöhnliche körperliche Leistungen bieten, wahnsinnig gelenkig sind, durch die Luft fliegen oder sonstige Kunststücke vollbringen können.

Das kann im zeitgenössischen Zirkus durchaus zu sehen sein, aber es verfolgt nicht den Selbstzweck dieses einen spektakulären Moments, sondern dient dazu, Emotionen oder Ausdrücke in einem Stück zu verstärken, sagt Rambaek. Zeitgenössischer Zirkus vereint Tanztheater mit artistischen Elementen.

  • Die Termine: Das Stück „A White Blank Age“ steht vom 1. bis zum 4. September auf dem Programm der Ufa-Fabrik, jeweils 20 Uhr. Es gilt die 3G-Regel: geimpft, genesen oder getestet. Infos zu Tickets: ufafabrik.de

Die drei auf der Bühne kommen ursprünglich vom Tanz. Alessandro Di Sazio begann einst als Breakdancer, machte eine Ausbildung zum Bühnentänzer mit dem Schwerpunkt Modern Dance und entdeckte dann seine Liebe zur Zirkuskunst.

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Auch die in Florida aufgewachsene Mandi Orozco begann als Tänzerin, entdeckte ebenso ihr Herz für die Artistik. Sie ist sogenannte Kontorsionistin, früher hätte man Schlangenfrau gesagt – und kann sich aufgrund permanenten Trainings unglaublich verbiegen und ihrem Körper unmöglich scheinende Positionen abtrotzen. Und Mario Español hat die Staatliche Schule für Artistik in Berlin absolviert. Wie selbstverständlich gehen bei ihnen tänzerische in artistische Bewegungen über, um dann fließend im Tanz weitergeführt zu werden.

Rambaek stand schon als Teenager in der Ufa-Fabrik auf der Bühne

Maximilian Rambaek hat mit den drei Künstlern auf der Bühne schon mehrfach zusammengearbeitet, ebenso wie mit dem Komponisten Mischa Tangian, der die Musik geschrieben hat, dem Sounddesigner David Rusitschka und mit Jakob Vonau, der das Bühnenbild geschaffen hat. Die Ufa-Fabrik kennt der 1979 geborene Rambaek, der ohnedies in Tempelhof aufwuchs, schon seit seiner Kinder- und Jugendzeit.

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Mit 14 Jahren übernahm er 1994 hier die Hauptrolle in Markus Pabsts Stück „Kinder“; später leitete er mit Anfang 20 einige Jahre den Kinderzirkusbereich. Es folgten unter anderem mehrere Produktionen im Chamäleon-Varieté.

Die Corona-Zeit ist ein schwerer Schlag

Wie war die Corona-Zeit? „Im März 2020 sah bei mir noch alles gut aus“, sagt Rambaek. Der Terminkalender war voll. Zwei Monate später, im Mai, war klar, dass davon so gut wie nichts übrig bleiben würde. Die künstlerisch Tätigen hätten schon bald erfahren müssen, dass ihre Belange nicht im Interesse der Entscheider standen, sagt Rambaek.

Während für Teile der Wirtschaft wichtige Unterstützungsnetze gespannt wurden, damit sie nicht ins Bodenlose abstürzen, blieb für die Kultur nur wenig. Erst zögerlich wurden Fördermöglichkeiten installiert. Die jetzige Produktion konnte nun dank der Neustarthilfe und durch die räumliche Unterstützung durch die Ufa-Fabrik angegangen werden.

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