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Berlin: Zehn Jahre Haft: Höchststrafe für Christians Mörder

Gericht hält Ken M. für vermindert schuldfähig Entlassung nach einem Drittel wäre möglich

Blaue und weiße Luftballons steigen in den Moabiter Himmel. Sie sind mit Sternen bedruckt und tragen kleine Kärtchen. Es sind Grüße an den siebenjährigen Christian, dessen Mörder gerade verurteilt worden ist. Zehn Jahre Haft hat das Landgericht gegen Ken M. (Name geändert) verhängt. Das ist die nach Jugendrecht höchstmögliche Strafe. „Mehr war nicht zu erwarten“, sagt Christians Großvater leise. „Aber kein Urteil kann uns den Schmerz nehmen.“

Der zur Tatzeit 16-jährige Ken M. tötete den Jungen heimtückisch und aus Mordlust. Davon waren gestern die Richter überzeugt. Ken M. habe das Urteil für den Mord „stumm und sehr betroffen“ aufgenommen, sagte sein Verteidiger Matthias Zieger nach dem nicht öffentlichen Prozess. Christians Eltern wollten das Urteil nicht kommentieren. Sie haben an jedem Prozesstag mit im Gerichtssaal gesessen – stumm, bedrückt, oft mit Tränen in den Augen. „Wir hoffen, dass jetzt ein bisschen Ruhe einkehrt in unser Leben“, sagte Christians Großmutter.

Ken M. hatte den Zehlendorfer Nachbarsjungen am 27. August 2005 in ein Versteck gelockt, dort mit der Faust und einem Ast sowie mit massiven Tritten zu Tode gequält. Zwei Stunden später fand der Vater den jüngsten seiner drei Söhne in einem Gebüsch am Lupsteiner Weg. Der getötete Christian lag nackt unter einer Plane. Drei Tage später wurde Ken M. festgenommen. Der Jugendliche, der schon oft zugeschlagen hat, legte bald ein Geständnis ab, sprach von „persönlichem Frust“ als Motiv. Auch vor Gericht gab er die Tat zu, berief sich aber auf den Einfluss von Drogen und Alkohol. Eine von der Anklage zunächst angenommene sexuelle Komponente bei der Tat bestätigte sich nicht. Das Gericht geht davon aus, dass Ken M. aus Mordlust tötete. Was vermutlich auf seine jüngste Einlassung zurückzuführen ist. Ken M. soll im Prozess erklärt haben, dass er schon immer jemanden umbringen wollte.

„Die Tat ist monströs, aber er darf nicht als Monster abgestempelt werden“, sagte der Verteidiger. Obwohl das Gericht von einer verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen sei, habe das nicht zu einer Strafmilderung geführt, kritisierte Zieger. Er hatte eine deutlich unter dem Höchstmaß liegende Strafe gefordert. In der Erziehung seines Mandanten seien erhebliche Fehler gemacht worden. „Seine Persönlichkeitsstörungen lassen sich erzieherisch beheben.“ Theoretisch kann eine Jugendstrafe nach einem Drittel zur Bewährung ausgesetzt werden. Eine solche Praxis finde in Berlin aber nicht statt, sagte Zieger. Es komme „allerfrühestens Halbstrafe“ in Betracht. Doch auch damit rechnet niemand.

Die kriminelle Karriere von Ken M. begann, als er elf Jahr alt war. Im jetzigen Prozess musste er sich auch wegen Misshandlung eines Bundeswehrsoldaten verantworten. Bei diesem Angriff wenige Wochen vor dem Mord stand Ken M. unter Bewährung. In Haft aber kam er nicht, da er aus Sicht eines Haftrichters in „geordneten Verhältnissen“ bei seinen Großeltern lebte. „Wenigstens hat er jetzt die Höchststrafe bekommen“, sagt eine Freundin von Christians Familie – und schaut den Luftballons hinterher.

Kerstin Gehrke

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