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Wenn’s mal wieder länger dauert. Wer in die Stadt reinfährt, steht im Stau. Wer in der Stadt drin ist, steht im Stau – wie hier am S-Bahnhof in Witzleben, auf der A 100 gen Norden.

© Doris Spiekermann-Klaa

Zahlen der Bundesagentur für Arbeit: Nur jeder Fünfte in Berlin pendelt

Nur ein Fünftel der Arbeitnehmer fährt täglich von Brandenburg nach Berlin. In anderen Metropolregionen ist der Pendleranteil wesentlich höher.

Von Matthias Matern

Brandenburg ist als Wohnort für berufstätige Berliner offenbar kaum gefragt. Während in anderen deutschen Metropolen oftmals mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer außerhalb der Stadtgrenze wohnt und täglich zur Arbeit pendelt, sind es in Berlin nur 21 Prozent. Das belegen aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit, die der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) jetzt ausgewertet hat.

„Wer in Berlin arbeitet, wohnt in der Regel auch in der Stadt. Angesichts bezahlbarer Mieten scheint es wenig Anreize fürs Pendeln zu geben“, erklärte BBU-Vorstand Maren Kern am Montag auf einer Verbandstagung in Bad Saarow. Brandenburgs Landesregierung warf sie in diesem Zusammenhang jedoch Versäumnisse vor. „Berlin wächst jetzt. Brandenburg muss sich so positionieren, dass das Land mehr davon profitiert“, sagte Kern den Potsdamer Neuesten Nachrichten. Mit der Eigenwerbung als attraktive Wohnortalternative zu Berlin seien die Städte und Gemeinden im Umland aber überfordert. „Die Kommunen machen schon sehr viel, sie haben aber nicht die notwendigen finanziellen Möglichkeiten. Brandenburgs Landesregierung sollte die Städte noch mehr dabei unterstützen, ihre vielen Stärken deutschlandweit besser zu vermarkten“, forderte Kern. Dabei müsse das Land auch innovative Wege gehen. Denkbar seien etwa entsprechende Online-Banner auf den einschlägigen Portalen für Immobiliensuche.

Mangelnde Attraktivität des brandenburgischen Umlandes ist kein Grund

Der BBU-Auswertung zufolge beträgt der Pendleranteil unter den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Bremen mehr als 42 Prozent, in Frankfurt (Main) sind es knapp 65 Prozent und in München sogar 77,5 Prozent. In Potsdam beträgt die Pendlerquote 57,1 Prozent.

Mangelnde Attraktivität des brandenburgischen Umlandes ist laut Kern kein Grund für den vergleichsweise geringen Pendleranteil in Berlin. „Ansprechende Stadtbilder, günstige Mieten, entspannte Wohnungsmärkte, gute Stadtinfrastruktur und vielfach gute Anbindungen nach Berlin: Brandenburgs Städte bieten vielfach Wohnqualität der Königsklasse“, so der BBU-Vorstand.

Bislang konzentriere sich der Zuzug aber massiv auf einige wenige Kommunen in direkter Nähe zur Berliner Stadtgrenze wie Falkensee, Kleinmachnow, Stahnsdorf oder Teltow. Andere Städte und Gemeinden – selbst nah an Berlin – hätten dagegen sogar mit Wohnungsleerstand zu kämpfen. So würden beispielsweise derzeit in Rüdersdorf noch ganze Wohnblöcke abgerissen, weil sie nicht vermietet werden können. Die Gemeinde grenzt im Südosten direkt an Berlin.

In pendlernahen Städten stehen die Wohnungen leer

Auch in Städten wie Brandenburg an der Havel oder Frankfurt (Oder) sind die Leerstandsquoten laut Maren Kern noch recht hoch. Der jüngsten Marktanalyse des BBU zufolge stehen etwa in der Stadt Brandenburg knapp 14 Prozent der Wohnungen der Mitgliedsunternehmen leer. Dabei sei Berlin von Brandenburg an der Havel aus innerhalb einer Stunde zu erreichen. Im Vergleich zu den Pendlerbewegungen in anderen Metropolregionen sei dies keine Entfernung. Mehr Anstrengungen verlangte Maren Kern auch beim weiteren Ausbau der Infrastruktur für Pendler. Hierbei müssten Berlin und Brandenburg künftig besser zusammenarbeiten, so der BBU-Vorstand. „Die S-Bahn nach Stahnsdorf muss kommen“, forderte Maren Kern unter anderem.

Bereits seit Jahren mahnt auch der ADAC ein entsprechendes Konzept an. Kritisiert werden etwa lange Staus auf den Berliner Ausfallstraßen, zu geringe Taktfrequenzen im öffentlichen Nahverkehr und nicht genügend Parkplätze an S-Bahnhöfen, die Park and Ride anbieten. Den beiden Ländern Brandenburg und Berlin wirft der Automobilclub sogar „fehlenden politischen Willen“ beim Thema bessere Verkehrsanbindung vor.

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