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Umstrittene Pläne. Mit dem Mietendeckel entstehe ein „Bürokratiemonster“, warnt die Wirtschaft.

© Kai-Uwe Heinrich

Wohnungspolitik in Berlin: Was man über den Mietendeckel wissen muss

Wohnsenatorin Lompscher stellt den Mietendeckel zur Diskussion. Geplant sind höhere Oberwerte als ursprünglich, Zuschläge und mehr Ausnahmeregelungen.

Es bleibt dabei: Ab 11. Januar werden alle Mieten in Berlin fünf Jahre lang eingefroren auf den Stand vom 18. Juni 2019, als der Senat den „Eckpunktebeschluss“ zum Mietendeckel traf – neu ist aber eine geringfügige Anpassung. Sobald der Deckel auf den Mieten sitzt, wird der Mietspiegel außer Kraft gesetzt. Anders als bisher geplant, wird es nicht zum Ansturm auf die Bezirksämter kommen.

Denn für die meisten Berliner gilt: Sie zahlen ihre bisherige Miete weiter. Nur wer mehr als 30 Prozent seines verfügbaren Haushaltseinkommens fürs Wohnen ausgibt, darf einen Antrag auf Senkung der Miete auf die neuen staatlich festgesetzten Oberwerte stellen.

Diese Mietoberwerte musste Berlins Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Katrin Lompscher allerdings neu berechnen. Die am vergangenen Wochenende im Tagesspiegel enthüllte Tabelle mit erster Überlegungen aus ihrem Hause verwarfen die Koalitionäre am Donnerstagabend. Statt der bisher angesetzten Miete aus dem Jahr 2011 gelten nun die höheren Werte aus dem Jahr 2013.

Lompscher rechtfertigte die Korrektur am Freitag bei der Vorstellung des Kompromisses mit dem Bemühen der Koalition, das Gesetz rechtssicherer zu machen. Die neuen Oberwerte sollen außerdem noch etwas nach oben angepasst werden, indem die Lohnentwicklung in Berlin seit dieser Zeit aufgeschlagen wird – oder alternativ die Inflation. Auch diese Abmilderung trägt der Warnungen des Bundesverfassungsgerichts Rechnung, Eingriffe in den Markt dürften „Preisspitzen auf angespannten Wohnungsmärkten“ abschneiden, allerdings müssten sie auch dann noch verhältnismäßig sein.

Zuschläge für Sanierungen

Und noch eine Regelung ist neu: Damit die Mieten von hübsch sanierten Wohnungen nicht unverhältnismäßig stark gesenkt werden, ist ein Aufschlag von 1,40 Euro je Quadratmeter vorgesehen. Voraussetzung ist, dass die Arbeiten in den letzten 15 Jahren erfolgten. Eine Wohnung im Altbau mit einem gesetzlichen Oberwert von 6,50 Euro je Quadratmeter dürfte demnach für 7,90 Euro vermietet werden. Auch die höheren Kosten für vermietete Wohnungen in Ein- oder Zweifamilienhäuser berücksichtigt der Gesetzesentwurf durch einen „Zuschlag“ in Höhe von zehn Prozent auf die Miete.

Einen Ausweg gibt es auch im Streit um die starren Obergrenzen, die Lompscher bevorzugt hatte. Auch das korrigierten die Koalitionäre und einigten sich auf einen „atmenden Deckel“ wie ihn die Grünen zuletzt in der Parlamentsdebatte gefordert hatten. Damit will Rot-Rot-Grün verhindern, dass ausgerechnet die fairen Vermieter bestraft werden, die selten und mäßig die Miete erhöht hatten und weniger als die neuen staatlichen Mieten verlangen. Sie wären durch die starre Obergrenze benachteiligt worden. Verlangte ein Vermieter weniger als den Oberwert, dann wird er die Miete schrittweise anheben dürfen auf die Oberwerte.

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Was aber passiert, wenn ein Mieter auszieht, der bisher mehr zahlte als den Oberwert? Diese frei gewordene Wohnung muss der Vermieter zu den niedrigeren staatlichen Oberwerten neu vergeben – und entsprechende Einbußen hinnehmen.

Damit der Deckel nicht alle Investitionen blockiert, sollen die Kosten für Modernisierungen mit einem Betrag von maximal einem Euro je Quadratmeter auf den Mieter umgelegt werden dürfen. Umfangreichere Arbeiten, die stärkere Mieterhöhungen zur Folge hätten, bleiben möglich, sind allerdings genehmigungspflichtig.

Neubauten sind vom Mietendeckel ausgenommen

Ausgenommen vom Mietendeckel sind – wie gehabt – Neubauten ab dem Jahr 2014. Gestrichen wurde außerdem aus den früheren Überlegungen der Ausschluss von Kündigungen wegen Eigenbedarfs. Auch das begründete Lompscher mit dem Versuch, möglichst wenig rechtliche Angriffsflächen gegen das Gesetz zu bieten.

„Das Gesetz wird eine Dämpfungswirkung für die Mieten in Berlin insgesamt haben“, sagte Lompscher. In den Griff bekommt das Land damit vor allem den rasanten Anstieg der „Angebotsmieten“, also für freie Wohnungen. Diese liegen deutlich höher als die Mieten im Bestand. Wie hoch der „Wertverlust“ durch die neuen Regelungen bei den Immobilieneigentümern sein wird, müsse noch ermittelt werden, sagte Lompscher. Das Deckelgesetz und seine Mietoberwerte sei befristet auf fünf Jahre und werde dann „ausgesetzt“.

Weil dann kein Mietspiegel mehr in Berlin gilt, träten stattdessen „die normalen Regelungen nach Bürgerlichen Gesetzbuch“ in Kraft mit der Festlegung von „ortsüblichen Vergleichsmieten“. Dann müsse „in jedem Einzelfall“ die angemessene Miete gesetzlich überprüft werden. Dieser Aufwand sei dann erforderlich, bis wieder ein Mietspiegel erarbeitet ist. Nicht ausgeschlossen ist allerdings auch, dass nach einer „Evaluierung“ seiner Wirkung der Mietendeckel für weitere fünf Jahre erneut in Kraft tritt.

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Kritik aus der Wohnungswirtschaft

In der Wohnungswirtschaft wurde auch der abgemilderte Entwurf des Mietendeckels skeptisch kommentiert.

„Die heute vorgestellten Eckpunkte sind auch wieder nur ein unnötiger Schnellschuss und ein weiterer Arbeitsstand, aber noch kein ausgearbeiteter und begründeter Referentenentwurf“, sagte Maren Kern, Chefin der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen (BBU). „Diesen werden wir im Sinne einer sachlichen und seriösen Diskussion nun abwarten, um uns gemeinsam mit unseren Mitgliedsunternehmen im Rahmen einer Stellungnahme gründlich damit auseinanderzusetzen.“

Deutlicher noch wurde IHK-Präsidentin Beatrice Kramm. „Jede Mietenkappung mit politisch festgelegten Obergrenzen vernichtet Vertrauen und Investitionsbereitschaft“, sagte sie. Auch ein solches Gesetz wäre rechtswidrig, weil dem Land die entsprechende Gesetzgebungskompetenz fehlten und die geplanten staatlichen Eingriffe unverhältnismäßig wären. „Wir halten dies für einen problematischen Umgang mit der geltenden Rechtsordnung.“

Die neuen Eckpunkte änderten weder etwas an den großen Versäumnissen der Stadtentwicklungspolitik in der Vergangenheit noch zeigten sie Lösungen für die Zukunft auf, sagte Kramm. Berlin benötige dringend Neubau, bekomme stattdessen aber ein „Bürokratiemonster“, das auf juristisch „äußerst bedenklicher Grundlage“ geschaffen werde und den Wirtschaftsstandort massiv beschädigen werde.

Wie es weitergeht - der Zeitplan zum Mietendeckel

Am 11. Januar soll der Mietendeckel in Kraft treten. Das hatte der Senat bereits am 18. Juni verkündet, als er Eckpunkte für den Mietenstopp beschlossen hatte. Nun steht der Referenten-Entwurf, der ab Montag in die Abstimmung mit den zuständigen Verbänden und Fachkreisen geht. Für diesen Verfahrensschritt sind nach offiziellem Zeitplan der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zwei Wochen vorgesehen, bis zum 13. September.

Danach wird das Mitzeichnungsverfahren der beteiligten Senatsverwaltungen eingeleitet und bis zum 7. Oktober soll der Gesetzesentwurf für den Senat angemeldet werden. Der Senatsbeschluss ist dann für den 15. Oktober vorgesehen.

Danach ist das Abgeordnetenhaus an der Reihe. Die erste Lesung des Entwurfs soll bis zum 31. Oktober erfolgt sein, im November und Anfang Dezember wird das Papier dann in den parlamentarischen Ausschüssen beraten. Die zweite Lesung müsste dann bis zum 12. Dezember erfolgen. Sofern auf eine dritte Lesung verzichtet wird, kann das Gesetz bis 20. Dezember ausgefertigt und am 10. Januar verkündet werden.

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