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Eine eigene Mietpreisbremse könnten Obergrenzen für Mieten in Berlin festgelegt werden.

© Jens Kalaene/dpa

Wohnungsnot in der Hauptstadt: Berlin könnte eine eigene Mietpreisregulierung einführen

Die Wohnungen werden immer teurer. Was lässt sich dagegen tun? Ein neues Landesrecht könnte die Mieten effektiver deckeln. Ein Gastbeitrag.

Die vom Bund 2015 eingeführte „Mietpreisbremse“ ist richtig, ebenso ihre jüngst auf Druck der SPD beschlossene Verschärfung. Doch die erneute Zurückhaltung bei der Ausgestaltung und die weiterhin zahlreichen Ausnahmen zeigen: Der Druck der Eigentümer-Lobby ist stark, und es ist ihr mit Hilfe der Christdemokraten wieder gelungen, die Regelungen stark zu verwässern.

So weit, so ernüchternd. Aber: Es gibt eine Möglichkeit, wenigstens für Berlin mit der rot-rot-grünen Regierungsmehrheit, einen Mietendeckel einzuführen, der tatsächlich wirkt.

Denn bisher wurde übersehen, dass das Land Berlin bei näherer verfassungsrechtlicher Betrachtung die Möglichkeit hat, eine eigene Mietpreisregulierung einzuführen, die unabhängig von der bestehenden Mietpreisbremse funktioniert. Grundlage dafür wäre die – zuletzt stiefmütterlich behandelte – Gesetzgebungskompetenz der Länder für das „Recht des Wohnungswesens“.

2006 ging die Gesetzgebungskompetenz auf die Länder über

Dieses Recht, für das viele Jahrzehnte der Bund zuständig war, spielte vor allem in der unmittelbaren Nachkriegszeit eine Rolle: Da in der jungen Bundesrepublik aufgrund von Kriegsverwüstungen und millionenfacher Flucht die Wohnungsnot grassierte, verhinderte man durch die sogenannte „Wohnraumzwangsbewirtschaftung“ und die damit verknüpften Mietgrenzen Spekulation und Wucher.

Während diese Form der strikten Regulierung des Wohnungsmarktes im Verlauf der 1950er und 1960er Jahre nach und nach abgeschafft wurde, galt in West-Berlin noch bis Anfang 1988 eine gesonderte Mietpreisbindung für Altbauten. Mieterhöhungen waren nur im Falle der Genehmigung durch staatliche Preisstellen möglich, die die Erhöhungen anhand sozialer Kriterien überprüften.

Dies war, wie gesagt, Bundesrecht. Doch 2006 ging die Gesetzgebungskompetenz für das Recht des Wohnungswesens im Zuge der Föderalismusreform weitgehend auf die Länder über. Dem Land Berlin steht es somit frei, eine landeseigene öffentliche Mietpreisbindung einführen. Diese Gelegenheit sollte es durch Einführung eines „Berliner Mietendeckels“ nutzen.

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„Berliner Mietendeckel“ könnte noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden

Mit einer solchen Regelung könnten für die von der aktuellen Preisentwicklung besonders hart betroffenen Wohnungen im Innenstadtbereich – etwa 40 Prozent des Berliner Mietenmarktes – Obergrenzen für Bestands-, aber auch für Neumieten festgelegt werden. Die Höhe dieser Mietgrenzen wäre, analog zu den in Milieuschutzgebieten festgesetzten Verordnungsmieten, anhand von sozialen Kriterien zu bestimmen. Die Vermieter müssten verpflichtet werden, die bisherige Miete bei Neuvermietungen anzugeben und die Mietverträge auf Anforderung den bezirklichen Mietpreisstellen vorzulegen.

Eine Miete, die gegen diese Grenze verstößt, wäre unwirksam.

Auch wären Mieterhöhungsklagen der Eigentümer aussichtslos, wenn keine Ausnahmegenehmigung des Bezirksamtes vorliegt. Ziel sollte es sein, die durchschnittliche Nettokaltmiete bei etwa sechs bis sieben Euro zu halten.

Ein beherztes Vorgehen der Regierungskoalition vorausgesetzt, könnte der von uns vorgeschlagene „Berliner Mietendeckel“ noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden. Angesichts wachsender Verdrängung und Unsicherheit der Mieterinnen und Mieter in Berlin ist keine Zeit zu verlieren.

Eva Högl ist Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des SPD-Kreisverbands Mitte. Julian Zado ist stellvertretender Vorsitzender der SPD Berlin. Kilian Wegner ist Sprecher des Arbeitskreises für soziale Stadtentwicklung der SPD Mitte.

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Eva Högl, Julian Zado, Kilian Wegner

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