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Ein sanierter und ein unsanierter Altbau in der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain.

© imago/ Christian Mang

Wohnungsnot in Berlin: Grüne wollen Milieuschutz ausweiten

Um Wohnungsnot und steigende Mieten in Berlin in den Griff zu bekommen, haben die Grünen auf der Klausurtagung das Konzept der „neuen Wohngemeinnützigkeit“ beschlossen.

Von Sabine Beikler

Rund 150 000 preiswerte Wohnungen fehlen in Berlin. In den nächsten fünf Jahren sollen jährlich 20 000 Mietwohnungen gebaut werden, darunter zwei Drittel Sozialwohnungen und ein Drittel im mittleren Preissegment. Um diesen Plan umzusetzen, schlagen die Grünen die „neue Wohngemeinnützigkeit“ vor. Auf ihrer Klausurtagung verabschiedete die Grünen-Fraktion dieses Konzept, das privaten Wohnungsanbietern Steuererleichterungen gewährt, wenn sie dauerhaft sozial gebundenen Wohnraum schaffen.

Auf Bundesebene hatten die Grünen im Vorjahr einen entsprechenden Antrag eingebracht. „Die Debatte darüber läuft“, sagte die Berliner Grünen-Spitzenkandidatin Lisa Paus. Private und öffentliche Bauherren sollen einmalige Investitionszulagen als Steuergutschrift oder prozentuale Befreiungen von der Grunderwerbs-, Gewerbe- und Körperschaftssteuer erhalten, je nachdem, wie viele Wohnungen an Menschen unterhalb der Einkommensgrenze vermietet werden. Eine gemeinsame Bundesratsinitiative mit der SPD und den Linken wäre im Sinn der Berliner Grünen, aber eine Stellungnahme der SPD stehe noch aus, sagte Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek.

Das Konzept der Wohngemeinnützigkeit gab es in Deutschland mehr als 100 Jahre bis zur Abschaffung 1990. Diese gemeinnützigen Wohnungsunternehmen stellten noch 1989 knapp 3,3 Millionen Wohnungen und boten diese zu Mieten von bis zu 30 Prozent unter dem Durchschnitt an.

In Berlin sind 27 der 33 Milieuschutzgebiete in grüner Bezirksverantwortung. Die Grünen wollen zehn weitere Gebiete unter Schutz stellen. In Friedrichshain- Kreuzberg leben 41 Prozent der Bevölkerung in Milieuschutzgebieten. „Unser Ziel ist die Erweiterung auf 60 Prozent“, so Grünen-Baustadtrat Florian Schmidt. Auch in Pankow sollen neben den zehn Milieuschutzgebieten vier weitere dazukommen, berichtete Stadtrat Vollrad Kuhn (Grüne). Problematisch seien bei Genehmigungen von Sanierungen die Definitionen von Ausstattungsstandards.

In Charlottenburg-Wilmersdorf existieren zwei Milieuschutzgebiete. Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) sagte, er habe „null Stellen“, um die Regelungen zu kontrollieren. Er könne dafür kein Personal bei 2300 unbearbeiteten Bauvorgängen „abziehen“. Auch im City-West-Bezirk gebe es Gentrifizierung: „Im Bezirk wird die Mittelschicht verdrängt.“ Neuköllns Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) fügte hinzu, viele Mieter in Neukölln wüssten nicht, dass sie in vermieteten Eigentumswohnungen lebten, die andere Kündigungsfristen hätten als reguläre Mietwohnungen. Im angesagten Reuterkiez gebe es inzwischen einen Eigentumswohnanteil von 20 Prozent.

Alle Stadträte berichteten von Schwierigkeiten bei der Umsetzung des kommunalen Vorkaufsrechtes. Die Wertermittlung müsse besser geregelt sein. Sie forderten einen Fonds für einen „Pool an Partnern“, der innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Monaten als Verkäufer eintreten könnte. Sabine Beikler

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