zum Hauptinhalt
Im April startet das Volksbegehren „Deutsche Wohnen enteignen“. Die Linke hat ihre Position gefunden, SPD und Grüne suchen noch.

© Stefan Boness/Ipon/Imago

Wohnungsmarkt in Berlin: Enteignung von Großvermietern: Koalition findet keine Einigung

Bisher gibt es keine gemeinsame Position zur Enteignung von Großvermietern: Müller ist dagegen, sein Parteinachwuchs dafür – und die Linken sowieso.

Von

Nachdem sich die Berliner Jusos grundsätzlich für die Nutzung des im Grundgesetz verankerten Rechts auf Enteignung ausgesprochen haben, will deren Landeschefin Annika Klose von einem Generationenkonflikt innerhalb der SPD nichts wissen. „Ich sehe das eher als politischen Richtungskonflikt, schließlich haben wir auch ältere Mitglieder in der Partei, die unsere Position teilen“, sagte Klose.

Zwar stünden die Jusos dem Recht auf Enteignung „aufgeschlossen und positiv gegenüber“, wollten aber keine „Luftschlösser bauen“ und Enteignungen vor allem auf Grund und Boden beziehen. Immobilienunternehmen sollten nur dann in den Fokus rücken, wenn ihre Vermietungspraktiken gegen Instrumente der sozialen Stadtentwicklung wie Mietspiegel, Mietpreisbremse, Zweckentfremdungsverbot oder kooperativer Baulandentwicklung verstoßen. Eine bloße Konzentration auf ihre Größe, wie beim Volksbegehren „Deutsche Wohnen enteignen“ vorgesehen, lehnen die Jusos ab.

Gesetze müssten auf Bundesebene geändert werden

Iris Spranger, wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, forderte eine differenzierte Debatte auch innerhalb der SPD. „Enteignung bedeutet Entschädigung, das kostet Steuergeld und darüber muss man die Leute aufklären“, sagte Spranger. Sie warb dafür, die Modernisierungsumlage auszusetzen, damit Vermieter nicht plötzlich die Miete erhöhen und Mieter so aus der Wohnung drängen könnten. Entsprechende Gesetze müssten aber auf Bundesebene geändert werden, dort kann sich die SPD derzeit nicht gegen die CDU durchsetzen.

Nicht nur die Jusos, auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller hatte sich zuletzt beim Thema Enteignungen positioniert. „Ich sehe die Initiative ,Deutsche Wohnen enteignen‘ sehr kritisch“, sagte Müller der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und fügte hinzu: „Das ist nicht mein Weg und nicht meine Politik.“ Er unterstützte die Idee eines Mietendeckels – sehr zur Freude der Initiatoren innerhalb des Landesverbandes. Ihren finalen Umgang mit dem Thema Enteignungen und dem am 6. April startenden Volksbegehren werden die Sozialdemokraten Ende März auf dem dann anstehenden Landesparteitag diskutieren.

Linke unterstützt Volksbegehren

Im Gegensatz zur SPD haben die Linken ihre Position bereits gefunden. Auf dem Parteitag im Dezember stimmten die Genossen ohne Gegenstimmen für die Unterstützung des Volksbegehrens. Die Volksinitiative zur Enteignung beruft sich auf Artikel 15 des Grundgesetzes, wonach Grund und Boden durch Vergesellschaftung in Gemeinwohl überführt werden kann. Die Linke will Großvermieter wie die Deutsche Wohnen, Arkelius, ADO oder Vonovia, die mehr als 3000 Wohnungen im Bestand haben, entschädigen. Dafür wären zweistellige Milliardensummen fällig.

Fraktionschefin Carola Bluhm bekräftigte am Montag ihre Haltung und distanzierte sich von der Äußerung des Regierenden Bürgermeisters. Unternehmen wie die Deutsche Wohnen würden Gewinnmaximierung auf Kosten der Mieter betreiben. „Wir halten es für angebracht, mit allen uns durch die Verfassung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten dagegen vorzugehen und keines von vornherein auszuschließen“, sagte Bluhm. Sie erwarte von der rot-rot-grünen Landesregierung, dass sie alle Möglichkeiten nutze, „um das Grundrecht auf Wohnen durchzusetzen“.

Mieter in bestehenden Wohnungen müssten geschützt, und der Bau preiswerter Wohnungen vorangetrieben werden. Linken-Parteichefin Katina Schubert ergänzte, dass sie wie Müller einen Mietendeckel gut fände, wonach Mieten in Stadtregionen mit besonders starkem Preisanstieg mindestens fünf Jahre eingefroren werden könnten.

Keine einheitliche Position bei den Grünen

Die Grünen haben noch keine einheitliche Position. Fraktionschefin Antje Kapek hat Zweifel, dass eine Enteignung durchsetzbar sei. Und eine Entschädigung koste möglicherweise viel zu viel Geld. Auf Bundesebene ducke man sich vor der Verantwortung, das bundesweit geltende Mietrecht zu verschärfen. Aber eine Diskussion über Enteignungen oder Rückkäufe könne auch Vermieter unter Druck setzen, einen angemessenen Mieterschutz umzusetzen. Kapek wiederholte ihre Forderung, als Land ein „Bündnis mit Investoren“ zu schließen, um Neubau zu fördern.

Rouzbeh Taheri von der Initiative „Deutsche Wohnen enteignen“ sagte dem Tagesspiegel, mit dem Volksbegehren könnten schneller Gesetze zum Schutz der Mieter erlassen werden. Er hoffe, dass die Initiative von einem Großteil der SPD unterstützt werden wird.

Zwölf Newsletter, zwölf Bezirke: Unsere Leute-Newsletter aus allen Berliner Bezirken können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false