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Im Winter haben es Obdachlose besonders schwer.

© Paul Zinken / dpa

Wohnungslosigkeit in der Hauptstadt: Berlin hat wenig Personal zur Betreuung Obdachloser

Für Menschen ohne Dach über dem Kopf beginnt die härteste Zeit des Jahres. Und in Berlin fehlt es an Personal, um der Obdachlosigkeit zu begegnen.

Die Tage werden kürzer, die Nächte kälter: Für die je nach Schätzung zwischen 6000 und 10.000 in der Stadt lebenden Menschen ohne Dach über dem Kopf beginnt die härteste Zeit des Jahres. Doch es erscheint zweifelhaft, ob in der Senatsverwaltung für Soziales ausreichend Mitarbeiter vorhanden sind, die sich um Koordination und Steuerung der Obdachlosenhilfe in der Stadt kümmern können.

Anlass für diese Zweifel ist eine parlamentarische Anfrage des FDP-Abgeordneten Thomas Seerig. Auf Seerigs Frage nach ihrer personellen Ausstattung im Bereich Obdachlosenhilfe antwortete die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, dass sechs Mitarbeiter der Behörde mit dem Thema Obdachlosigkeit befasst seien. Sie teilen sich nach dem Stellenplan 4,5 Stellen, arbeiten also zum Teil in Teilzeit. Weiter heißt es in der dem Tagesspiegel vorliegenden Antwort, dass sie „teilweise noch andere Aufgaben wahrnehmen“.

Darüber hinaus seien „vier Regierungsräte zur Probe bzw. Trainees mit Aufgaben der Bekämpfung der Wohnungs-bzw. Obdachlosigkeit in Berlin“ betraut. Drei im Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten eingerichtete Stellen „für die Entwicklung einer gesamtstädtischen Steuerung der Unterbringung“ seien derzeit wiederum nicht besetzt. „Die entsprechenden Stellenausschreibungen werden vorbereitet“, heißt es weiter.

Wie sind die Zahlen tatsächlich zu bewerten?

Doch wie sind die Zahlen tatsächlich zu beurteilen? Seerig, sozialpolitischer Sprecher seiner Fraktion, legt sich fest: „Das Thema Obdachlosigkeit besitzt für den Senat angeblich sehr hohe Bedeutung. Wenn sich aber gerade einmal sechs der rund 2100 Beschäftigten damit befassen, scheint es eher um verbale Ansprüche als um reale Problemlösungen zu gehen.“ Zwar habe Senatorin Elke Breitenbach (Linke) das Thema Obdachlosigkeit auf zwei in diesem Jahr veranstalteten Strategiekonferenzen zum Schwerpunkt erklärt. „Schwerpunktarbeit stelle ich mir anders vor“, so Seerig weiter.

Robert Veltmann, Geschäftsführer der Gewebo Soziale Dienste Berlin, wirbt für Differenzierung. Zwar könne man angesichts von sechs Mitarbeitern „nicht wirklich behaupten, dass das ausreicht.“ Auf die in der Senatsverwaltung für Soziales arbeitenden Kollegen lässt er aber nichts kommen. „Mit den meisten von ihnen arbeite ich seit vielen Jahren gut zusammen. Das sind engagierte und kompetente Leute, die eine sehr gute Arbeit machen.“ Dass sie „starken Belastungen ausgesetzt sind“, wie Veltmann es nennt, nehme aber auch er wahr.

Viel Arbeit für wenige Kräfte

Ortrud Wohlwend, Sprecherin der Berliner Stadtmission, pflichtet ihrem Kollegen bei: „Auch wenige Menschen können etwas bewegen, die Anzahl der Stellen allein sagt nichts über deren Arbeit.“ Sie merkt an, dass unter der Rot-rot-grünen Regierung und Sozialsenatorin Breitenbach sehr viel mehr für obdachlose Menschen in der Stadt bewegt worden sei als „durch alle Regierungen zuvor“.

In Hamburg sieht es ganz anders aus

Was bleibt, ist der Blick über den Tellerrand. In Hamburg, einer Stadt mit etwa 2000 obdachlosen Menschen, hat die Sozialbehörde acht Stellen für die Obdachlosenhilfe zur Verfügung, also beinahe die doppelte Stellenanzahl für ein Fünftel der Berliner Obdachlosen. In Frankfurt am Main, genau wie Hamburg eine Stadt mit immensem Druck auf dem Wohnungsmarkt, beschäftigt die Abteilung Hilfen bei Wohnungslosigkeit und Sucht des Jugend- und Sozialamtes 72 Mitarbeiter. Allerdings ist dort die Arbeitsweise eine andere, städtische Angestellte statt freie Träger kümmern sich um die Obdachlosen.

Mit Blick auf die Zukunft dürfte sich die Personalsituation in Berlin bessern. Thomas Seerig zufolge ist die Sozialverwaltung trotz beginnender Haushaltsplanung jedoch nicht in der Lage oder willens, den geplanten Stellenzuwachs zu beziffern. Tatsächlich heißt es in der Antwort auf die Anfrage: „Auf Grundlage der dort (auf der Strategiekonferenz Wohnungslosenhilfe, Anm. d. Red.) entwickelten Zielstellung werden für den kommenden Doppelhaushalt Personal- und Sachmittel angemeldet.“

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