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Der neue Posten für Jan Kuhnert wird von der CDU scharf kritisiert, die Grünen haben keine Einwände.

© imago/Metodi Popow

Wohnraumversorgung Berlin: Chefposten für Jan Kuhnert

Der Ex-Grüne, Aktivist des Mietenvolksbegehrens, soll die städtischen Wohnungsbaugesellschaften beraten.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) hat den Mitbegründer des Mietenvolksbegehrens, Jan Kuhnert, zum Chef der landeseigenen Wohnraumversorgung Berlin (WVB) ernannt. Seit Dienstag sitzt der 64-jährige Ex-Grüne auf dem Posten, den er in den Verhandlungen zwischen Mieterinitiative und Senat über ein Wohnraumversorgungsgesetz selbst mit geschaffen hat. Die CDU kritisierte das "sozialdemokratische Postengeschiebe", mit dem ein "alter Spezi" des Finanzsenators versorgt werde. Die Ausschreibung für den Job sei nicht mehr als ein Feigenblatt, sagte der CDU-Fraktionsgeschäftsführer Heiko Melzer. Er forderte die Grünen auf, diesem "eigenartigen Stil eine Absage zu erteilen".

Die künftige Regierungspartei sieht das völlig anders. "Wir begrüßen die Entscheidung des Senats", sagte die Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek. Die Berufserfahrung und das Engagement Kuhnerts im Mietenvolksbegehren machten ihn zu einer optimalen Besetzung. "Er wird den Senat und die Wohnungsbaugesellschaften hervorragend beraten." Rein formal ist an der Personalauswahl auch nichts auszusetzen. Das Wohnraumversorgungsgesetz, das im Sommer 2015 von den Aktivisten des Volksbegehrens mit dem Senat als Kompromiss ausgehandelt wurde, sieht die Gründung der WVB vor, um den Senat zu beraten und Leitlinien für die Arbeit der städtischen Wohnungsunternehmen zu entwickeln. Die WVB soll von zwei Vorständen geleitet werden, die von der Finanz- und Stadtentwicklungsbehörde berufen werden.

Kollatz-Ahnen und Kuhnert kennen sich seit Jahrzehnten

Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) schickte seinen Abteilungsleiter Jochen Lang, zuständig für Wohnungspolitik, in den WVB-Vorstand. Die Stelle, die von der Finanzverwaltung zu besetzen war, wurde im Mai ausgeschrieben. Weil sich zu wenig Frauen bewarben, wurde noch eine Personalagentur mit der "gezielten Ansprache möglicher Kandidatinnen" beauftragt. In dem "intensiven Auswahlprozess" habe sich Kuhnert als der beste Kandidat durchgesetzt, begründete Kollatz-Ahnen die Entscheidung. Aber es gibt dazu noch mehr zu sagen.

Kollatz-Ahnen und Kuhnert kennen sich seit Anfang der neunziger Jahre, als beide in Hessen tätig waren. Der Grünen-Fundi Kuhnert als Kommunal- und Unternehmensberater, der linke Sozialdemokrat Kollatz-Ahnen als Ministerialbeamter, zuständig für den Wohnungsbau. Von politischen Weggefährten zu sprechen, wäre übertrieben. Aber man kennt sich – und schätzt sich. Ein Protokoll des "Runden Tisches gegen Gentrifizierung" vom 8. Dezember 2015 lässt jedenfalls darauf schließen, dass es eine Bekanntschaft in gegenseitigem Interesse ist.

Posten wurde Kuhnert schon im Dezember herangetragen

Im Zusammenhang mit der Umsetzung des Wohnungsversorgungsgesetzes müssten "verschiedene Gremien besetzt" werden, steht in dem Protokoll. Dazu gebe es Mitte Dezember ein Treffen mit dem Berliner Finanzsenator. Im Vorfeld dieser Besprechung habe Kollatz-Ahnen "seinem Duzfreund Jan Kuhnert den Posten eines Geschäftsführers der neu zu schaffenden Anstalt zur Steuerung der Wohnungspolitik angetragen". Das Angebot werde in der Volksbegehrens-Initiative noch diskutiert und Kuhnert lasse vorerst offen, "ob er den gut besoldeten Posten annehme". Fünf Monate später wurde die Führungsposition doch noch ausgeschrieben. An der Vergabe zugunsten Kuhnerts änderte das nichts.

Drei Jahrzehnte früher, in Hessen, gehörte er übrigens zu den Grünen, für die ein Bündnis mit den Sozialdemokraten undenkbar war. "Wir können doch jetzt nicht der SPD unter den Rock kriechen", beschimpfte Kuhnert damals die Parteifreunde.

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