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Gegen den Pegel. Die Mauer soll irgendwann wie eine große Hecke aussehen.

© TSP

Wo der Garten in die Höhe wächst: Grüne Schallmauer soll Brandenburger Ort vor Lärm schützen

In einem Brandenburger Ort steht eine acht Meter hohe, bepflanzte Wand. Sie soll Lärm von einem neuen Stadtquartier abhalten.

Die Mauer ist wieder da. Schauplatz ist die Gemeinde Michendorf. Wer vom Bahnhof ein Stückchen die Straße hochläuft, steht rechterhand direkt davor. Die Dimensionen wirken gigantisch: Acht Meter hoch ist das Bauwerk, das sich entlang eines Grundstücks erstreckt. Selbst die Baukräne dahinter wirken nicht mehr so riesig. Rundherum schlängeln sich einige Efeuranken an dem Gitter empor, das die grau-grüne Anlage ummantelt.

Was soll das? Die kurios anmutende Wand steht aus gutem Grund da: Sie soll den Lärm von den wenige Meter davor liegenden Bahnschienen abhalten und gleichzeitig ein Stück Natur direkt vor die Haustür des dahinter liegenden Grundstückes bringen.

Die Wand ist nämlich eine sogenannte vertikale Grünanlage mit Schallschutzwirkung, wie Jörg Kuttig, Geschäftsführer der JKT Real Estate Development GmbH aus Berlin erklärte. Quasi ein in die Höhe wachsender Garten. Wenn alle Pflanzen ausgewachsen sind, wird die Mauer eher wie eine große Hecke aussehen, mit vielen farbenfrohen Gewächsen dazwischen, so zeigt es eine Visualisierung des Bauvorhabens, das auf dem Grundstück dahinter gerade umgesetzt wird.

Das Unternehmen errichtet auf der Fläche am Schwalbenweg 2 das Johanniter-Quartier, das Platz für Senioren, Kita-Kinder und Pflegebedürftige bieten wird. Der Bau der Lärmschutzvorrichtung, die sich über die gesamte Grundstückslänge an der Bahnstraße erstreckt, war eine Auflage des Landesamtes für Umwelt und wurde bereits im Bebauungsplan festgeschrieben.

Doch wie Kuttig erklärte, habe das Unternehmen kein Problem mit der Vorgabe gehabt, sie sogar gern umgesetzt. Die Grünanlage biete mehrere Vorteile. So schütze sie nicht nur vor Schall, der vom Bahnverkehr ausgeht, sondern stelle auch ein Biotop für Wildbienen und Singvögel dar. Zudem sei sie gut für das Klima, da sie Kohlendioxid und Feinstaub binde und sie spende zudem Schatten, was in wärmeren Sommern gerade für Kinder und Senioren wichtig sei, sagt Jörg Kuttig.

Kita und Seniorenwohnungen an einem Ort

Auf dem Grundstück sollen bis zum Herbst eine Kita für 92 Kinder, 57 barrierefreie Wohnungen für Senioren mit zusätzlichen Gemeinschaftsräumen, Serviceangeboten, eine Tagespflege mit 17 Plätzen sowie Räume für einen Ambulanten Pflegedienst entstehen.

Die Kita, die Tagespflege und die Räume für den Ambulanten Pflegedienst werden von der Johanniter-Unfall-Hilfe genutzt, teilte Kuttig mit. Die Wohnungen vermietet das JKT-Unternehmen an Senioren. Die Gebäude befänden sich derzeit noch im Rohbau. Zehn Wohnungen wurden bereits vermietet, drei seien reserviert. Eine Musterwohnung werde im Frühjahr fertig sein.

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Bereits während der Planung des Projekts hatte das Brandenburger Landesamtes für Umwelt ein technisches Gutachten erstellen lassen, in dem der Schallpegel und der zu erwartende Verkehrslärm ermittelt wurde. Grundlage bildeten dabei auch Daten, die als Prognose für das Jahr 2025 von der Deutschen Bahn zur Verfügung gestellt wurden. Demnach werden im Jahr 2025 auf der Bahnstrecke voraussichtlich insgesamt 138 Züge, Regional- und Güterzüge, am Tag und 46 Züge in der Nacht fahren. Die Untersuchungen zeigten, dass der Verkehrslärm die geltenden schalltechnischen Orientierungswerte für ein Allgemeines Wohngebiet insbesondere nachts deutlich überschreiten würden.

Mehr als 600 Pflanzen bestücken die Mauer

Vor den benachbarten Wohngebiete war bereits eine Lärmschutzwand an der Bahnstrecke errichtet worden. Aus Platzgründen konnte dieser Schutz nicht bis zum Johanniter-Quartier verlängert werden. Stattdessen musste eine ganz neue Anlage auf dem Grundstück umgesetzt werden.

Wie Jörg Kuttig erklärte, bestünde die vertikale Grünanlage im Prinzip aus einem großen Haufen Erde, der durch ein Edelstahlgeflecht und filzartige Matten in Form gehalten wird. Sie wurde mit mehr als sechshundert Pflanzen bestückt – wie zum Beispiel immergrünes Efeu und immergrünes Geißblatt, die oben und unten wachsen.

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Sie würden dafür sorgen, dass die Anlage nie kahl wirke, sagt Kuttig. Auch andere Pflanzen wie Kletterhortensien, wilder Wein und Ramblerrosen in drei verschiedenen Farben wurden gepflanzt, so dass, wenn alles blüht, die jetzt noch nicht sehr hübsch anzusehende Wand schön anzusehen ist.

Bürger aus der Umgebung nennen die Lärmschutzwand scherzhaft „die Mauer von Michendorf“. Doch so richtig zu stören scheint sich keiner an der Anlage. Bislang habe es keine Beschwerden gegeben, hieß es aus der Gemeindeverwaltung. Und auch der JKT Real Estate Development GmbH sind bislang keine Einwände bekannt. Der Plan mit der Lärmschutzanlage habe zweimal zur Beteiligung der Bürger öffentlich ausgelegen. „Mir sind weder aus dieser Zeit noch aus der Bauzeit Beschwerden bekannt. Warum auch sollte es Beschwerden geben? Die Anlage ist eine gute Sache für alle!“, sagt Kuttig.

Sarah Stoffers

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