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Dirk Behrendt (Grüne), Berlins Senator für Justiz, verteidigt das Vorgehen seiner Generalstaatsanwältin.

© Christophe Gateau/dpa

Wirbel in der Staatsanwaltschaft: Warum Justizsenator und Generalstaatsanwältin kein Vorwurf zu machen ist

Zwei Strafverfolger wurden versetzt, weil es eine Unterlassung gab - und nicht, weil sie politisch verdächtig sind. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Es mag ungewohnt für eine Staatsanwaltschaft sein, dass mal nicht sie Vorwürfe macht, sondern andere ihr. Da ist die Empörung verständlich, mit der ihr Interessenverein im Konflikt um Ermittlungen zur rechtsextremen Neuköllner Anschlagsserie nach außen tritt. Der Leiter der Staatsschutz-Abteilung wurde versetzt, mit ihm ein Kollege. Anlass war ein Beschuldigter, der den Oberstaatsanwalt in einem abgelauschten Chat als Gesinnungsgenossen erkannt haben wollte.

Womöglich ein Strafverfolger, der das rechte Auge zukneift? Oder gar Teil eines Netzwerks ist, das Verfahren gegen Rechte verschleppt? Die Staatsanwaltschaft wollte das intern klären, dazu kam es nicht. Nach Beschwerde einer Opferanwältin, der Akteneinsicht verweigert wurde, zieht Generalstaatsanwältin Margarete Koppers den Fall an sich, im Einvernehmen mit dem grünen Justizsenator Dirk Behrendt, und präsentiert ihn einer verwirrten Öffentlichkeit.

Ein Feuer, auf dem politische Süppchen gekocht werden

Manche dürften das als Beleg werten, die Strafverfolger seien von AfD-Mentalitäten durchdrungen, was diese ganz offenkundig kränkt. Für andere ist es nun die linkslastige Chefetage der Justiz, die einen Unliebsamen entfernt. Ungeachtet der Details ist dies ein Feuerchen, auf dem politische Süppchen kochen. Im Abgeordnetenhaus will man mehr wissen, ein Untersuchungsausschuss droht.

Ein Blick auf die schmale Faktenlage lässt Koppers’ Eingreifen aber nachvollziehbar erscheinen. Dass Beschuldigte ihren Verfolgern etwas andichten, ist nicht ungewöhnlich; ungewöhnlich ist hier, dass Chat-Protokolle mit entsprechenden Hinweisen allzu lange liegen blieben, ohne dass irgendwer irgendetwas unternahm. Im besten Fall hat hier ein Staatsanwalt nicht durchblickt, was damit auf Vorgesetzte und Behörde zurollen kann.

Deutliches Handeln dient dem öffentlichen Vertrauen

Die Idee, den Vorgang dann noch länger unter dem Deckel zu halten, hätte den Anschein eines Geschehens noch suspekter erscheinen lassen, das derzeit in der Diskussion steht wie noch nie. Von der Polizei über den Verfassungsschutz bis in die Bundeswehr zeigt sich, dass Sicherheitsbehörden die Verhältnisse zu möglicherweise rechts außen stehenden Mitarbeitern zu klären haben.

Offenheit und deutliches Handeln, im Zweifel auch durch eine Versetzung, dienen dem Vertrauen in die Institutionen. Beamte müssen das hinnehmen. Dass aus einem Verdacht kein Vorurteil werden darf, haben die Verantwortlichen zu beachten. Koppers und Behrendt ist bisher kein Vorwurf zu machen.

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