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Dreier-Ampel. Die künftige Koalition für Berlin ist noch nicht ausgemacht, doch die Wirtschaft möchte als vierter Partner dabei sein, um die Stadt voranzubringen.

© dpa

„Wir sind nicht der Feind“: Berliner Wirtschaft appelliert an Politik - als „vierter Koalitionspartner“

Die Industrie- und Handelskammer erwartet von der künftigen Koalition ein klares Bekenntnis. Ihr neuer Chef, Daniel-Jan Girl, wünscht sich mehr Mut von der Politik.

Seine Worte waren deutlich: „Wir sind nicht der Feind“, sagte der neue Präsident der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK), Daniel-Jan Girl am Donnerstag. Mit „wir“ meinte er die Wirtschaft insgesamt. Seine Aussage ging an die Politik und die künftige Koalition Berlins.

Auf Girls erster Pressekonferenz als neuer Präsident der Kammer stellte er zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern der Fach- und Branchenausschüsse Forderungen auf, was aus Sicht der Berliner Wirtschaft in einem neuen Koalitionsvertrag berücksichtigt werden müsse. Es gehe nicht, dass, „wie in der Vergangenheit von einigen Seiten der Politik die Wirtschaft dämonisiert wird“, betonte Girl. Was er damit meint?

Zu oft hätten einige politische Akteure ihr eigenes Versagen oder das Nicht-Nutzen von Chancen auf die Wirtschaft geschoben, damit sei diese gegen die Menschen im Land ausgespielt worden. „Wir sind ein Teil der Lösung der Probleme der Stadt“, sagte Girl. Denn wenn es etwa darum geht, dringend die Behörden zu digitalisieren, „dann werden es Unternehmen aus der Region sein, die diese Aufgabe hoffentlich übernehmen“, sagte der IHK-Präsident.

Es gehe nun darum, nach vorne zu blicken und mit der Wirtschaft als „viertem Koalitionspartner“ Lösungen zu finden. Die IHK nennt drei große Bausteine: Es müsse einen radikalen Bürokratieabbau geben. Eine funktionierende Stadt mit einer digitalen, modernen Verwaltung und der Digitalisierung als „Chefsache“.

Außerdem gehe es um die Talente von morgen: Eine Bildungsoffensive müsse her. Der Lehrermangel, die schlechte Schulqualität und die hohe Schulabbrecherquote mache der Berliner Wirtschaft zu schaffen. Hier schloss Gerd Woweries vom IHK-Berufsbildungsausschuss an: Der Fachkräftemangel in Berlin sei dramatisch.

Neu im Amt. Daniel-Jan Girl wurde im September als Präsident der Industrie-und Handelskammer Berlin (IHK) gewählt.
Neu im Amt. Daniel-Jan Girl wurde im September als Präsident der Industrie-und Handelskammer Berlin (IHK) gewählt.

© Amin Akhtar/IHK

„Wir brauchen eine Steuerung der beruflichen Bildung“ und es müsse unter anderem deutlicher gemacht werden, dass eine Duale Ausbildung einer akademischen in nichts nachsteht. Im Gegenteil. Thomas Groth vom Ausschuss Bau- und Immobilienwirtschaft legte den Fokus auf den Neubau: „Berlin braucht bezahlbaren Wohnraum, die Immobilienwirtschaft ist Teil der Lösung“, sagte er.

Doch dazu benötige sie „klare Rahmenbedingungen wie die Bereitstellung von Flächen für den Neubau“, die Schaffung von Baurecht müsse beschleunigt werden, die Genehmigungsprozesse sollten mit mit einer ausreichenden Zahl an Personal und zeitgemäßer Technik in der Verwaltung ebenfalls schneller vorangetrieben werden.

Es sei an der Zeit für "digitale Bürgersteige", damit der Handel gestärkt wird

Die Folgen der Corona-Pandemie haben wie viele Branchen auch den Handel in Berlin stark getroffen. „Der Wandel im Handel war schon vor Corona da“, sagte Martina Tittel vom IHK-Ausschuss Handel, „doch Corona hat die Lage verschärft“. Sie forderte eine Strategie, einen Masterplan. Dazu gehöre auch, die Innenstädte wieder zu beleben. Aber vor allem sei es an der Zeit, „digitale Bürgersteige“ zu schaffen.

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Diese seien den Bürgersteigen in der Stadt, wo man einander trifft und in Geschäfte geht, ähnlich: „Eine digitale Plattform, auf der sich die Menschen bewegen können, die Services besser nutzen können und die Unternehmen sich besser darstellen können“, beschrieb sie.

IHK-Präsident Girl nannte Berlin eine Stadt der „Freiheit und der Chancen“. In der Vergangenheit seien viele Chancen jedoch nicht genutzt worden. Er wünsche sich, dass die Politik mutig ist, dazu gehöre auch, Risiken einzugehen, denn nur so könnten starke Veränderungen bewirkt werden.

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