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Der Flohmarkt im Mauerpark lockt jeden Sonntag zehntausende Besucher an.

© dapd

"Will nicht das Ischgl von Berlin werden": Flohmarktbetreiber zögert mit Öffnung im Mauerpark

Die Flohmärkte öffnen wieder, nur Berlins größter nicht. Betreiber Rainer Perske fürchtet, dass er die Besuchermassen nicht unter Kontrolle kriegt.

Von Christian Hönicke

Der Flohmarkt im Mauerpark war vor der Pandemie Berlins größte regelmäßige Veranstaltung - Sonntag für Sonntag pilgerten bis zu 40.000 Menschen zum Shoppen auf den einstigen Todesstreifen. Doch während die anderen Trödelmärkte in Berlin wieder öffnen, ist die Zukunft im Mauerpark noch ungeklärt. Ist er nur ein Flohmarkt oder eben doch eine Großveranstaltung? "Das versuche ich gerade zu klären", sagt Marktbetreiber Rainer Perske. Er tingelt gerade verschiedene Ämter ab, um eine Genehmigung für die Öffnung zu bekommen.

Perske betreibt diverse Wochen- und Flohmärkte in Berlin, der lukrative Mauerpark ist sein Aushängeschild. Doch schon in normalen Zeiten ist mit den Besuchermassen eine große Verantwortung verbunden - nun ist Perske das Unbehagen regelrecht anzumerken. Während überall sonst auf Lockerungen und Öffnungen gedrängt wird, bleibt er erstaunlich zurückhaltend. "Ich will nicht, dass der Mauerpark zum Ischgl von Berlin wird", sagt Perske. Natürlich wolle er aufmachen, aber nicht um jeden Preis. Intern plant er, den Flohmarkt am 7. oder 15. Juni wieder zu öffnen. "Aber bevor er zum Infektionsherd wird, mache ich lieber eine Woche später auf als zu früh."

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Zwar hat der Betreiber schon Konzepte in der Schublade, wie der Flohmarktbetrieb unter Corona-Bedingungen laufen könnte. Darin sind Einbahnstraßenregelungen und geschlossene Eingänge zentrale Elemente. Auch ohne Markttreiben fallen zudem weiter Mietzahlungen für das Gelände an die landeseigene GrünBerlin GmbH an. Die sind zwar derzeit gestundet, aber ohne Einnahmen wird es auch für Perske irgendwann finanziell kritisch.

Dennoch sieht Perske noch zu viele ungelöste Probleme, um eine schnelle Öffnung zu rechtfertigen. "Unser Hauptpunkt ist: Wie kriegen wir den Besucherandrang in Griff?" Er habe schlicht keine Ahnung, wie viele überhaupt kommen würden: "Ohne Touristen gehe ich mal von der Hälfte aus, aber das ist eine bloße Vermutung." Das wären immer noch 20.000 Menschen, die sich auf engstem Raum treffen würden. "Die kann man nur bedingt steuern. Entweder ich habe die Schlangen im Markt oder davor."

Und Perske zählt weitere Hürden auf: Etwa mehr Kosten durch mehr Personal. "Normale Märkte haben derzeit den dreifachen Personalaufwand", sagt Perske. "Demnach bräuchten wir 40 Mitarbeiter, um den Einlass und die Abstandsregeln zu kontrollieren. Das wird dann irgendwann unwirtschaftlich." Und es wird noch unwirtschaftlicher, wenn wegen Auflagen nur die Hälfte der Händler auf die Fläche dürfte. Weil die Arbeiten zur Erweiterung des Mauerparks noch laufen, ist überdies unklar, wo denn genau eigentlich der Eingang zum Flohmarkt wäre.

Die Fläche des Parks soll sich bis Ende Juni fast verdoppeln, "das zieht dann noch mehr Leute an", sagt Perske. Er verweist auf den Markt am Maybachufer, der wegen zu vieler Besucher schon einmal geräumt wurde. "Und wenn sich die R-Zahlen weiter nach oben entwickeln, rücken Großveranstaltungen in immer weitere Ferne."

Flohmarkt oder Großveranstaltung - was der Mauerpark ist, das weiß Rainer Perske selbst nicht so genau. "Auf jeden Fall ist er kein normaler Flohmarkt wie der an der Straße des 17. Juni." Perske verweist stattdessen auf das abgesagte Oktoberfest und die Bundesliga: "Wir haben ungefähr die Besucherzahl eines Hertha-Heimspiels, und die spielen derzeit ja auch ohne Publikum." Geld sei wichtig, sagt Perske, "aber Gesundheit geht vor". Diese Sichtweise hängt vermutlich auch mit seiner eigenen Biografie zusammen: "Ich hatte schon mal einen Schlaganfall - ich bin selbst Risikogruppe."

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