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Die Macht der Daten. Künstliche Intelligenz und das maschinelle Lernen werden für Unternehmen immer wichtiger.

© Weissblick - Fotolia

Wie Big Data kleinen Betrieben helfen kann: Berliner Unternehmen nutzen Daten noch zu wenig

Daten werden immer wichtiger für Unternehmen und ihre Geschäftsmodelle. Kleine Betriebe wissen häufig nicht viel damit anzufangen – das ergab eine Studie. Was muss passieren?

Daten sind das neue Gold – dieses Bild wird in Zeiten der Digitalisierung gern bemüht, um anschaulich zu machen, was für einen hohen Stellenwert Daten für die Wirtschaft haben. Ob autonom fahrende Autos, bildgebende Medizingeräte oder smarte Stromzähler: Die Qualität eines Produkts ist heute oft daran gekoppelt, wie es schnell und effizient es Daten verarbeitet.

Auch können Unternehmen ihren Umsatz erhöhen, je mehr sie über ihre Kundinnen und Kunden wissen und dieses Wissen, genauer gesagt die Daten, zu Verbesserung ihrer Produkte nutzen oder den Kaufreiz erhöhen. Was diese sogenannte Datenökonomie angeht – also die Daten für das eigene Geschäft sinnvoll zu nutzen –, stehen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Berlin noch ziemlich am Anfang.

Oder anders ausgedrückt: Da geht noch einiges. Das ist das Ergebnis eines aktuellen Reports der Technologiestiftung Berlin (TSB), der dem Tagesspiegel vorab vorliegt.

Die Studie zeigt dabei nicht nur den Ist-Stand, sondern spricht auch Handlungsempfehlungen aus, wie das Thema hier in Berlin vorangetrieben werden kann und welche Bedingungen dafür erfüllt werden müssten.

Rund 84 Prozent der KMU sind laut des Reports „digitale Einsteiger“: Sie erheben Daten, aber oftmals werde damit nichts weiter gemacht, sie würden weggeschlossen oder zumindest nicht sinnvoll weiterverarbeitet.

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Nur zwei Prozent der befragten Betriebe haben laut der Studie Datenstrategen, die sich gezielt um das Thema kümmern. Für die KMU, die über Jahrzehnte analog ihr Know-how aufgebaut hätten, sei der Umgang mit Daten und deren Nutzung eine „große Herausforderung, das Thema gehen sie nur zögerlich an“, heißt es bei der TSB.

Durch die Auswertung von Daten lassen sich Produktionsprozesse optimieren

„Daten an sich sind kein Wert. Erst durch die Auswertung und Verknüpfung entstehen neue Chancen und Möglichkeiten, beispielsweise Produktionsprozesse zu optimieren und innovative Produkte zu entwickeln“, sagt Nicolas Zimmer, Vorstandsvorsitzender der TSB. Besonders die Künstliche Intelligenz (KI) und das maschinelle Lernen werden für diese „Optimierung der Produktionsprozesse“ immer entscheidender.

Doch nicht jeder Berliner Betrieb weiß damit umzugehen. Muss er auch nicht. Dafür gibt es Dienstleiter, die für die KMU maßgeschneiderte Lösungen entwickeln oder schon vorhandene KI-basierte Werkzeuge anbieten.

Eines von vielen ist Merantix Labs, ein freier Dienstleister für KI-Lösungen. Geschäftsführerin Nicole Büttner schildert, dass sie und ihr Team kleine und mittlere Betriebe aus den unterschiedlichsten Branchen mit KI-Lösungen versorgen. Beispielsweise ein Unternehmen, das auf orthopädische Einlagen für Schuhe spezialisiert ist.

Mussten Kund:innen sonst in den Laden kommen, um den Fuß ausmessen und die Einlagen anpassen zu lassen, hat Merantix eine datenbasierte Lösung entwickelt: Es reicht nun, dass die Kund:innen – ihr Einverständnis vorausgesetzt – ein Foto übermitteln, die Software macht den Rest. Ähnliches gelte für Produktionsverfahren.

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Ein Beispiel aus der Zuliefererbranche: Ein Automobilkonzern will ein Bauteil als Prototyp anfertigen lassen. Früher mussten die Ingenieur:innen das Bauteil aus Metall fräsen, mit zig-fachen Versuchen, bis es passgenau war. Mithilfe von KI-Daten kann die Maschine so kalibriert werden, dass viel weniger Versuche nötig sind. Auch habe der Dienstleister schon für einen Elektrohandel Daten benutzt, damit Angebote künftig automatisch erstellt werden können.

Kommen Bestellungen wie Gewinde, Schrauben und so weiter, bei der Firma per E-Mail ins Postfach, können diese automatisiert zu einem Angebot verarbeitet werden.

Fachkräfte sollten für wichtige Aufgaben eingesetzt werden, KI macht die standardisierten Abläufe

Schließlich herrsche Fachkräftemangel in Deutschland, sagt Büttner. Diese sollten für die wirklich wichtigen Aufgaben eingesetzt werden. Zum Beispiel bei der visuellen Qualitätskontrolle: Statt eine Fachkraft damit zu binden, zu schauen, ob die Schrauben an einem Produkt richtig sitzen, könne dies mit Hilfe von KI zeitsparender und standardisierter passieren.

Laut TSB-Report ist das Umfeld in Berlin sehr gut, damit KMU sich mehr mit Datenökonomie befassen. Start-ups nutzen schon viel häufiger als andere Betriebe Daten für ihre Zwecke, zudem sei Berlin „mit seiner exzellenten Forschung ein günstiges Klima für diese Entwicklung und seiner Open-Data-Strategie“, heißt es in dem Report.

Es wird eine europäische Cloud benötigt

„Diese Stärken wollen wir weiter ausbauen“, sagte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), deren Behörde den Report der Stiftung finanziert. Die EU müsse laut der Studie jedoch „endlich die notwendige Infrastruktur und Sicherheit“ schaffen, lautet eine Forderung in der Studie. Insbesondere werde eine europäische Cloud benötigt, da diese Prozesse wegen der anfallenden Datenmengen nicht mehr auf firmeneigenen Servern betrieben werden könnten. Sollte diese Voraussetzung nicht erfüllt werden, blieben die Unternehmen abhängig von nicht-europäischen Anbietern, was die Entwicklung langfristig gefährde.

Um die Entwicklung voranzutreiben, sollte Berlin gezielt Ausbildungs- und Studienangebote ausbauen und die Zusammenarbeit von Forschung und Wirtschaft fördern. Insbesondere müsse die Datenkompetenz erhöht werden – damit diese nicht nur gesammelt werden, sondern auch das Wissen da ist, wie man sie auswertet, vernetzt und in weitere Prozesse einbindet.

Kleinere Unternehmen zögerten auch wegen des Datenschutzes; sie sorgen sich, nicht konform der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu handeln. Sie sähen damit viel administrativen Aufwand verbunden. Hier sei es wichtig, dass Betriebe fachliche Weiterbildungsangebote nutzen, aber auch Hilfe bei der Umsetzung von Richtlinien wie ePrivacy oder DSGVO erhalten – etwa von Verbänden, Kammern und gewerblichen Weiterbildungsanbietern.

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