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Traute Lafrenz gehörte zur Widerstandsgruppe „Weiße Rose“. Nun erhält sie ein Bundesverdienstkreuz.

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Widerstandsgruppe „Weiße Rose“: Traute Lafrenz erhält Bundesverdienstkreuz

Zum 100. Geburtstag wird die Widerstandskämpferin Traute Lafrenz geehrt. In Cottbus erinnert eine Ausstellung an sie und andere mutige Frauen.

Von Sandra Dassler

Sie gilt als letzte Überlebende der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“: Am heutigen Freitag wird Traute Lafrenz Page 100 Jahre alt. Und erhält das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, weil sie sich – so Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier – mit ihrem Kampf gegen das Naziregime in herausragender Weise um Deutschland verdient gemacht hat. Und als „Heldin der Freiheit“ Vorbild für viele sei. Die hohe Auszeichnung soll der seit 1947 in den USA lebenden Ärztin heute an ihrem Wohnort in der Nähe von Charleston in South Carolina von der deutschen Generalkonsulin in Atlanta übergeben werden.

Noch ist aber unklar, ob dies geschehen kann. Traute Lafrenz’ Familie habe in den vergangenen Tagen um die Gesundheit der Jubilarin gebangt, sagt die Vorsitzende vom Menschenrechtszentrum Cottbus e.V., Sylvia Wähling. „Wir hatten für unsere Geburtstagsfeier hier auch eine Liveschaltung zu Traute Lafrenz geplant, aber die musste abgesagt werden.“

Trotzdem finde natürlich die Ehrung für die Widerstandskämpferin statt, zumal sie mit der Eröffnung einer Ausstellung der Weiße-Rose-Stiftung verbunden ist, sagt Sylvia Wähling, die auch die Gedenkstätte Zuchthaus-Cottbus leitet. Hier kann man sich noch bis Ende Mai über die Geschichte von Traute Lafrenz informieren.

Dass sie erst sehr spät überhaupt zum Kreis der Weißen Rose gerechnet wurde, liegt nicht nur daran, dass sie seit mehr als 70 Jahren in den USA lebt, sondern auch an ihrer Bescheidenheit. Sie hatte ihren Anteil am Verteilen der Flugblätter ebenso als selbstverständlich und unspektakulär dargestellt wie die Tatsache, dass sie selbst inhaftiert wurde und der Todesstrafe wohl nur durch die Befreiung durch die Amerikaner entkam.

Liebe, Freundschaft und gemeinsame Überzeugung

Vor allem aber machte Traute Lafrenz nie ein Hehl daraus, dass es auch die Liebe zu Hans Scholl war, die sie in den Widerstand führte: Ihn hatte die aus Hamburg stammende, kluge und lebenslustige Medizinstudentin bei einem Konzert kennengelernt, nachdem sie 1941 von der Universität Hamburg zur Universität München gewechselt war.

Nach einem „Sommer der Liebe“ mit Hans Scholl endete zwar ihre Beziehung, nicht aber ihre Freundschaft und ihre gemeinsame Überzeugung: Traute Lafrenz nahm an vielen Diskussionen mit weiteren Mitgliedern der Widerstandsgruppe wie Alexander Schmorell, Christoph Probst und Kurt Huber teil. Im Spätherbst 1942 brachte sie das dritte Flugblatt der Weißen Rose von München nach Hamburg und übergab es an einen ehemaligen Schulkameraden, der es weiterverbreitete. Nach der Verhaftung von Hans und Sophie Scholl am 18. Februar 1943 geriet auch Traute Lafrenz unter Verdacht. Sie wurde am 15. März 1943 festgenommen und gut einen Monat später als Mitwisserin verurteilt.

Dass sie auch Flugblätter verteilt hatte, konnte sie verschleiern, blieb aber dennoch mit einer kurzen Unterbrechung bis Kriegsende in Haft. 1947 emigrierte sie in die USA, schloss dort ihr Medizinstudium ab und heiratete 1949 den Arzt Vernon Page, mit dem sie vier Kinder hat. Von 1972 bis 1994 leitete sie eine heilpädagogische Schule für geistig behinderte Kinder in Chicago.

Im Kopf ist sie topfit

Mit anderen Frauen der Weißen Rose saß Traute Lafrenz vom November 1944 bis Februar 1945 im Zuchthaus Cottbus, das heute eine Gedenkstätte ist. „Deshalb habe ich auch Kontakt mit Frau Lafrenz aufgenommen“, sagt Sylvia Wähling. „Leider konnte sie durch ihr hohes Alter nicht mehr kommen, aber sie nimmt regen Anteil und hat uns sogar Geld für ein Projekt in Kurdistan gespendet.“ Im Kopf sei die alte Dame topfit, sagt Wähling.

Als sie erwähnt habe, dass ein Teil der Spende für Gebühren verwendet werden müsste, habe Traute Lafrenz die Summe noch einmal entsprechend erhöht. Und als sie gefragt wurde, ob man die zu einem Bildungszentrum umgebaute Cottbuser Gedenkstätte später nach ihr benennen dürfe, habe sie auf einer extra eingerahmten Urkunde die Genehmigung erteilt.

Wie viele andere hofft Sylvia Wähling, dass es der Jubilarin bald wieder besser geht. Um Ehrungen und Besuchern zu entgehen, hätte sie schon manchmal ihre Gesundheit dramatischer dargestellt als sie war, berichten Journalisten.

Ausgenutzt hat das zuletzt Claas Relotius, der behauptete, Traute Lafrenz habe sich am Telefon selbst verleugnet und gesagt, „sie ist ganz plötzlich verstorben“, um ihn abzuwimmeln. Der Journalist hatte mehr als 50 Artikel für verschiedene Medien erfunden, vor allem fürs Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“, auch im Tagesspiegel waren zwei Texte von ihm erschienen. Auch sein Interview mit Traute Lafrenz vom Herbst letzten Jahres war zumindest in Teilen erfunden. Wie die fast Hundertjährige dem „Spiegel“ später lebhaft und empört mitteilte.

Die Ausstellung zu Traute Lafrenz der Weiße-Rose-Stiftung ist bis zum 31.Mai im Rahmen der Dauerausstellung „Karierte Wolken - politische Haft im Zuchthaus Cottbus 1933 - 1989“ im ehemaligen Zuchthaus Cottbus zu sehen. Es befindet sich in der Bautzener Straße 140, etwa 15 Gehminuten vom Bahnhof Cottbus entfernt. Diesen erreicht man von Berlin aus stündlich mit dem RE 2. Geöffnet sind diese und zwei weitere Ausstellungen Dienstag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr und Samstag und Sonntag von 12 bis 18 Uhr. Montags und Feiertags bleibt die Gedenkstätte geschlossen. Führungen können unter 0355 2901330 gebucht werden.

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