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Helmut Engel, erst West-, dann Gesamt-Berliner Landeskonservator

© Thilo Rückeis

Wider den Geist des Kahlschlags: Der langjährige Berliner Landeskonservator Helmut Engel ist tot

Er widmete sich dem Strandbad Wannsee wie dem Brandenburger Tor. Vor allem aber erhielt Helmut Engel viele denkmalwürdige Gebäude, als alle von Abriss sprachen.

Jahrzehntelang hatte sich niemand daran gestört, dass an der Fassade des Amtsgerichts Wedding an der Pankstraße direkt über dem Kopf der dort wachenden Justitia ein steinerner Adler seine Schwingen breitete. Doch nun, in den späten achtziger Jahren, hatte man in der BVV an dem Vogel Anstoß genommen und das Bezirksamt beauftragt zu prüfen, ob er nicht besser durch ein anderes Exemplar zu ersetzen sei. Denn wenngleich dem Adler auch das Hakenkreuz längst entfernt worden war, blieb er doch eindeutig ein Symbol des NS-Staates, nicht zufällig nach 1933 über der Göttin der Gerechtigkeit montiert. Wäre nicht ein preußischer Adler angemessener, fragten sich die Bezirksverordneten.

Streit um einen Adler aus Stein

Eine berechtigte Frage, aber auch die Antwort des Bezirksamts leuchtete ein. Die hatte sich an die Justizverwaltung, die wiederum an den Landeskonservator gewandt, mit dem Ergebnis, dass der Adler bleiben durfte. Er sei nur noch geschichtliches Dokument, nicht länger Hoheitssymbol des NS-Staates, so die Begründung. Der Landeskonservator habe zudem erklärt, dass die Entfernung des Adlers aus denkmalpflegerischen Gründen nicht vertretbar sei. Ein Austausch würde nicht nur die Geschichte verfälschen, sondern auch Deutschlands Weg in die Diktatur, an dem auch die Justiz teilgenommen habe, verdrängen und bagatellisieren.

Ein kleines Beispiel nur aus dem langjährigen Wirken von Helmut Engel, von 1972 bis 2000 Landeskonservator erst von West-, danach von Gesamt-Berlin. Ein Mann, dem die Erhaltung zahlreicher, heute als Denkmäler selbstverständlicher Bauten zu verdanken ist, vor allem aber das Bewusstsein um deren Wert als schützenwertes kulturelles Erbe. Wie jetzt bekannt wurde, ist Helmut Engel bereits am 19. September nach schwerer Krankheit im Alter von 84 Jahren gestorben.

Engel stammte aus Niedersachsen, hatte in Göttingen studiert, zu einem baugeschichtlichen Thema promoviert und in der niedersächsischen Denkmalpflege gearbeitet, bevor er 1972 nach West-Berlin wechselte – eine Stadt, in der Denkmalschutz damals nicht gerade Priorität besaß, in der noch der Geist der Kahlschlagsanierung lebendig war.

Die Stadt sei „voll der Diskussion über die Abbrüche von Villen und Landhäusern gewesen“, erinnerte Engel sich in einem Interview, das der Tagesspiegel im Jahr 2000, kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt, mit ihm führte. Es sei dann aber ziemlich rasch gelungen, „das Bewusstsein zu wecken, dass dies schützenswerte Bau-Denkmäler sind, in denen man vorzüglich wohnen kann“.

Engel hatte erheblichen Anteil an der Verabschiedung des West-Berliner Denkmalschutzgesetzes im Jahr 1977, mit dem sein Amt eigentlich erst geschaffen wurde. Zu den Sternstunden seines langjährigen Wirkens zählte auch die Rettung des ältesten Gebäudes Charlottenburgs in der Schustehrusstraße, das 1983 vor dem illegalen Totalabriss – er hatte schon angefangen – gerade noch bewahrt und danach wiederaufgebaut werden konnte.

Reger Kontakt mit den Kollegen in Ost-Berlin

Seit 1980 stand Engel in engem Kontakt zu seinen Kollegen vom Institut für Denkmalpflege in Ost-Berlin, war im Vorfeld der 750-Jahr-Feier 1987 maßgeblich an den Verhandlungen zum Austausch von Kulturgütern zwischen West und Ost beteiligt. Das KPM-Archiv gelangte so wieder in den Westteil der Stadt, während die dort lagernden, für den Wiederaufbau gebrauchten Teile des Ephraimpalais in den Osten wanderten.

Auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt blieb Engel der Denkmalpflege treu, wurde Geschäftsführer der Stiftung Denkmalschutz Berlin, wirkte in dieser Funktion beispielsweise an der Restaurierung des Brandenburger Tores mit wie an der des Strandbads Wannsee. Besonders habe sich Engel auch um seinen neuen Heimatortsteil Rahnsdorf gekümmert, hob das Bezirksamt Treptow-Köpenick in einer Würdigung des Verstorbenen hervor. Dort in Rahnsdorf hatte seine Frau das Haus ihrer Eltern zurückerhalten. Herzensanliegen sei Engel die Sanierung des Strandbads Müggelsee geworden.

Bis zum Frühjahr 2019 war der ehemalige Landeskonservator an Kunstgeschichtlichen Institut der Freien Universität als Honorarprofessor tätig. Im Jahr 2000 war ihm der Verdienstorden des Landes Berlin verliehen worden.

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