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Das West-Nil-Virus unter dem Elektronenmikroskop.

© Cynthia Goldsmith/CENTERS FOR DISEASE CONTROL/EPA/dpa

West-Nil-Virus in Berlin: Behörden warnen vor Infektions-Welle

Der West-Nil-Virus ist in Berlin. Eine Frau wurde infiziert, 24 tote Vögel gefunden. Geschwächte Menschen können an dem Virus sterben.

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Nachdem sich in Deutschland drei Menschen, darunter eine Berlinerin, mit dem durch Stechmücken übertragenen West-Nil-Virus angesteckt haben, sind die Behörden alarmiert. Zwar gehe man derzeit nicht davon aus, dass es viele weitere Fälle geben werde, hieß es sowohl in der Gesundheitsverwaltung als auch im Brandenburger Gesundheitsministerium. Spätestens im nächsten Jahr müsse man aber mit einer neuen Ansteckungswelle rechnen, hieß es.

Bei einer Infektion mit der Tropenkrankheit würden zwar nur in etwa 20 Prozent überhaupt Grippe-ähnliche Symptome ausgelöst, die meist harmlos verlaufen. Bei älteren und geschwächten Menschen könne die Infektion allerdings tödlich enden.

Schwere Krankheitsverläufe gibt es bei etwa einem Prozent aller Betroffenen, meist sind es Ältere mit Vorerkrankungen. Die diesen Fällen kommt es zu einer Hirnhautentzündung (Meningitis) oder seltener zu einer Entzündung des Gehirns. Diese Enzephalitis kann tödlich enden.

In bis zu 50 Prozent der schweren Fälle kann es nach einer Gehirnentzündung auch zu Spätfolgen kommen. Impfstoffe oder eine spezifische Therapie für Menschen gibt es bislang nicht. Infektionen lassen sich durch persönlichen Mückenschutz vorbeugen.

Das West-Nil-Virus - die tödliche Gefahr

  • Erstmals wurde mehrere Menschen in Deutschland mit dem West-Nil-Virus infiziert.
  • Früher haben sich Betroffene bei Reisen im Ausland infiziert.
  • Amtlich gemeldet wurden in diesem Jahr drei Fälle.
  • Erkrankt sind ein Mann in Leipzig und zwei Frauen in Berlin und Wittenberg (Sachsen-Anhalt)
  • Experten gehen von Hunderten Infektionen aus, die nicht erkannt wurden.
  • In Südeuropa starben 2018 rund 180 Menschen an dem Virus.

Noch immer ist unklar, ob neben der Berlinerin weitere Menschen in der Region betroffen sind. Patienten, vor allem aber Ärzte, sollten bei Verdachtsfällen auch die West-Nil-Infektion in Betracht zu ziehen, sagte die Sprecherin des Robert-Koch-Instituts, Susanne Glasmacher, dem Tagesspiegel.

Das ist ein Überfall. Die Mücken vermehren sich wie seit Jahren nicht mehr.
Das ist ein Überfall. Die Mücken vermehren sich wie seit Jahren nicht mehr.

© picture-alliance/ dpa

Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin geht davon aus, dass es weitaus mehr Fälle gibt. Zu den bislang nachgewiesenen Infektionen sagte er: "Das ist nur die Spitze des Eisbergs." Die Vielzahl schwerer Krankheitsverläufe sei erschreckend.

Das Virus betrifft weit mehr Menschen als bekannt

Demnach sei von Hunderten weiteren Infektionen mit leichtem Verlauf auszugehen, die nicht diagnostiziert wurden. „Das West-Nil-Virus betrifft offenbar schon weit mehr Menschen in Deutschland als bisher angenommen.“

Übertragen wird die Krankheit durch Mücken von Tier zu Tier. Berlin und Brandenburg weisen neben Sachsen und Sachsen-Anhalt die größte Dichte von Vögeln und Pferden auf, die vom West-Nil-Virus befallen wurden. In Berlin wurden bislang 24 Vögel gemeldet. Insbesondere Eulen und Greifvögel, aber auch Zoovögel seien betroffen. Die Senatsverwaltung warnt davor tot aufgefundene Wildvögel mit bloßen Händen anzufassen. 

Das West-Nil-Virus kann unter anderem durch Mücken übertragen werden.
Das West-Nil-Virus kann unter anderem durch Mücken übertragen werden.

© Patrick Pleul/dpa

Zwar gebe es bisher keine neuen Fälle bei Vögeln, hieß es aus der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz. Man habe sich aber mit den Veterinär- und Lebensmittelämtern der Bezirke auf verschiedene Maßnahmen verständigt, erklärte die Verwaltung. So sollen in betroffenen Tierhaltungen und Orten, wo es mehrere Ausbrüche der Krankheit gab, Mückenfallen aufgestellt werden.

Besonderes Augenmerk müsse auf Pferde gelegt werden, für die zudem eine Impfung empfohlen wird – auch wenn sie sich nur vorübergehend in Berlin aufhalten, hieß es.

Das West-Nil-Virus - woher es kommt und was getan werden kann

  • Das West-Nil-Virus stammt aus Afrika.
  • Die Erreger werden von Stechmücken zwischen Vögeln übertragen.
  • Über Zugvögel und infolge des Klimawandels kommt der Virus nach Norden.
  • Der Mensch kann sich durch Kleidung und Abwehrspray schützen.
  • Wochenlanger Frost im Winter würde helfen.
  • Offene Wasserstellen als Brutstätten der Mücken im Garten vermeiden.

Bei Pferden sei die Problematik schon seit Längerem akut, erklärt die Sprecherin des Fritz-Loeffler-Forschungsinstituts für Tiergesundheit, Elke Reinking. Menschen hingegen hätten einstweilen nur die Möglichkeit, tote Vögel nicht zu berühren und sich mit den herkömmlichen Mitteln wie Spray zu schützen.

Und Menschen könnten sich entsprechende Kleidung zuzulegen, wenn im Sommer mit den warmen Temperaturen auch die Mücken zurückkehren. Denn Wärme, sagt Elke Reinking, braucht sowohl die Mücke als auch das Virus.

Das Beste wäre also ein richtig kalter und langer Winter. Aber selbst dann, da sind sich die Experten sicher, wird das Thema nicht nur in der Region im nächsten Jahr weiter beschäftigen.

Eine saugende Stechmuecke sitzt auf dem Finger eines Menschen (Foto undatiert). Foto: Hans Pfletschinger/ddp
Eine saugende Stechmuecke sitzt auf dem Finger eines Menschen (Foto undatiert). Foto: Hans Pfletschinger/ddp

© DDP

Das Virus stammt ursprünglich aus Afrika und wird von dort heimischen Stechmücken übertragen. Über Zugvögel, aber auch aufgrund der zunehmend warmen Sommer, gelangt es in nördlichere Gefilde. Erst im September wurde eine in Deutschland durch Mücken übertragene Infektion und Erkrankung mit dem West-Nil-Virus bekannt.

Ein 70 Jahre alter Mann aus Sachsen war an einer Gehirnentzündung erkrankt, er wurde in Leipzig behandelt und ist wieder genesen. Wie im Fall der Berliner Patientin war der Mann nicht ins Ausland gereist - er wurde in Deutschland infiziert.

Zuvor war der Erreger bis auf den Fall eines Tierarztes in Bayern, der sich bei der Untersuchung eines Vogels ansteckte, nur in seltenen Fällen bei Reiserückkehrern nachgewiesen worden.

Das Robert-Koch-Instutiut geht davon aus, dass das Virus sich in den nächsten Jahren in Deutschland weiter ausbreitet. Gerade in überdurchschnittlich warmen und längeren Sommern, die wegen des Klimawandels zu erwarten sind, werde es zu weiteren Erkrankungsfällen kommen.

Erste Nachweise des West-Nil-Virus in Europa gab es schon vor Jahrzehnten, größere Erkrankungswellen werden erst seit einigen Jahren registriert. 2018 erfasste die europäische Gesundheitsbehörde ECDC vor allem Italien, Griechenland, Rumänien, Ungarn und Kroatien rund 2000 Infektionen, rund 180 Menschen starben.

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