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Berlin: Werder will baden gehen

In der Stadt soll für 21,5 Millionen Euro eine Therme gebaut werden Das Land hält das Bad für überflüssig. Deswegen gibt es keine Förderung.

Werder (Havel) - Die Ausflügler haben die Wahl. Wer Entspannung und Badespaß sucht, wird in Brandenburg leicht fündig. Freizeitbäder, Thermal- oder Kurbäder gibt es hier zuhauf. Jetzt wagt auch die Stadt Werder im Südwesten Berlins den Sprung auf den Markt - mit der Blütentherme. Im Oktober wurde der Grundstein gelegt, Ende 2012 soll der Bau fertig sein und die ersten Gäste empfangen.

Dabei ist die Konkurrenz in Brandenburg bereits groß. Am bekanntesten ist wohl der Freizeitpark Tropical Island in Brand, der zunehmend auch Gäste aus Polen und Tschechien anzieht. Daneben locken die Kristall Kur- und Gradier-Therme in Bad Wilsnack (Prignitz), die Kristall-Saunatherme Ludwigsfelde (Fläming), die Spreewelten Bad Lübbenau im Spreewald, die Fontane-Therme in Neuruppin, Spreewald-Therme Burg, die Natur-Therme Templin in der Uckermark oder die Saarow-Therme in Bad Saarow (Oder-Spree). Hinzukommen weitere Freizeitbäder in Brandenburg an der Havel, Oranienburg, Cottbus, Eisenhüttenstadt, Fürstenwalde, Lübbenau und Schwedt. Und auch in Berlin wächst das Angebot. Das seit 2003 brachliegende Freizeitbad Blub in Britz soll als Sport- und Wellnessbereich eines Familienresorts bald wieder öffnen und auch für Tagesbesucher zugänglich sein.

Werder selbst kämpft seit 40 Jahren für ein eigenes Bad. Jetzt baut die Kristall Bäder AG am Ufer des Zernsees für 21,5 Millionen Euro ein Bad. Die Stadt Werder wird einen Investitionsanteil von 18 Millionen Euro anfangs voll übernehmen, die Hälfte wird über Kredite finanziert. Die Rückzahlung soll der Badbetreiber zunächst teilweise und nach vier Jahren komplett übernehmen, wenn er die Blütentherme komplett erwirbt. 5,4 Millionen sollen von der Kristall Bäder AG wieder in die Stadtkasse zurückfließen. Wie mit möglichen Zusatzkosten umgegangen wird, ist offen.

Auf einer Fläche von 5800 Quadratmetern sind zwölf Schwimmbecken geplant, hinzukommen zwei Riesenrutschen, vier Innen- und fünf Außensaunen, ein Hamam und ein Dampfbad. Später soll ein Wellenbad hinzukommen. Selbst ein Caravan-Campingplatz und ein Hotel sind für die spätere Zukunft geplant. Noch vor Weihnachten soll bereits ein Saunadorf mit fünf Saunahäusern, Bach und Tauchbecken eröffnet werden. Die Kristall Bäder AG ist ein erfahrener Investor und betreibt Thermen in Ludwigsfelde, wo ein neues Wellenbad geplant ist, und Bad Wilsnack, wo kürzlich ein Salzsee eröffnet wurde.

Aus Sicht des Landes aber ist es ein Alleingang der Stadt Werder, einen Bedarf für die Blütentherme sieht die Landesregierung nicht. Bürgermeister Werner Große (CDU) sagte: „Nach der Wende haben wir viele Anläufe unternommen, waren schon im Bäderentwicklungsplan des Landes und sind wieder rausgefallen.“ Seit 2007 gibt das Land auch keine Zuschüsse mehr für Neubauten, mehr als 170 Millionen Euro flossen seit 1997 für Freizeit- und Sport-, Thermal- und Kurbäder. Der Markt ist aus Sicht des zuständigen Sportministeriums gesättigt. Selbst vom Städte- und Gemeindebund heißt es, „wir haben in einigen Gebieten Brandenburgs tatsächlich zu viele Bäder“.

Für Werder war die Hoffung auf Fördermittel damit gestorben – dennoch hielt die Stadt trotz Warnungen vor einem unkalkulierbaren Risiko an ihren Plänen fest. Bürgermeister Große hält die Blütentherme sogar für eine der wichtigsten Investitionen für die Region und hofft auf Touristen, die auch im Winter Geld in die Stadt bringen. Frank Nägele, Vorstandschef der Kristall Bäder AG, ist zuversichtlich: Gemeinsam mit Werder werde man die Region Potsdam-Berlin „fest im Griff“ haben. Der Optimismus begründet sich auch darauf, dass Potsdam seine Pläne für ein teures Freizeitbad so gut wie begraben hat. Derzeit prüft das Rathaus die Kosten für den Neubau eines reinen Sportbades mit Sauna-Bereich und die Sanierung der alten Schwimmhalle aus DDR-Zeiten am Brauhausberg.

Die Erfahrungen in Brandenburg zeigen, dass die Regionen von Bädern in den Kur- und Erholungsorten profitieren und Besucher anlocken. Die seit mehreren Jahren laufenden Kampagne „Winterliches Brandenburg“ zeige, so heißt es vom Sportministerium, dass „dort, wo Thermalbäder sind, die Buchungszahlen überproportional hoch sind“. Und in diesem Jahr hat der regenreiche Sommer den Bädern zusätzliche Gäste beschert.

Allerdings sieht die Landesregierung inzwischen ein anderes Problem - ein finanzielles und ein klimapolitisches. Zahlreiche Bäder müssten energetisch saniert werden – wegen der steigenden Kosten für den hohen Wärme-, Strom- und Wasserbedarf und um den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) zu senken.

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