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Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen informiert darüber, welche Spendenangebote nicht seriös sind.

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Werbung und unerwünschte Geschenke: Das hilft gegen skrupellose Spendenjäger

Das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen hat jetzt einen Beschwerdeknopf eingerichtet. Dort kann man unseriöse Spendensammler melden.

Die Coronakrise hat die Spendenfreudigkeit der Deutschen deutlich erhöht. Im vergangenen Jahr sind die Spendensummen teilweise um eine zweistellige Prozentzahl in die Höhe gegangen. Insgesamt wurden 5,4 Milliarden Euro gespendet, wie der Deutsche Spendenrat mitteilte.

Die stärksten Zuwächse gab es danach mit 13 Prozent im ersten Lockdown-Monat März 2020 und 18 Prozent im klassischen Spendenmonat Dezember. Besonders die über 70-Jährigen sehen Spenden als eine Möglichkeit, der Gesellschaft etwas zurückzugeben und ihre Dankbarkeit dafür zum Ausdruck zu bringen, dass seit Beginn der Krise in besonderem Maße Rücksicht auf sie genommen wird.

Bei dem größeren Volumen bleibt Ärger freilich nicht aus. Feedback ist für das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI) ein wichtiges Instrument, um das Spendensiegel zu optimieren, das den Geldsammlern die Seriosität attestiert. Derzeit tragen es 230 Organisationen. Es bedeutet, dass man den Trägern spenden kann, ohne Sorge zu haben, dass das Geld falsch verwendet oder an einen überflüssigen Verwaltungsapparat verschwendet wird.

Ein neuer Beschwerdeknopf auf der Homepage des DZI sammelt seit dem letzten Dezember Unmutsbekundungen von Spendern. Dort sind auch Organisationen aufgelistet, die nach Einschätzung des DZI ausdrücklich nicht mit Spenden bedacht werden sollten, weil sie unseriös und intransparent agieren.

Ganz oben auf der Liste der Beschwerden steht die Häufigkeit von Werbebriefen. Wer nur einmal aus einem privaten Grund für einen bestimmten Zweck spendet, möchte es unter Umständen bei diesem einen Mal belassen und nicht mehrfach im Jahr von der bedachten Organisation wieder angeschrieben und um weitere Beiträge gebeten werden. Das fühlt sich dann wie eine negative Sanktion, wie eine nachträgliche Bestrafung für die Großzügigkeit an und ärgert offenbar viele Leute.

Druck durch emotionale Texte

An zweiter Stelle der Ärgernisse steht die Gestaltung der Briefe. Schockierende Fotos und hoch emotionale Texte üben Druck auf die Empfänger aus. Aus Sicht des DZI darf das nicht sein, manche Organisationen greifen gleichwohl dazu. Sie suggerieren damit beim Empfänger eine Verantwortung, die nicht existiert.

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Neben der emotionalen Erpressung gibt es aber auch die materielle. Da werden den Briefen kleine Gaben wie Adressaufkleber, Stifte oder Taschen beigelegt, um beim Empfänger den Eindruck zu erwecken, diese unerbetenen Gratisgeschenke nun mindestens durch eine Spende wieder gutmachen zu müssen. Natürlich muss man das nicht.

Burkhard Wilke, Geschäftsführer des DZI, rät auch davon ab, die unverlangt eingesandten Dinge zurückzuschicken. Besser sei eine unmissverständliche Mail an die betreffende Organisation, dass solche Gaben nicht erwünscht sind und man künftig davon verschont bleiben möge. Als Ergänzung kann man auch das Beschwerdeformular beim DZI ausfüllen.

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Unnötiger Zeitdruck

Das dritte große Ärgernis ist der Einsatz von völlig unnötigem Zeitdruck, indem beispielsweise auf einem Brief steht, dass man unbedingt innerhalb der nächsten 14 Tage oder auch „Heute noch“ spenden soll.

Verschiedene Arten von Druck gibt es offenbar schon sehr lang. „Seit 130 Jahren arbeitet das DZI und musste sich immer wieder mit dieser Thematik befassen“, sagt Burkhard Wilke. Es gebe bei den Organisationen eine große Bandbreite, wie häufig sie werben, wie intensiv und wie emotional sie dies tun. „Seriöse Organisationen haben aber immer die Kosten im Blick.“ Bei denen, die das DZI-Spendensiegel tragen, gebe es grundsätzlich Transparenz.

Wie viel die Organisationen etwa für die Werbung ausgeben, könne man normalerweise einfach im Jahresbericht nachlesen. Bis zu 30 Prozent der jährlichen Gesamtausgaben toleriert das DZI im Rahmen seiner Siegelvergabe. Die SOS-Kinderdörfer etwa werden als seriös eingestuft und gehen bei der Versendung der Werbebriefe an die Obergrenze des Vertretbaren. Unseriöse Organisationen verwenden hingegen 50 bis 60 Prozent ihrer Ausgaben für Werbung, haben dann freilich keine Aussicht auf das Siegel.

Die Finanzen derer, die es tragen, sind nicht nur transparent, sondern auch geprüft. Unseriöse Organisation verstecken die Kosten für Werbung manchmal in denen für die Programmarbeit. Mit diesem Trick kommen sie jedoch auch nicht für den Erhalt des Spendensiegels in Frage.

Wer von vornherein ausschließen will, mit Werbung behelligt zu werden, kann sich gezielt eine Organisation aussuchen, die in dieser Hinsicht vergleichsweise zurückhaltend ist. Terre des Hommes oder Cab Anamur etwa würben weniger als Plan oder World Vision, weiß Burkhard Wilke.

Robinsonliste hilft

Wer gar keine Werbung erhalten möchte, kann sich auf die Robinson-Liste des Direkt-Marketing-Verbandes setzen lassen, die man auch auf der DZI-Homepage finden kann. Wenn dann doch noch mal der Bettelbrief einer Organisation im Briefkasten landet, kann man ziemlich sicher sein, dass es sich dabei um einen Regelbrecher handelt, dem man auf keinen Fall eine Spende überweisen sollte. Normale Briefwerbung koste nur einen Euro, sagt Wilke. Das sei vertretbar. Beigaben freilich erhöhten nicht nur den Druck, sondern auch die Portokosten.

[Weitere Informationen unter www.dzi.de oder www.robinsonliste.de]

Im Durchschnitt verwenden die Organisationen mit dem DZI-Siegel nur zwölf Prozent ihrer jährlichen Ausgaben für Werbung und Verwaltung. In dem Zusammenhang müsse man auch den Schwierigkeitsgrad beim Sammeln berücksichtigen, gibt der DZI-Geschäftsführer zu bedenken. Die Aids-Stiftung oder die Lebenshilfe, die geistig Behinderten hilft, haben es schwerer, Menschen zu motivieren, als die Caritas oder die Welthungerhilfe im Katastrophenfall. Wenn irgendwo auf der Welt zum Beispiel ein schreckliches Erdbeben Hundertausende in Not stürzt, übernähmen ja oft auch die Medien die Werbung um Spenden.

Die Corona-Pandemie ist eine neue Art von Katastrophe, die gleichwohl das Solidaritätsgefühl für Menschen in Not weltweit gefördert hat. Die NGOs berichteten, dass es viel Mitgefühl gebe für Tagelöhner, die durch die Pandemie ihre Existenzgrundlagen verloren hätten.

Zur Betroffenheit kommen neben der zusätzlichen Muße für Nachdenklichkeit auch die eingeschränkten Möglichkeiten des privaten Konsums hinzu. Wer in der Pandemie das Geld für den Urlaub und für Freizeitaktivitäten gespart hat, wird einen Teil davon vielleicht Menschen zukommen lassen, die auf der Südhalbkugel der Erde durch die Krankheit noch viel größeres Elend erleben.

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