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Exklusiv

Werben um abgewanderte Lehrer: Berlin führt Drehtür-Verbeamtung wieder ein

Berliner Lehrer müssen bisher fünf Jahre als Beamte in einem anderen Bundesland arbeiten, bevor sie mit dem Status zurückkehren dürfen. Das soll sich ändern.


Die Bildungsverwaltung versucht, abgewanderte Lehrkräfte zurückzugewinnen. Nach Informationen des Tagesspiegels ist geplant, ihnen eine sofortige Weiterbeschäftigung als Beamte anzubieten, wenn sie zurückkommen. Diese Möglichkeit war 2014 stark eingeschränkt worden.
Bis dahin war es üblich, dass Berliner Lehrkräfte kurzfristig in andere Bundesländer gingen, um sich verbeamten zu lassen. Bei ihrer Rückkehr konnten sie den Beamtenstatus behalten, der in Berlin für Lehrkräfte 2004 abgeschafft worden war.

Diese sogenannte Drehtürverbeamtung wurde aber kritisiert, weil sie die Lehrkräfte benachteilige, die in Berlin geblieben waren und daher weiter im Angestelltenstatus verbleiben mussten. Letztlich wurde die Regelung 2014 abgeschafft. Dieser Schritt der damaligen Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) galt schon damals in Bezug auf den Lehrkräftemangel als kontraproduktiv.

Seither darf man erst nach fünf Jahren Abwanderung den Beamtenstatus aus dem anderen Bundesland nach Berlin mitnehmen. Die Folge: Es kommen weniger abgewanderte Lehrkräfte zurück als vorher. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) bestätigte am Donnerstag, „dass die Drehtürverbeamtung sehr konkret vor der Umsetzung steht“.

Eigentlich sollte erst ab 2023/24 wieder verbeamtet werden

Hingegen teilte die Bildungsbehörde nur mit, dass sie im Rahmen des 100-Tage-Programms des Senats an einem „Zeit-Maßnahmen-Plan“ zur Verbeamtung arbeite. Weitere Einzelheiten wollte sie nicht nennen. Im Dezember hatte der Senat verkündet, dass die Rückkehr zur Verbeamtung erst 2023/24 erfolge, weil sie zu kompliziert für eine rasche Umsetzung sei. Das stieß angesichts des Lehrkräftemangels auf Kritik.
Das beschleunigte Tempo in den Verbeamtungsschritten alarmiert aber die GEW, denn sie fordert zeitgleich eine Kompensation für jene Lehrkräfte, die nicht verbeamtet werden wollen oder können. Dies könne eine Zulage sein oder eine verminderte Arbeitszeit. Beides ist jedoch schwierig umzusetzen - so schwierig, dass es nicht auf die Schnelle machbar wäre.

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Für beide Varianten müsse der Senat „sein Verhältnis zur Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) klären“, hieß es denn auch in einem Appell, den die Gewerkschaft nach der Wahl an die Koalitionäre geschickt hatte. Hintergrund der Mahnung ist, dass die TdL bei Verstößen gegen Tarifverträge mit Ausschluss droht.

Eine ungleiche Arbeitszeit wäre so ein Verstoß. Insofern war es riskant, als die SPD dies auf einem Parteitag 2019 beschloss - eine Linie, die sich dann bis in die aktuelle Koalitionsvereinbarung durchzog.

Sogar Weiterbildungen werden gestrichen, weil Lehrkräfte knapp sind

Wie berichtet, fehlen dieses Jahr abermals rund 2000 ausgebildete Lehrkräfte. Daher forciert die Bildungsverwaltung die Anstrengungen, die Rückkehr zur attraktiven Verbeamtung zu beschleunigen. Die Not ist derart groß, dass kürzlich sogar die Angebote an Weiterbildungen für Lehrkräfte zusammengestrichen worden waren, um zu verhindern, dass die dringend benötigten Lehrer im Unterricht fehlen: Bei Weiterbildungen müssen sie weniger Unterrichtsstunden geben.

Das aber kann Berlin sich nicht leisten, weil für jeden Lehrer, der im Unterricht fehlt, ein berufsfremder Bewerber eingestellt werden muss. Seit knapp zehn Jahren fehlen nicht nur bestimmte Mangelfachlehrer, sondern fast alle Fachrichtungen sind unterversorgt. Mit ausgebildeten Kräften können seit rund drei Jahren nur noch unter 50 Prozent der freien Stellen besetzt werden.

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