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Düstere Stimmung: Im Haus des Rundfunks an der Masurenallee ließ Ex-Intendantin Patricia Schlesinger ihr Büro und eine gesamte Etage umbauen – für insgesamt 1,4 Millionen Euro.

© imago/Jürgen Heinrich

Update

Wer muss noch gehen beim RBB?: Schlesinger-Affäre weitet sich auf weitere Führungskräfte aus

Auch der RBB-Verwaltungschef steht vor dem Rückzug, eine weitere Führungskraft wurde freigestellt. Politiker fordern weitreichende Konsequenzen.

Die Krise beim RBB weitet sich nach dem Rücktritt von Intendantin Patricia Schlesinger aus – weitere Führungskräfte gehen. Der geschäftsführende Intendant des Senders und langjährige Verwaltungschef Hagen Brandstäter hat nach Tagesspiegel-Informationen am Montag in einer Sitzung des Rundfunkrates erstmals öffentlich seinen Rückzug im kommenden Frühjahr angekündigt.

Das bestätigten mehrere Teilnehmer. Brandstäter habe Altersgründe angegeben. Der RBB erklärte, dies stehe nicht im Zusammenhang mit der aktuellen Krise. Brandstäter habe seinen Rückzug Mitte Juli Schlesinger mitgeteilt. Schon Ende Juni waren die ersten Vorwürfe des Online-Portals "Business Insider" gegen Schlesinger und die Führung des RBB erhoben worden.

Zudem wurde nach Informationen des „Spiegel“ eine weitere Managerin des Senders mit sofortiger Wirkung freigestellt. Es handelt sich dabei um Verena Formen-Mohr, Leiterin der Hauptabteilung Intendanz des RBB und enge Vertraute Schlesingers. Der Sender bestätigte die Freistellung. Auch über die Modalitäten der Vertragsauflösung von Patricia Schlesinger wird noch gerungen.

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Zuvor hatte sich Brandstäter am Montagnachmittag in einem Schreiben an die RBB-Belegschaft gewandt. Er bittet darin um Entschuldigung, dass die Geschäftsleitung „diese Situation nicht verhindern oder wenigstens schnell abwenden konnte“, schreibt Brandtstäter. In einem RBB-Spezial zum Rücktritt Schlesingers am Montagabend betonte er: „Über den Dienstwagen und Abendessen haben wir nichts gewusst.“

Sowohl im Rundfunkrat als auch RBB-intern wurde diese Darstellung am Dienstag – zumindest für den Dienstwagen – bezweifelt. Der Schlesinger-Vertraute und Programmdirektor des RBB, Jan Schulte-Kellinghaus, hatte auf die Frage nach persönlichen Konsequenzen erklärt, es sei nicht die Zeit dafür. Er schloss einen Rücktritt für die Zukunft aber nicht aus.

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Am kommenden Dienstag will sich der Rundfunkrat zu einer weiteren Sitzung treffen, um über „letzte Fragen der Vertragsauflösung von Patricia Schlesinger und die weitere Rolle von RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf“ zu beraten, wie das Gremium mitteilte.

Für Empörung sorgte bei den Mitgliedern des Rundfunkrates, dass Wolf weiterhin in die Arbeit des Verwaltungsrates eingebunden sein wollte, obwohl er sein Amt als Vorsitzender unter anderem wegen des Verdachts auf Untreue und Vorteilsannahme ruhen ließ. Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen ihn, Schlesinger und deren Mann, den Ex-Spiegel-Journalisten Gerhard Spörl.

RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf tritt zurück

Am Dienstag trat Wolf von seinem Posten als Aufsichtsratschef der Messe Berlin GmbH zurück. So soll Schaden von der Messegesellschaft genommen werden, sagte eine Sprecher der Berliner Wirtschaftsverwaltung der „Berliner Morgenpost“.

Am Dienstagabend erklärte RBB-Verwaltungsratsmitglied Martin Rennert dann in der "Abendschau", Wolf sei auch als RBB-Verwaltungsratschef zurückgetreten.

Unabhängig davon teilte der öffentlich-rechtliche Sender der dpa mit, dass Wolf seinen Rücktritt als Aufsichtsratschef bei der Sender-Werbetochter RBB Media bekannt gemacht hat.

Auch die bisherige Intendantin Schlesinger scheint ihren fürstlich bezahlten Posten nicht ohne Weiteres räumen zu wollen: Sie ist zwar zurückgetreten, ihr Vertrag läuft aber vorerst weiter. Schlesinger ist offiziell „im Urlaub“, wie eine RBB-Sprecherin mitteilte. Auf einer Mitarbeiterversammlung am Dienstag wurde den Mitarbeitern dann mitgeteilt, dass Schlesinger laut Vertrag noch bis Ende Februar Geld bekommen müsste. Sie wäre aber bereit, früher auszuscheiden, wenn der RBB auf rechtliche Schritte gegen sie verzichte. Das wiesen offizielle Vertreter des Senders aber vor der Mitarbeiterschaft zurück.

Erneut thematisiert wurden auf der Belegschaftsversammlung auch die exorbitanten Baukosten, die für die Umbauten im Büro der Intendantin im Haus des Rundfunks in Berlin anfielen: 650.000 Euro wurden demnach für das Büro ausgegeben, insgesamt 1,4 Millionen für die Etage, auf der sich das Intendanten-Büro befindet. Und auch für die Etage, in dem RBB-Direktor Christoph Augenstein sitzt, wurden nach Informationen dieser Zeitung 750.000 Euro ausgegeben. Auch Augenstein steht wie Schlesinger, Wolf, Brandtstäter und Schulte-Kellinghaus intern unter heftiger Kritik.

Alles zur Affäre um die Ex-RBB-Chefin Schlesinger:

Medienpolitiker und Mitglieder des Rundfunkrates fordern unterdessen weitreichende Konsequenzen aus der Affäre um die Führung des RBB. „Alle Gremien – die Geschäftsleitung, der Verwaltungsrat und der Rundfunkrat – stehen in der Pflicht, eine umfassende Fehleranalyse vornehmen zu müssen“, sagte die Grünen-Abgeordnete und Rundfunkrätin Antje Kapek dem Tagesspiegel. „Die Konsequenzen müssen ihren Niederschlag im neuen Rundfunkstaatsvertrag finden: Wir brauchen schärfere Compliance-Regeln, es darf keine Ämterhäufung mehr geben.“

„Brauchen kein Namedropping für die Nachfolge von Patricia Schlesinger“

Kapek forderte eine „breit aufgestellte Findungskommission“ für die Nachfolge von Schlesinger. „Wir brauchen jetzt kein Namedropping für die Nachfolge von Patricia Schlesinger“, sagte Kapek dem Tagesspiegel. Als Kriterium für die Nachfolge nannte die Grünen-Abgeordnete aber auch eine „Kenntnis des Hauses“. Der oder die Kandidatin müsse „Reformerfahrung haben und Empathie für das Haus haben, um Vertrauen wieder aufbauen zu können“, sagte Kapek.

Ähnlich äußerte sich der CDU-Medienpolitiker Christian Goiny, ebenfalls Mitglied im Rundfunkrat. „Wir müssen über einen hauptamtlichen Verwaltungsrat nachdenken und die Frage stellen, was haben die von den ganzen Dingen gewusst und was haben sie selbst beschlossen“, sagte Goiny dem Tagesspiegel. Auch er deutete damit an: das Versagen geht über Schlesinger hinaus. Man könne künftig auch die Kontrollrechte des Rechnungshofes schärfen, schlug Goiny vor. Auch der CDU-Politiker hält eine Findungskommission für die Schlesinger-Nachfolge für sinnvoll sagte aber : „Meine Befürchtung ist, ob sich überhaupt jemand Passendes findet, der sich in das Wespennest setzt.“

Am Montag hat der RBB-Rundfunkrat über die Modalitäten der Vertragsauflösung von Patricia Schlesinger beraten.
Am Montag hat der RBB-Rundfunkrat über die Modalitäten der Vertragsauflösung von Patricia Schlesinger beraten.

© picture alliance/dpa

Eine verstärkte Kontrolle des RBB und seiner Gremien haben die Medienpolitiker der Linken in Berlin und Brandenburg, Thomas Domres und Alexander King, gefordert. King und Domres schlagen eine Reformkommission vor, die sich mit den Strukturen, Berufspflichten und der Transparenz beim RBB auseinandersetzen solle. „Wir müssen einen breiteren Diskussionsprozess unter Einbeziehung der Mitarbeiter in Gang setzen“, sagte King. Domres forderte zudem eine Kommission, die sich ARD-weit mit den Intendantengehältern beschäftigen soll.

Linke: Spitze des RBB ostdeutsch besetzen

Scharfe Kritik übten Domres und King zudem am Verwaltungsrat des Senders und Wolf-Dieter Wolf. „Über dessen Rolle haben wir noch zu wenig gesprochen“, sagte Domres. „Die Verantwortung allein bei Schlesinger abzuladen, greift zu kurz.“ Mit Blick auf Schlesingers Nachfolge sagte Domres, es müsse im RBB die Zielstellung geben, „mehr Landeskinder in Verantwortung zu nehmen“. Man erwarte, dass „die nächste Intendanz des Senders ostdeutsch besetzt wird.“

Die Kosten der Schlesinger-Affäre explodieren derweil weiter: Die Compliance-Untersuchung einer externen Rechtsanwaltskanzlei wird Angaben auf der Belegschaftsversammlung zufolge bis zu einer Million Euro kosten. Diese Gelder könnte sich der Sender wohl von Schlesinger zurückholen, sollten sich die Vorwürfe gegen sie erhärten.

Anmerkung der Redaktion: Gegenüber einer früheren Version des Artikels wurde eine Stellungnahme des RBB zum Rückzug von Hagen Brandstäter ergänzt und die von Brandstäter vor dem Rundfunkrat vorgetragene Begründung für seinen Rücktritt.

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