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Michael und Uta Jungclaus wollten die Welt umsegeln. Jetzt stecken sie in Santa Marta fest.

© privat

Weltumseglung durch Corona gestoppt: Wie Grünen-Politiker Michael Jungclaus in der Karibik strandete

Seit zwei Wochen sitzt der Brandenburger Politiker Michael Jungclaus an der kolumbianischen Küste fest. Er und seine Frau mussten die Segeltour unterbrechen.

Jetzt sitzt er fest, auf seinem 12 Meter langem Boot „Daphne“. Michael Jungclaus, gebürtiger Tempelhofer, der zehn Jahre lang für die Grünen im Landtag Brandenburg saß, will gemeinsam mit seiner Frau Uta die Welt umsegeln, seit Juli 2019 sind sie unterwegs. Doch jetzt ist erstmal Schluss im Hafen von Santa Marta, an der kolumbianischen Küste des karibischen Meers. Wegen der Corona-Pandemie.

Ende Januar bekam Uta Jungclaus über Whatsapp die ersten Informationen über die Corona-Pandemie in China. Und das Paar, beide 55 Jahre alt, dachten noch, dass es irgendwie weitergeht. Doch als sie vor mehr als zwei Wochen nach 60 Stunden Überfahrt von Curacao in Santa Marta ankamen, war alles anders. Bevor sie in den Hafen einlaufen konnten, kam ein Amtsarzt, hat Fieber gemessen und die Daten aufgenommen. Die Weltreise ist vorerst unterbrochen

Es ist eine politische Weltumseglung. Sie wollen dorthin reisen, wo Klimawandel und Umweltzerstörung stark zu spüren sind, lokale Projekte besuchen und nebenbei nachhaltig leben. Die Reise wird sogar wissenschaftlich begleitet vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT).

Vor einer Woche ließ das Paar die letzte Gelegenheit zum Heimfliegen verstreichen. Ein mulmiges Gefühl, sagt Jungclaus. Und jetzt habe die kolumbianische Regierung auch noch eine Ein- und Ausreisesperre verhängt – bis Ende Mai. Danach beginnt die Hurrikan-Saison, bis dahin wollten sie längst weg sein, Ende März den Panamakanal passieren und weiter durch den Südpazifik in Richtung Neuseeland segeln.

Sie könnten das Boot zwar auch an Land bringen und für ein halbes Jahr zurück nach Deutschland. Aber die Wohnung in Neuenhagen hinter dem östlichen Stadtrand von Berlin ist für drei Jahre untervermietet. Also richten sich Uta und Michael Jungclaus vorerst in der Marina von Santa Marta ein.

 „Sie sind durchaus etwas deprimiert"

Zwei Drittel der 250 Liegeplätze sind belegt, auf 30 Booten harren Segler aus. „Sie sind durchaus etwas deprimiert, für viele droht ja ein Lebenstraum zunehmend zu zerplatzten“, sagt Jungclaus. In der Marina gibt es Wasser, Strom, WLAN, Sanitäranlagen, Müllentsorgung. „Sollte sich die Versorgung verschlechtern, wären wir dank Wassermacher sowie Solar- und Windgenerator relativ autark“, sagt der 55-Jährige.

Ansonsten ist der Hafen verwaist. Bänke sind abgebaut, in der Stadt – vorher bunt, laut, viel Verkehr – ist es ruhig. Tags und nachts gilt eine Ausgangssperre, einkaufen dürfen sie noch, aber nur noch eine Person pro Boot. „Am Hafeneingang steht ein Mitarbeiter der Security. In den Supermärkten ebenfalls. Diese achten darauf, dass Abstände eingehalten und Masken benutzt werden“, berichtet Jungclaus. 

Einsame Karibik? Tags und nachts gilt eine Ausgangssperre – auch am Strand.
Einsame Karibik? Tags und nachts gilt eine Ausgangssperre – auch am Strand.

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Der Zugang zum Supermarkt wird geregelt, jeder darf nur zwei Mal in der Woche hinein, erzählt Jungclaus. Die Regale seien gut gefüllt, Hamsterkäufe wie Deutschland hat er nicht gesehen. „Die Menschen gehen sehr diszipliniert und besonnen mit der Situation um. Fast alle tragen inzwischen Schutzmasken – bis hin zu den Obdachlosen“, sagt der Segler.

Der Supermarkt: Die Regale sind noch gut gefüllt. Hamsterkäufe, so Jungclaus, habe er nicht gesehen.
Der Supermarkt: Die Regale sind noch gut gefüllt. Hamsterkäufe, so Jungclaus, habe er nicht gesehen.

© privat

„Vielleicht fühlen sich so Menschen im Exil“, sagt Jungclaus. „Eigentlich ist es hier sehr komfortabel, netter Blick auf Santa Marta, ringsum das Meer - und trotzdem fühlt sich irgendetwas nicht richtig an.“ 

Ab und zu bemerkt er die scheelen Blicke der Kolumbianer, manche Taxifahrer halten nicht an, für sie, die Europäer, auf deren Kontinent durch das Corona-Virus Tausende sterben. Noch härter traf es eine Bekannte, berichtet Jungclaus. Ein Hotel auf Grenada wollte sie rauswerfen, als sie sagte, sie sei Deutsche. „Die allermeisten Menschen sind hier aber äußerst nett und aufgeschlossen.“

 Nirgendwo gibt es Nothäfen

Jungclaus weiß, er hatte Glück, es noch in den Hafen geschafft zu haben. Andere werden nicht mehr hineingelassen. Es gebe nirgendwo Nothäfen, nicht auf den Kanaren, Azoren oder auf Madeira. Für eine Rückreise nach Deutschland nicht die besten Voraussetzungen.

„Die Ungewissheit ist derzeit das größte Problem“, sagt Jungclaus. „Alles wäre einfacher, wenn man wüsste, auf was man sich einstellen muss und dann entsprechend planen kann.“ Noch finden Uta und Michael Jungclaus Ablenkung: Gespräche mit den anderen Seglern, Joggingrunden vor dem Sonnenaufgang, Yoga-Treffen, Telefonate mit der Familie. Und am Boot ist immer etwas zu tun.

Am Boot gibt es immer etwas zu tun. Uta Jungclaus verstaut Lebensmittel.
Am Boot gibt es immer etwas zu tun. Uta Jungclaus verstaut Lebensmittel.

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„Kurzum, wir sind hier gut organisiert und Langeweile kommt trotz der Einschränkungen bislang nicht auf“, sagt der 55-Jährige. „Falls doch, haben wir ausreichend Bücher, Videos sowie eine Gitarre und Lernmaterial für Spanisch an Bord.“ Es hätte auch alles schlimmer kommen können, weiß auch Michael Jungclaus. „Nach den recht turbulenten vergangenen acht Monaten kommen wir das erste Mal etwas zur Ruhe“, sagt er.

Und von Kolumbien haben sie schon mehr gesehen, als geplant. „Es gefällt uns hier gut, so dass wir – abgesehen von unserem Zeitplan – auch nichts dagegen hätten, noch länger zu bleiben“, sagt er. „Aber ohne Ausgangssperre.“

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