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Eine sticht heraus: Franziska Giffey ist Umfrageliebling mit Weglächeltaktik.

© imago images/Dirk Sattler

„Weiter so“ statt Aufbruch: Im Berliner Wahlkampf fehlen die Visionen

Berlin ist bereit für den Neuanfang. Doch wichtige Reformen wird es wohl nach der Wahl nicht geben. Das liegt an den Spitzenkandidierenden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anke Myrrhe

Es könnte fast so etwas wie Aufbruchstimmung in der Berliner Luft liegen. Nüscht wie los jetzt, nach den vielen lähmenden Monaten, in denen ein Senat mit Ablaufdatum zwar noch einiges auf den Weg gebracht hat neben Pandemie-Verordnungen und Impforganisation. Der Gesamteindruck nach fünf Jahren Rot-Rot-Grün allerdings ist ein anderer: Schulen ohne ausgebildetes Personal, Wohnungen ohne bezahlbare Mieten, Bürgerämter ohne Termin.

Höchste Zeit für einen Neuanfang. Begünstigt dadurch, dass fast das gesamte Senatspersonal in die politische Rente geht. Doch stattdessen weht ein stetes Lüftchen der Zweifel. Dabei tut vor allem Franziska Giffey alles dafür, Aufbruchstimmung zu verbreiten – als Umfrageliebling mit Weglächeltaktik, die neuerdings völlig unverhofft eine Bundes-SPD im Aufwind hinter sich bekommt.

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Mit Wowereitscher Arm-aber- sexy-gute-Laune vermittelt sie vielen Menschen etwas, das die in den trockenen Jahren mit dessen Nachfolger Müller vermisst haben. Das Gefühl: Dit wird jut.

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Die Verwaltungsreform will sie lieber doch nicht anpacken

Dass hinter dem roten Gartenzaun oft außer mitreißender Worte nicht viel Neues zu entdecken ist, merken selbst geschulte Gesprächspartner nicht gleich. Nur wird Giffeys zupackende Art ihr wenig bringen, wenn sie, wie sie kürzlich durchscheinen ließ, eine Verwaltungsreform zur Neuordnung von Bezirken und Senat doch nicht ernsthaft betreiben will. Die ist aber dringend notwendig, um die Stadt endlich aus der Lähmung durch Unzuständigkeit zu befreien.

[Lesen Sie hier bei T-Plus: Die Aufholjagd - warum das Rote Rathaus für Franziska Giffey in Reichweite kommt.]

Eine Stadt, in der der Senat zwar für jede Straßenlaterne verantwortlich ist, aber ohne die Zustimmung der Bezirke keinen Millimeter Radweg auf die Straße pinseln darf. Und in der jeder der zwölf Bezirksfürsten selbst entscheidet, ob in seinem Reich gebaut wird (oder eben nicht). So wird es schwierig mit dem Umbau der Stadt.

Jarasch weiß: Lächelnd neben E-Zapfsäulen zu stehen reicht nicht

Hier ist Bettina Jarasch weiter, auch wenn sie weiß, dass es nicht einfach wird mit der großen Reform. Die Grüne hat verstanden, dass Verkehrswende nicht dadurch gemacht wird, dass man lächelnd neben E-Zapfsäulen steht, oder mit einer roten Gießkanne möglichst alles gleichzeitig zum Sprießen bringen möchte.

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Allerdings spricht so ziemlich alles andere gegen sie: Weder Verwaltungs- noch Regierungserfahrung hat sie, ihre Unbekanntheit wird sie bis zum 26. September kaum mehr los, der er solarbetriebene Rückenwind aus dem Bund bleibt aus, und die Berliner Grünen haben nach fünf Jahren Mitregieren mobilitätswendemäßig nicht viel mehr zustande bekommen als ein paar Pop-up-Radwege. Dagegen hilft auch keine Bullerbü-Berlin-Vision mehr.

Giffey hat der CDU das Thema Sicherheit abgenommen

Beide Frauen können froh sein, dass sich die Hauptstadt-CDU als Kandidaten einen Müller-Typ ausgesucht hat, der in einer Partei mit Frauenproblem Wahlkampf gegen Gendersternchen macht und sonst eigentlich nur Wohnungen bauen will – was gerade in den CDU-geführten Bezirken zuletzt weniger gut geklappt hat. Doch Kai Wegner hat nicht nur ein Imageproblem: Giffey hat ihm geschickt (gegen ihre eigenen Genossen) auch noch das Thema Sicherheit abgenommen und kommt in vielen Fragen konservativer daher als das CDU-Original.

Und so weht im Aufbruch eher die Befürchtung eines Weiter so als die Hoffnung, dass Berlin ein bisschen mehr Impfzentrum wird: Schnell, kompetent, freundlich – und vielleicht sogar mit Terminen für alle.

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