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Diese Freitreppe soll bis 2023 gebaut werden, dort ist auch das Freibad geplant.

© Simulation: Flussbad/promo

Das Ende für die Freibad-Idee?: Schwimmen im Spreekanal erneut abgesagt

Wieder scheitert der Flussbadpokal an Dreck in der Spree. Kritiker halten auch die Freibad-Idee für chancenlos – aufgrund der wiederkehrenden Verschmutzung.

Der Traum vom Baden in der Spree bleibt auch in diesem Jahr ein Traum: Der Flussbad-Verein hat das für diesen Sonntag geplante Schwimmen im Spreekanal zwischen Bodemuseum und Stadtschloss wegen schlechter Wasserqualität abgesagt. Damit ist auch der Ausweichtermin geplatzt, nachdem die Veranstaltung schon im Juni kurzfristig verschoben werden musste.

Damals hatte es vorher heftig gewittert, sodass große Mengen mit Hausabwässern vermischtes Regenwasser von den Straßen in die Spree gerauscht waren. Aus demselben Grund war schon der Pokal 2017 ins Wasser gefallen.

Aktuell ist das Wasser vor allem mit „Blaualgen“ belastet, bei denen es sich tatsächlich um Bakterien handelt. Sie vermehren sich bei warmem Sommerwetter und großem Nährstoffangebot – wobei ihr Dünger sowohl aus der Landwirtschaft flussaufwärts als auch von Berliner Straßenbäumen und eben aus Fäkalien stammen kann. Letztere sind nicht nur eklig, sondern durch enthaltene Keime auch potenziell gesundheitsschädlich.

Freibad im Spreekanal für Kritiker unrealistisch

Die Absage bestätigt Kritiker des Projekts in ihrer Meinung, dass die Idee eines Freibades im Spreekanal zwischen Stadtschloss und Museumsinsel auf absehbare Zeit unrealistisch ist. Ralf Steeg, der über die Geschichte des Badens diplomiert und für den Osthafen ein – von den Berliner Wasserbetrieben (BWB) und Behörden trotz erwiesener Funktionstüchtigkeit verschmähtes – Speichersystem für das aus der Kanalisation überlaufende Schmutzwasser gebaut hat, hält bereits den Ansatz des Flussbad-Projekts für falsch: „Über den im Spreekanal vorgesehenen Pflanzenfilter werden Sachen aus dem Wasser geholt, die 200 Meter weiter vorn eingeleitet wurden.“

Folglich müsste zunächst diese Einleitung verhindert werden. Zwar haben die BWB mit einem millionenteuren Stauraumprojekt die Zahl der Überläufe verringert, indem in der Mischwasserkanalisation Speicher für die plötzlichen Fluten bei Unwettern geschaffen wurden. Aber „völlig verhindern wird man die Überläufe auch langfristig nicht können“, sagt BWB-Sprecher Stephan Natz. Große Auslässe gebe es an Schloss-, Jannowitz- und Oberbaumbrücke, und weitere Stauräume seien für den vom Flussbad aus stromaufwärts gelegenen Teil vorerst nicht geplant.

Abwasser aus mehreren Bezirken fließen in die Spree

In der Spree landet vor allem Abwasser aus Neukölln, Friedrichshain und Mitte, während große Teile von Kreuzberg in den Landwehrkanal entwässern. Das passiert immer dann, wenn es mehr regnet, als die innerstädtische Mischkanalisation sofort ins Klärwerk leiten kann. In den äußeren Kiezen tritt das Problem kaum auf, weil die Kanäle für Hausabwässer und Regenwasser dort getrennt sind.

Das Flussbadschwimmens von 2016 an der Monbijoubrücke. Vor dem Bodemuseum endet der knapp zwei Kilometer lange Spreekanal.
Das Flussbadschwimmens von 2016 an der Monbijoubrücke. Vor dem Bodemuseum endet der knapp zwei Kilometer lange Spreekanal.

© dpa

Der Ingenieur Ralf Steeg hält bereits die Millionenförderung, die das Flussbad erhalten hat, für rausgeworfen. „Im Osthafen hätte man mit dem Geld eine elf Mal so große Fläche von Einleitungen befreien können“, habe er errechnet. Hinzu komme, dass der fürs Flussbad gebaute Testfilter winzig sei – „als würde man einen Jumbojet an einem 14,7 Zentimeter langen Modell testen“ – und nicht funktioniert habe wie vorgesehen, resümiert Steeg, nachdem er den vorläufigen Endbericht zum Projekt ausgewertet hat.

Dank seiner Diplomarbeit weiß Steeg auch, dass jedes Bad ein Hinterland brauche, in dem sich die Mehrzahl der Gäste aufhalte. Der Spreekanal sei allenfalls für Sportschwimmer attraktiv.

Veranstalter hoffen auf Ausweichveranstaltung am Staatsratsgebäude

Andere sehen dagegen in dem Flussbadprojekt die Chance, den zwischen Mauern gefangenen Spreekanal endlich besser für Passanten zu erschließen. Das würde zum einen im Bereich der Fischerinsel passieren, wo das Konzept einen naturnahen Flusslauf vorsieht, der von einem Steg mit Sitzgelegenheiten gesäumt wäre.

Zwischen Mühlendamm und Staatsratsgebäude würde der auf einer Kiesschicht wachsende Schilfpflanzenfilter installiert, auf den flussabwärts der eigentliche Schwimmbereich folgt – mit großer Freitreppe vor dem Humboldt-Forum, für deren Realisierung der Bund 6,4 Millionen Euro Fördergeld bewilligt hat. Der städtebauliche Aspekt verschafft dem Projekt in Landespolitik und Stadtgesellschaft viel Sympathie: Michael Müller hat die Schirmherrschaft für den Flussbadpokal übernommen, Bausenatorin Katrin Lompscher ein Grußwort fürs Vereinsbuch geschrieben, Kultursenator Klaus Lederer die Begrüßung der Schwimmer am Sonntag zugesagt.

Die Veranstalter hoffen nun, dass er zur Ausweichveranstaltung ab 11 Uhr im „Flussbad-Garten“ am Staatsratsgebäude kommt. Lederers Zusage hat Flussbad-Gründer Jan Edler auch deshalb gefreut, weil Denkmalschützer das Vorhaben an der Museumsinsel kritisch sehen. Für das diesjährige freie Schwimmen hatten sich laut Edler 698 Menschen angemeldet – und weitere 125 für den Wettkampf über die olympische Distanz von 1500 Metern.

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